Tichys Einblick
Die Satire, die das Leben selbst schrieb

Der Klimakrieg zwischen Luisa M. Neubauer und Joe Kaeser

Eine Farce in drei Akten, nebst Interpretation.

Odd Andersen/AFP/Getty Images
Prolog: Karl Marx und Friedrich Engels treten auf: „Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaften ist die Geschichte von Blasen“, von Luftgebilden, die sich zu einer erschreckenden Größe aufpumpen und beeindruckende Gestalt erreichen. Blasen pumpen sich solange auf oder werden aufgepumpt, bis sie platzen. Aus der Welt des Geldes sind Finanzblasen bekannt, aus der Welt der Ideologie Weltbeglückungsblasen, Weltuntergangsblasen und Weltuntergangsweltbeglückungsblasen.

Um so mehr die Klimabewegung an Attraktivität verliert, weil sie eine von den Medien und einem rotgrünen Establishment miterzeugte Blase ist, um so stärker setzt eine Radikalisierung ein. FFF-Funktionäre wie Lisa Neubauer, die zugleich Politiker der Grünen sind, was nur ein Zufall sein kann, verdeutlichen immer öfter, dass es ihnen nicht um das Klima geht, sondern eigentlich um den Gesellschaftsumbau.

Erster Akt

Joe Kaesers peinliches Angebot an Luisa Neubauer hatte schon für Verwunderung gesorgt, die Ablehnung des angebotenen Aufsichtsratsposten hat Kaeser schließlich lächerlich gemacht und natürlich auch den Aufsichtsrat selbst.

Zweiter Akt

Der abgewiesene Held verkündet, dass Siemens zu seiner Entscheidung steht, den verteufelten Auftrag zu erfüllen.

Dritter Akt:

Die unnahbare Heldin teilt dem abgewiesenen Helden in einem seltsamen Rosenkrieg auf Instagram mit:
„Mentaler Zustand: Behaltet uns lieber im Auge. Ihr alle – Siemens, Joe Kaeser und alle anderen CEOs. Alle, die beabsichtigen, die Krise weiter anzuheizen, als gäbe es kein Morgen. Denn es gibt ein Morgen, es gibt eine Zukunft. Das sind wir, und wir werden euch die Zukunft nicht weiter zerstören lassen. Das war erst der Anfang. Das ist keine freundliche Erinnerung, sondern eine freundliche Warnung.“

Der Vorhang fällt. Vorerst.

Interpretation:

Sollte sich Joe Kaeser fragen, weshalb sein PR-Gag schauerlich nach hinten losgegangen ist, so ist die Antwort einfach, aber wenig schmeichelhaft. Es hätte auch einen anderen Konzern treffen können. Joe Kaeser hat Siemens und sich einfach dafür angeboten, um zu zeigen, wie modern und progressiv er ist. Er unterschätzte allerdings die Destruktionskraft von Utopien und übersah, dass Ideologien nicht einer rationalen, sondern einer eigenen Logik folgen. Die Drohungen, die Demonstrationen der Aktivisten hätten sich auch gegen eine andere Firma richten können. Dass Siemens allen Unbill auf sich gezogen hat, werden die Bosse anderer Konzerne still und heimlich Joe Kaeser danken, und ein wenig werden sie auch über den guten Joe lächeln.

Die Geschichte ist übrigens voller Leute, die sich im reichlich bemühten Pathos als die Zukunft und das Morgen definieren. Ganze Liederabende kann man bei gutem oder schlechtem Wein mit dem Absingen von Liedern verbringen, in denen die Zukunft, das Morgen, inklusive Morgenrot besungen und der Sieg über die Feinde gefeiert wird: „Dem Morgenrot entgegen ihr Kampfgenossen all, bald siegt ihr aller Wegen, bald weicht der Feinde Wall“ oder „mit uns zieht die neue Zeit“ oder „Lied der neuen Menschlichkeit,/unser Lied klingt aus dem Heute/in das Morgen unsrer Zeit.“

Wenn die Zukunft im Rückspiegel erscheint, weiß man, dass man sich vor der Vergangenheit fürchten muss, weil sie zur Gegenwart werden könnte. Neubauers Rhetorik, Neubauers Pathos, Neubauers Drohungen sind Textbausteine aus historischen Versatzstücken, nichts Neues unter der Sonne. Gemein ist allerdings all jenen Versatzstücken, dass sie in der Geschichte nichts Gutes bewirkten. Zuweilen kommt die Tragödie auch nach der Farce.

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