Tichys Einblick
Jubeln über den Staatsüberschuss? Eher nicht

Der fette Staat ist noch hungriger

Bund, Länder und Gemeinden nehmen mehr ein, als sie ausgeben. Und das obwohl sie immer mehr ausgeben, vor allem für soziale Umverteilung. Doch das genügt weiten Teilen der deutschen Politik offenbar noch immer nicht.

© David Gannon/AFP/Getty Images

Der deutsche Staat nahm im ersten Halbjahr 2019 deutlich mehr ein als er ausgab. Soll man sich darüber freuen? Wenn man das Konglomerat von Bund, Ländern und Gemeinden oberflächlich wie Unternehmen betrachtet, deren Stakeholder man ist, könnte man auf die Idee kommen. Die Überschrift der gestrigen Meldung des Statistischen Bundesamts will wohl solch eine Deutung vermutlich nahelegen: „Staat erzielt im 1. Halbjahr 2019 Überschuss von 45,3 Milliarden Euro.“  

Natürlich wäre die umgekehrte Nachricht, nämlich ein deutliche Staatsdefizit, sicher erst recht keine gute. Aber freuen kann sich der Bürger trotzdem nicht, wenn er als Steuerzahler seine Interessen und andere aktuelle Nachrichten einigermaßen im Blick hat. 

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Einen Hinweis darauf, wie wenig nachhaltig diese vermeintliche ökonomische Leistung des Staates ist, zeigt eine noch aktuellere Meldung des Bundesamtes vom Dienstag: „Sozialhilfeausgaben im Jahr 2018 um 4,4 % gestiegen.“  Im selben Zeitraum stieg das Bruttoinlandsprodukt übrigens um 1,5 Prozent. Die Sozialhilfe umfasst nur einen kleinen Teil der staatlichen Sozialausgaben, die in der Sozialquote im Verhältnis zum BIP zusammengefasst werden: Aber auch diese Gesamtquote ist ausgerechnet in den nun ganz offensichtlich zu Ende gehenden fetten BIP-Wachstumsjahren nicht etwa gesunken, sondern wieder auf ein Niveau gestiegen, das einst eine rot-grüne Bundesregierung zu den so genannten Hartz-Reformen veranlasste, nämlich knapp 30 Prozent. Eigentlich sollte man annehmen, dass bei starkem BIP-Wachstum und wachsender Beschäftigung, diese Quote deutlich gesunken wäre. Das tat sie aber nur bis 2011, seither steigt sie wieder, trotz Wirtschaftswachstum und abnehmender Arbeitslosigkeit.

Natürlich ist der Hauptgrund dafür die weiterhin so gut wie ungebremste Armutszuwanderung. Die ist aber eben auch nicht zuletzt deswegen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern so hoch, weil der deutsche Sozialstaat in der so gut wie bedingungslosen Versorgung von Armutszuwanderern offenbar ein Betätigungsfeld gefunden hat, das die gesunkene Versorgungsbedürftigkeit von heimischen Arbeitslosen kompensiert. Wenn der Staat sich um die eigenen Bürger nicht mehr kümmern muss, kümmert er sich eben um fremde.  

Man muss sich das klarmachen: Von 100 Euro, die die deutschen Steuerzahler erwirtschaften, werden fast 30 allein für staatliche Sozial-Umverteilung verwendet. Und das in Zeiten immer neuer Beschäftigungsrekorde! Doch mit diesen Rekorden dürfte es nun bekanntlich erstmal vorbei sein. 2019 wird voraussichtlich kein Wachstumsjahr sein, zumindest keins für das BIP und die Beschäftigung. Was dann mit der Sozialquote passiert, kann man sich denken: Sie dürfte explodieren.

Wirklich besorgniserregend sind aber weniger die Konjunkturaussichten, sondern die völlig unverantwortliche Diskussion um neue Steuererhöhungen, die jetzt von Linken, SPD und Grünen im Namen der vermeintlichen sozialen Gerechtigkeit und der Rettung des Weltklimas geführt wird. Die Steuereinnahmen sind gigantisch, die Ausgaben auch. Doch der Hunger nach noch mehr Umverteilungsmasse scheint unersättlich und unbeeinflussbar durch vorausschauende Vernunft.

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Wenn Linken, Sozialdemokraten und Grünen wirklich an einer gerechteren Steuerpolitik gelegen wäre, müssten sie nicht von neuen Steuern für Reiche schwärmen, sondern umgekehrt jetzt die Lage nutzen, um die gering und durchschnittlich Verdienenden zu entlasten, die den Großteil der Lasten tragen. Warum nur träumt man davon, den vermeintlich Reichen mehr zu nehmen, statt denen am unteren Ende der Einkommensskala, nicht zuletzt Geringverdienern mit Kindern, mehr zu lassen? Und nebenbei die Attraktivität für versorgungssuchende Armutszuwanderer zu senken.

In anderen Ländern wird das längst vorexerziert. In Neuseeland etwa zahlt laut einer OECD-Statistik ein geringverdienender alleinstehender zweifacher Vater, für den seine Firma 40.441 Dollar im Jahr (67 Prozent des Landesdurchschnitts) aufwendet, nicht nur überhaupt keine Steuern, sondern er erhält sogar noch mehr als 8000 Dollar vom Staat dazu. In Deutschland dagegen zweigt sich der Staat laut OECD 31,5 Prozent von dem ab, was der Arbeitgeber für einen ähnlich verdienenden Alleinerziehenden an Lohn/Gehalt und Abgaben insgesamt aufwendet.

Eine vernünftige Steuerpolitik, die nicht danach fragt, wem man mehr nehmen, sondern wem man mehr lassen kann, könnte, wie Neuseeland und Kanada vormachen, eine besonders wirkungsvolle Familien- und Sozialpolitik sein, die zudem einen großen Teil des staatlichen Umverteilungs- und Kümmer-Apparates unnötig machte und dadurch zusätzlich spart. Aber vermutlich ist genau in diesem Apparat, der zu weiten Teilen mit dem Parteien-Apparat verwoben ist, auch das eigentlich bestimmende Interesse an immer neuen Einnahme- und immer neuen Ausgabemöglichkeiten des Staates zu vermuten.  

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