Tichys Einblick
Demokratiefern

Der Betriebsausflug des CDU-Fraktionsteils auf der Titanic

Im Gegensatz zu Helmut Kohl wird Angela Merkel nicht der Titel Kanzler der Einheit verliehen werden, sondern Kanzlerin der Spaltung.

© Sean Gallup/Getty Images

In dem historischen Augenblick, wo die CDU ihre Geschichte vergisst, ist es notwendig, sie daran zu erinnern. Konrad Adenauer hatte zumindest für den Westteil eine Politik durchgesetzt, die nach dem Zweiten Weltkrieg und den ungeheuerlichen Verbrechen, die von Nazideutschland ausgingen, zur Folge hatte, dass die Bundesrepublik ihren Platz in der europäischen Völkerfamilie fand und ein erfolgreicher Aufbau des Landes stattfinden konnte. Helmut Kohl ergriff den berühmten Mantel der Geschichte und die Möglichkeit zur Wiedervereinigung, die durch die Friedliche Revolution in der DDR eröffnet wurde. Das haben ihm Grüne und linke Sozialdemokraten nie verziehen. Sie hofften auf Revanche, darauf, dieses wiedervereinigte Deutschland so schnell als möglich loszuwerden, und sie erblickten zwei Wege: Einwanderung, sprich Multikulti, und die Auflösung Deutschlands in der EU.

In Angela Merkel fanden sie ihre Kanzlerin, die die Deutschland-Partei CDU auf rotgrünen Kurs zwang. CDU-Politiker, die sich diesem Kurs entgegenstellten oder verweigerten, wurden marginalisiert oder zogen sich aus der Politik zurück. Im Gegensatz zu Helmut Kohl wird ihr nicht der Titel Kanzler der Einheit verliehen werden, sondern Kanzlerin der Spaltung. Auch darf sie sich keine Hoffnungen darauf machen, als große Europäerin in die Geschichte einzugehen, weil ihr planloses Agieren in der Flüchtlingsfrage und in der Euro-Frage die Europäische Union mehrfach gespalten und im Grunde zerlegt hat. Weniger Einheit war nie, mehr Zwietracht auch nicht.

Wofür Angela Merkel steht, weiß niemand mehr. Vielleicht nicht einmal sie selbst. Man sieht nur, dass sie jeden Versuch, die illegale Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme zu reduzieren, mit allen Mitteln und – inzwischen muss man leider auch konstatieren – mit allen Tricks zu verhindern sucht.

In allem folgt ihr treu die CDU, wie die KPdSU und die SED immer getreu ihren Generalsekretären gefolgt waren, bis es sie eines Tages nicht mehr gab.

In der Sitzung am Donnerstag, in der die ohne die Landesgruppe der CSU tagende CDU-Fraktion über ihre Position im Streit um den Masterplan Migration des Innenministers Horst Seehofer beriet, spielten sich, wenn man der FAZ glauben darf, Szenen ab, die an das bolschewistische Ritual der Selbstkritik und der Unterwerfung unter die „Weisheit der Partei“ und ihrer weisen Führung erinnerten. So berichtet die FAZ:

„ Am Donnerstag hingegen traten Fraktionsmitglieder auf, die ihre – Merkel stützende – Wortmeldung einleiteten mit dem Hinweis, sie bedauerten, nicht schon am Dienstag das Wort ergriffen zu haben und auf diese Weise mitverantwortlich zu sein für die falsche Wahrnehmung, die Kanzlerin habe in der eigenen Fraktion keine Unterstützung mehr.“

Mehr an Selbsterniedrigung geht nicht, weniger Abgeordneter als Repräsentant seiner Wähler zu sein, auch nicht. Wem sind diese Abgeordneten verpflichtet? Dem deutschen Volk oder Angel Merkel? Was wir lesen, sind spätbyzantinische Ergebenheitsadressen.

Endspiel Merkel?
Stunde der Wahrheit für Merkel
Es heißt, inhaltlich würden viele in der CDU-Fraktion Horst Seehofers Vorschlag unterstützen, aber sie verübelten es der CSU, sie so unter Zugzwang gesetzt zu haben, im Klartext, sie aus der Komfortzone, sich nicht entscheiden, nicht Verantwortung übernehmen zu müssen, gedrängt zu haben. Deshalb rief auch der CDU-Abgeordnete Kees de Vries Merkel zu, „er hoffe, dass sie bis zum Ende der Legislaturperiode „unsere Kanzlerin“ bleibe. Das erzeugte Szenenbeifall.“

Die CDU-Fraktion wollte keine Verantwortung übernehmen, sie hat damit die Verantwortung dafür übernommen, was in den nächsten Tagen und Wochen geschieht. Jeder einzelne Abgeordnete. Nicht nur Sachsen ist für die CDU verloren, es ist weit schlimmer, die CDU hat sich selbst verloren. Sie war einmal die Deutschland Partei, die Partei der wirtschaftlichen Ordnung und der inneren Sicherheit. Dass sie das einmal wirklich war, werden wir unseren Kindern kaum noch vermitteln können.

Vielleicht sollten die Wähler der CDU, die Seehofers Position teilen, ihren Abgeordneten in den Wahlkreisen direkt oder via e-mail oder Brief deutlich machen, was sie von ihren Repräsentanten im Bundestag erwarten. Auch so geht Demokratie.

Sollte es zu einem Koalitionsbruch und zu einer CDU-SPD-Grünen-Koalition kommen, muss die Bordkapelle lauter spielen, weil der Eisberg unmittelbar voraus liegt.