Tichys Einblick
Neue Gesetze und Regeln

Die wichtigsten Veränderungen zum Jahreswechsel – Behörden sind überlastet

Trotz Inflation und teuren Energie- sowie Lebensmittelpreisen wird der Bürger mit neuen Steuern belastet. Bei der Umsetzung mancher Maßnahmen sind die Behörden schon jetzt überfordert.

IMAGO / photothek

Den Erben eines Hauses drohen ab 2023 höhere Erbschaftssteuern. 500.000 Euro – so hoch ist der Freibetrag beim Erben für den hinterbliebenen Lebens- oder Ehepartner. Diese Summe könnte bald zu niedrig sein. Denn durch eine neue steuerliche Bewertung von Immobilien steigt deren Wert in manchen Fällen deutlich an. Die Erbschaftssteuer erhöht sich so schnell um mehrere zehntausend Euro. Keine Erbschaftssteuer entfällt für den hinterbliebenen Lebens- oder Ehepartner, wenn dieser für mindestens zehn Jahr in der Immobilie wohnen bleibt. Für Kinder gibt es ähnliche Regelungen, hier gilt die Befreiung allerdings nur für eine Wohnfläche bis 200 Quadratmetern. Danach wird besteuert.

Die neue Grundsteuer ist nicht nur ein bürokratisches Monster, das die Eigentümer nervt. Ausgerechnet die ohnehin vermögensärmeren neuen Bundesländer werden stärker belastet – während Münchner Bestlagen ungeschoren bleiben. Bei kleinen Häuslebesitzern in der Republik wird auch für den Obstgarten die Grundsteuer fällig, ebenso für Schrebergärten. Auch die Kommunen müssen Grundsteuer für ihre Liegenschaften entrichten. Die Behörden selbst sind jedoch überfordert und nicht in der Lage, die Grundsteuererklärungen in jener Frist einzureichen, die man sich selbst gesetzt hat. Für private Eigentümer wie auch Kommunen gibt es nun eine Fristverlängerung bis Ende Januar 2023. Wetten, dass nach der Fristverlängerung eine neue Fristverlängerung folgt?

Wegen einer Änderung am Jahressteuergesetz können ab 2023 deutlich mehr Schenkungssteuer für Immobilien anfallen als bisher. Der Bundestag hat das Gesetz am 09.12.2022 beschlossen, der Bundesrat muss Mitte Dezember noch zustimmen. Hintergrund sind Änderungen bei der Immobilienbewertung wegen der stark gestiegenen Immobilienpreise in den vergangenen Jahren. 30 bis 40 Prozent mehr Schenkungssteuer könnten am Ende fällig werden. Die Novelle der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV 2021) trat allerdings bereits Anfang 2022 in Kraft.

Bei Gas, Strom und Fernwärme gilt ab 2023 die sogenannte Strom- und Gaspreisbremse. Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs soll ein gedeckelter Gaspreis von 12 Cent pro Kilowattstunde gelten. Bei Strom liegt der Preisdeckel bei 40 Cent pro Kilowattstunde. Bei Fernwärme sollen 9,5 Cent pro Kilowattstunde als Preisdeckel gelten. Für den darüber liegenden Verbrauch muss der gültige Vertragspreis gezahlt werden. Da dieses Gesetz ab Januar 2023 in Kraft tritt, dürften sich die 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf das Jahr 2022 beziehen – das Jahr, in dem die Verbraucher schon kräftig beim Energieverbrauch gespart haben.

Auch bei der Kfz-Versicherung kommen 2023 Änderungen auf die Autofahrer zu: Die Typenklasse bestimmt, ob 2023 mehr oder weniger als bisher in die Kfz-Versicherung einbezahlt werden muss. Der ADAC geht davon aus, dass 13 Millionen Autofahrer in eine neue Einstufung eingeteilt werden, 8,1 Millionen davon werden zukünftig mehr Versicherungsbeiträge bezahlen müssen.

Ab 1. Januar 2023 gibt es keine Förderung mehr für Plug-in-Hybride und auch die Förderungshöhe für reine Elektro-Autos sinkt ab 2023.

Um die „gesundheitspolitische Lenkungswirkung weiterhin zu gewährleisten“, erhöht das Bundesfinanzministerium die Tabaksteuer stufenweise. Im Zeitraum 2022 bis 2026 steigt der Preis für eine Packung Zigaretten (20 Stück) um durchschnittlich acht Cent jährlich. Auch für den Feinschnitt wird die Steuer erhöht, ebenso für Zigarren/Zigarillos und Pfeifentabak.

Wer in einem sogenannten Midijob tätigt ist, kann ab 1. Januar 2023 bis zu 2.000 Euro verdienen. Die bisherige Verdienstgrenze liegt bei 1.600 Euro monatlich. Im Unterschied zum Minijob sind die Arbeitnehmer bei einem Midijob sozialversicherungspflichtig.

Für Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen für unterwegs verkaufen, gibt es ab 2023 die Mehrwegpflicht. Sie müssen demnach ihre Produkte sowohl in Einweg- als auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Das Bürokratiemonster besagt unter anderem: Die Mehrwegvariante darf nicht teurer sein als das Produkt in der Einwegverpackung. Außerdem müssen für alle Angebotsgrößen eines To-go-Getränks entsprechende Mehrwegbecher zur Verfügung stehen.

Um die CO2-Emissionen zu begrenzen, erhöht sich die CO2-Bepreisung für fossile Brennstoffe stufenweise. Da jedoch der Aufstieg in die nächste Stufe um ein Jahr verschoben wurde, kommt die Erhöhung also im Jahr 2024.

Mit einem Einführungspreis von 49 Euro pro Monat kommt das Deutschlandticket voraussichtlich im April, wohl eher erst im Mai 2023. Das Ticket soll als monatlich kündbares Abo angeboten werden.

Das Kindergeld wird 2023 auf einheitlich 250 Euro pro Monat und Kind angehoben. Das bedeutet für das erste und zweite Kind ein Plus von 31 Euro und für das dritte Kind ein Plus von 25 Euro im Monat. Davon profitieren auch zahlreiche Familien im Ausland.

Ab dem 1. Januar soll sich das Wohngeld merklich erhöhen – um 190 Euro auf rund 370 Euro monatlich. Das neue Wohngeld soll etwa zwei Millionen Haushalten zugutekommen statt bisher rund 600.000. Doch die Verwaltungen sind jetzt schon überfordert. In vielen Kommunen warten Antragsteller bereits heute monatelang auf ihren Bescheid, in der Spitze sogar bis zu einem Jahr. In der Arbeitsverwaltung gibt es nun die Befürchtung, dass Beschäftigte, bei denen das Geld nicht für die Miete reicht, lieber gleich zum Jobcenter gehen, um dort Bürgergeld zu beantragen. Und dass die Jobcenter-Mitarbeiter letztlich ausbaden müssen, was die Wohngeldstellen wegen einer überstürzten Reform nicht leisten können.

Reinhard Sager, Präsident des deutschen Landkreistages, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Für die Wohngeldstellen ist die Umsetzung ab dem 1. Januar 2023 wegen des erheblichen Zusatzaufwands und der beabsichtigten Verdreifachung des Empfängerkreises in den wenigen Wochen bis zum Jahreswechsel kaum leistbar.“

Viele Städte und Gemeinden melden laut Bild, dass die nötige Software nicht rechtzeitig fertig werde – mit der Folge, dass viele der künftig zwei Millionen Bezieher ihren Antrag vorerst nicht bei den zuständigen Ämtern (Stadtverwaltung, Wohnungsamt) stellen können. Die Wohngeldstelle in Köln geht davon aus, dass es mindestens ein halbes Jahr dauern wird, bis die Computer-Programme auf die neuen Regeln nach der Wohlgeldreform umgestellt sind. In dieser Zeit könnten keine Wohngeldansprüche berechnet und keine Bescheide ausgestellt werden, sagte eine Sachbearbeiterin gegenüber der TE-Redaktion.

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