Tichys Einblick
„Die letzte Patrone der SPD“?

Erfindet sich die SPD als SED neu?

Der Titel des ARD-Kommentars lautete ursprünglich: „Die letzte Patrone der SPD“ und wurde dann geändert in: „Letzter Versuch für die SPD“. Am Inhalt des Kommentars der letzten Patrone änderte sich nichts.

CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images

Beginnen wir mit dem Pittoresken: Das neue sozialdemokratische Motto scheint zu lauten: „Nehmt alles nur von allen und beschenkt die treuen Diener der Verwaltung!“. Jedenfalls schrieb die SPD in Sachsen, die trotz krachender Wahlniederlage wieder von Michael Kretschmer in die Regierung hofiert wird, in den Koalitionsvertrag: „Angehörige des öffentlichen Dienstes dürfen ihre privaten Elektro- oder Hybridfahrzeuge an Ladevorrichtungen ihrer unmittelbaren Dienststelle kostenlos aufladen, sofern keine dienstlichen Belange entgegenstehen.“

So viel Kommunismus war nie, jedenfalls wie Orwell ihn verstand, als eine Gesellschaft, in der alle gleich, nur einige gleicher sind. Sachsens Wähler, die mehrheitlich von Mitte bis rechts gewählt haben, bekommen nun eine Regierung, die links von der Mitte steht und die Tankfreiheit für Angehörige des öffentlichen Dienstes ausgerufen hat, wenn die brav mit gutem Beispiel auf dem Weg der Durchsetzung der E-Mobilität vorangehen.

Krisenfall Deutschland
Nach 14 Jahren Merkel: Deutschland und die CDU sind schwach wie nie
Das dürfte die ARD freuen, die ohnehin nicht müde wird, linke und grüne Politik zu propagieren. So hat Babara Kostolnik vom Hauptstadtstudio der ARD die Wahl von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zu SPD-Vorsitzenden als eine „Revolution“, die „heimlich still und leise … herangerollt“ wäre, bejubelt. Diese Revolution wird mit dem ungelenken Wort „Eskabolation“ verbunden, ein Neologismus, dessen Erfindung den Jusos zugeschrieben wird. Angesichts des Mangels an Sprachästhetik und der unzureichenden Beherrschung des Deutschen zweifelt man nicht an der Berechtigung der Zuschreibung.

Auch wenn die ARD-Kommentatorin sich entzückt darüber zeigt, dass dieses Wort „so etwas wie Eskalation“ beinhaltet, so stellt sich die Frage, ob sie überhaupt weiß, was das Wort Eskalation bedeutet und was eigentlich hier „eskalieren“ soll? Die Kämpfe in der Gesellschaft? Aber so wie man in die stümperhaften Wortbildung Eskalation hineinhören kann, so auch Kollaboration. Eine Kollaboration mit linksextremen Kräften wie der Antifa, was dann auch zu einer Eskalation führen würde? Für die ratschlägeerteilende und für linke Bündnisse werbende ARD bedeutet „Eskabolation“ auch, „dass die SPD künftig nach links rückt, linke Mehrheiten bindet, offener für Rot-Rot-Grün wird …“ Rot-rot hatten wir schon einmal in einer Partei vereinigt. Denn schließlich geht es darum, „dass die SPD wieder von vielen Menschen in Deutschland als die Partei erkannt wird, die gebraucht wird für eine gerechtere Gesellschaft“, denn wenn das geschähe, „dann hätten die Mitglieder der SPD mit ihrem Votum alles richtig gemacht.“

Denkt man an die Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung, für die die Jusos kämpfen, dann versteht die ARD unter gerechter Gesellschaft geschichtswidrig den Sozialismus. Auch die Kommentatorin ahnt das Risiko, das in dieser „Revolution“ steckt, denn: „Eskabolation“ ist die letzte Patrone“, und die, kann man sich der Assoziation nicht entziehen, ist für den Klassenfeind bestimmt, denn es geht um Eskalation, es geht für die ARD um eine „Revolution zum Guten“, die Eingang in die Geschichtsbücher findet.

Es quält sich
SPD: Schauspiel eines Niedergangs und kein Neuanfang für Deutschland
Doch ein Blick in eben jene Geschichtsbücher zeigt, was aus diesen Revolutionen zum Guten, die Ethik und nicht Verantwortung, die Gesellschaftsalchemie und nicht Demokratie und Freiheit im Sinne hatten, geworden ist, wie viel Blut und Leid sie forderten. Barbara Kostolnik argumentiert deutlicher, als sie womöglich will, die SPD muss, will sie überleben, führende Partei werden, die den von Kevin Kühnert geplanten Gesellschaftsumbau zu einem neuen, doch so sattsam bekannten Sozialismus durchsetzt. Saskia Esken, die von der ARD so überaus freundlich begrüßt wird, hat sich ausdrücklich zum Sozialismus bekannt, und hinzugefügt, dass  wer „Sozialismus negativ verwendet, … halt keine Ahnung“ hat. All diejenigen, die 1989 gegen den Sozialismus in Mittel- und Osteuropa sich erhoben, hatten nach Auffassung der Baden-Württembergerin Esken keine Ahnung, wogegen sie sich erhoben haben. Damals jedenfalls wurde – gottseidank – die letzte Patrone gegen die Demokratiebewegung nicht abgefeuert, auch wenn das Staatsfernsehen bis zum Schluss auf Seiten der Genossen stand und den Sozialismus verteidigte.

Zumindest fiel sogar der ARD auf, wie deplaciert die Überschrift über Kostolniks Kommentar zur neuen Parteispitze war, der ursprünglich lautete: „Die letzte Patrone der SPD“ und dann geändert wurde in: „Letzter Versuch für die SPD“. Allerdings änderte das nichts an Kostolniks Schlussfolgerung: „Wenn Esken/ Walter-Borjans scheitern, ist die SPD am Ende. „Eskabolation“ ist die letzte Patrone.“

Die Eskalation, die sich die Jusos wünschen, ist also nach Ansicht der ARD-Kommentatorin „die letzte Patrone der SPD“. Diese Patrone trägt allerdings einen Namen – und der lautet SED. Vorwärts Genossen, wir müssen zurück, hätte der Kommentar eigentlichen übertitelt werden müssen.

Anzeige