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Kriegssteuer

Die grüne Übergewinnsteuer wäre ein weiterer Inflationsantrieb

In Zeiten hoher Inflation fordern Grüne eine „Übergewinnsteuer“ für Mineralölkonzerne. Dies würde die Preissteigerung noch weiter anheizen. Es scheint, dass manche Politiker endgültig den Bezug zum Leben der Bürger verloren haben.

IMAGO / IPON

Wir leben in Zeiten der multiplen Widersprüche. Einerseits leiden Millionen Menschen an den hohen Spritpreisen, was die Regierung, immerhin, dazu nötigte, die Energiesteuer zu senken. Leider nur halbherzig, denn der sogenannte Tankrabatt endet nach drei Monaten wieder.

Anderseits fordern Politiker aus dem linken Lager eine sogenannte „Übergewinnsteuer“ für Mineralölkonzerne. Sie seien, so Grüne und SPD, die Krisengewinner der stark steigenden Preise und müssten zur Kasse gebeten werden. Die Behauptung stimmt zwar zum Teil, doch die daraus gefolgerte Forderung ist grundfalsch.

Zunächst ist der Staat der größte Krisengewinner, was die Inflation angeht. Dank steigender Preise nimmt der Staat 18,8 Milliarden Euro mehr ein, was eine Steigerung von mehr als 34 Prozent im Verhältnis zu 2021 bedeutet. Dabei ist die Mineralölsteuer noch nicht eingerechnet. Durch sie erhielt der Staat 2021 37 Milliarden Euro, was sich in diesem Jahr ebenfalls kräftig erhöhen dürfte.

Mit Draghi fing alles an 

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Eine „Übergewinnsteuer“ brächte vor allem eines: noch höhere Preise an den Zapfsäulen. Man fragt sich, wie weit manche Entscheidungsträger von der Realität abgekoppelt sind. Mit Fahrdienst rund um die Uhr dürfte Ricarda Lang selten in den Genuss kommen, selbst zu tanken.

Man kann es nicht deutlicher sagen: Der Staat selbst ist Inflationstreiber Nummer Eins. Natürlich trägt auch Russlands Invasion zur Preissteigerung bei, jedoch ist der Ukraine-Krieg nur ein Symptom. Die Wurzel des Übels liegt in einer horrenden Abgabenlast und einer völlig verfehlten Politik der Notenbank, die bald 10 Jahre alt ist.

Solange ist es her, dass der damalige Notenbankchef Mario Draghi die folgenschwersten Worte in der Geschichte des Euro sagte: „Whatever it takes“. Alles, so der Italiener, würde er tun, um den Euro, konkret Griechenland, aber auch Italien und Spanien, zu retten. Es folgte ein regelrechter Kaufrausch von Staats- und Unternehmensanleihen. Das fällt uns heute auf die Füße und quält den Autofahrer an der Tankstelle.

Mineralölkartelle zerschlagen 

Die Politik muss sich eingestehen, dass sie multipel versagt hat. Auch der Tankrabatt ist verpufft. Die Energiesteuersenkung erreicht den Verbraucher nicht so, wie sie sollte. „Die Preise sind nach wie vor stark überhöht“, sagt Christian Laberer, Kraftstoffmarkt-Experte des Automobilclubs. Im Schnitt kostete im bundesweiten Durchschnitt Superbenzin der Sorte E10 laut ADAC 1,942 Euro pro Liter. Das waren mehr als 2 Cent als am Freitag zuvor. Ein Liter Diesel kostete 1,976 Euro, und damit 0,7 Cent mehr als am Freitag.

Renate Künast (Grüne) sagt zwar, dass es richtig sei, darüber zu diskutieren, den Tankrabatt zu beenden. Es sei jedoch auch richtig, eine Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne zu diskutieren. Versteht die ehemalige Bundesministerin nicht, dass die Mineralölkonzerne die höheren Steuern direkt an den Verbraucher weitergeben werden?

Das Problem liegt hier woanders. Seit Jahrzehnten versäumt der Staat seine Aufgabe, das offensichtliche Mineralölkartell zu zerschlagen: Jeder Autofahrer kennt die wundersamen Erhöhungen zum Beispiel vor Ferienbeginn. Und zwar von allen Tankstellen. Diese offenkundige Marktmanipulation hat System, Struktur und ist orchestriert. Hier geht der Staat seiner Aufgabe nicht nach, der er eigentlich seit Ludwig Erhard nachgehen sollte.

Die Soziale Marktwirtschaft beruht auf ordoliberalen Überzeugungen. Ordoliberalismus bedeutet, dass die Märkte zwar frei sein sollten, der Staat aber die Rahmenbedingungen vorgibt. Wie ein Schiedsrichter, der sagt, wann ein Spieler einen anderen gefoult hat, entscheidet der Staat, Monopole oder auch Kartelle zu zerschlagen.

Die Politik muss handeln, aber nicht so. Neue Steuern zu erfinden, kann jedenfalls keine Lösung sein. Mehr noch: Es verschlimmert das Problem. Warum senkt der Staat bei knapp 19 Milliarden Euro Mehreinnahmen nicht endlich die Mehrwertsteuer?


Julian Marius Plutz

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