Tichys Einblick
Was ist los?

Die Parteien der Mitte vergessen die Wähler

Was die etablierten Parteien jetzt tun, ist verantwortungslos und auch feige. Man gibt einfach AfD-Wähler als nicht relevant auf und kümmert sich nur noch um die anderen 86% der Wähler.

imago images / fossiphoto

Wenn man knapp vier Wochen krank danieder liegt, mit kurzen Phasen, in denen man sich hochrafft um dann wieder Rückfälle zu erfahren, hat man wenigstens Zeit sich über politische Vorgänge Gedanken zu machen. Bund, Thüringen, Mordserie in Hanau usw.

Manchmal möchte man alles einfach hinwerfen und nichts wie weg aus diesem Land. Aber das würde die Lage nicht verbessern und ich würde mir sicher vorwerfen, dass ich vielleicht doch hätte etwas ändern können, wenn ich mich nur genug anstrengt und weitergemacht hätte.

Ich sehe jetzt den Hass, der rein auf die AfD kanalisiert wird. Einfache Lösung: „Die AfD ist schuld an allem.“

Also sind die Vortänzer in dieser Partei alle Rassisten und rechtsextrem? Man möchte das fast ausnahmslos bejahen, aber es trifft eben nicht alle. Ich sehe ja aus eigener Erfahrung, wie innerlich zerrissen die AfD im bayerischen Parlament ist.

Aber wie ist diese Partei so stark geworden und wie handeln alle anderen Parteien?
Die Wähler dieser Partei kommen ja nicht aus dem Nichts. Die jetzt alle als rechtsextrem und nationalsozialistisch zu beschimpfen kann es nicht sein. Sie haben ja vorher andere demokratische Parteien gewählt und das muss zu denken geben!

Was die etablierten Parteien jetzt tun, ist verantwortungslos und auch feige. Man gibt einfach die AfD-Wähler, also 14% der Gesamtwähler, als nicht relevant auf und kümmert sich nur noch um die anderen 86% der Wähler.

Wie werden wir in den Parlamenten in Zukunft handeln?

Werden die sogenannten etablierten demokratischen Parteien auf den bekannten prozentualen Anteil der Wähler, die sich aus der Wählerwanderung von der AfD zur eigenen Partei ergeben, nachträglich verzichten? Man lässt sich doch nicht von AfDlern wählen!

Was ist, wenn AfD-Fraktionen Anträge der sogenannten etablierten Parteien, die sie aus anderen Bundesländern holen, einfach als eigene Anträge in die eigenen Landtage einbringen? Lehnen wir diese Anträge dann, weil sie von der falschen Partei kommen, ab? Ist das dann noch Demokratie? Die bleibt ja im Moment vollkommen auf der Strecke.

Wähler überzeugt man entweder durch Taten oder, wenn diese nicht stattfinden, dann durch die markigsten Sprüche. Da die Taten ausbleiben, mit denen man die Wähler überzeugen könnte, gewinnen die mit den markigsten Sprüchen. Da sind die Rechten genauso wie die Linken, allerdings schafft es die AfD noch ein bisschen, den Patriotismus einzupflegen. Die einen kämpfen mit der Gleichheits-, Umverteilungs- und der Neidkeule, die anderen eher mit „wir sind wir“ ohne Klassenkampf und mit patriotischem Zusammenhalt.

Und was machen die anderen, sogenannten Parteien der Mitte? Bashing und ausgrenzen? Sie vergessen die Wähler. Sie wollen die Spitzen der Parteien treffen und verursachen damit nur einen stärkeren Zusammenschluss. Man kann doch nicht alle Wähler als Idioten darstellen, nur weil sie nicht dem zurzeit üblichen rotgrünen Mainstream hinterher laufen. Was ist aus den echten Parteien der Mitte, der CDU/CSU und der FDP geworden? Sie versuchen im linken Lager zu fischen, statt eine eigene klare pro-wirtschaftliche Position einzunehmen. Vergessen denn alle, wie unser Wohlstand und unser gutes Sozialsystem unterhalten werden?

Ich will jetzt gar nicht auf die Themen, die brennen, eingehen, dann würde der Text uferlos werden. Nur eine kleine, sicher nicht vollständige Aufzählung:

Zuwanderungspolitik, Wohnungsmangel, Fachkräftemangel, Bürokratiewahnsinn, Dokumentationswahnsinn, Energiewende, Deindustrialisierung, Infrastrukturmängel, Verbote aller Art, Pflegenotstand, Bildungspolitik, Digitalisierung, Umverteilung und natürlich der Erzfeind der Grünen und zunehmend auch Roten: das Auto.

Eins bleibe ich sicher, liberal und tolerant. Man kann Meinungen nicht durch Unterdrückung ändern. Nur weil einem keiner mehr widerspricht, heißt das noch lange nicht, dass man dessen Meinung geändert hat, er mag nur nicht mehr diskutieren bzw. sieht sich nicht mehr in der Lage mitzuhalten.

Menschen steht es zu, eine eigene Meinung zu haben, und wenn sie noch so krude ist.

Ich gehe da mit Kant: „Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen“.

Anzeige