Tichys Einblick
Wie wäre es mit ausgewogen?

Claus Kleber, heute journal und der neue Lieblingsbösewicht Boris Johnson

Bei Boris Johnson lassen Claus Kleber und das heute journal wieder jede Ausgewogenheit und Zurückhaltung fahren. Vor einem Monat war es ein umgeleitetes Zitat, genau einen Monat später folgt die nächste Schlechtleistung. Pfarrer Achijah Zorn kommentiert.

Screenprint: ZDF/heute journal

Der Abend des 29.8.2019, das heute journal im ZDF. Ganz normaler öffentlich-rechtlicher Journalismus. Ab Minute 14 geht wieder einmal über Boris Johnson. Noch gut im Gedächtnis ist die Ausgabe vom 29.07.2019 – also vor genau einem Monat. In der gestrigen Sendung vom 29.08. wird zu 90% die Meinung der britischen Opposition abgebildet; allerdings – und das ist der Skandal – diese Meinung der britischen Opposition wird als Meinung des heute journals geäußert. Zwischen die Meinung der britischen Opposition und der des heute journal passt kein Blatt Papier.

„Neues Chaos“, „Widerstand gegen Boris Johnson“, „Brüssel in den Schwitzkasten nehmen, wie es ihm passt“; „Staatsstreich“, „1642-1660“; „Spiel mit dem Feuer“; „Taschenspielertrick“, „Populismus“; „Parlament halb ausschalten“.

Und das ganze endet mit der rhetorischen Frage: „Wo bleibt die britische Vernunft?“ Diese rhetorische Frage wird dann gemeinsam belächelt.

Lieber Herr Kleber, so leicht ist es in einer Demokratie nicht: Sich selber eindeutig auf der Seite der vermeintlichen politischen Vernunft zu sehen und den Gegner eindeutig auf der Seite der politischen Dummheit zu stellen – und das entspricht auch nicht Ihrer Aufgabe.

Diese Form der nachrichtlichen „Berichterstattung“ nimmt Anleihen beim DDR-Fernsehen, wo auch immer zu 100% klar war, wo schwarz und wo weiß ist.

Lassen Sie in Ihrer Sendung gleichrangig die politische Gegenseite zu Wort kommen, die der Ihren oder der redaktionellen Einstellung offensichtlich diametral entgegenläuft – und die in Großbritannien immerhin 51% der Bevölkerung ausmacht.

Wie würde sich das dann wohl anhören?

„Große Unterstützung für Boris Johnson“; „Überwindung des alten Chaos, dass das Parlament drei Jahre lang mit der Durchsetzung der Volksabstimmung keinen Millimeter vorwärts gekommen ist“; „Großbritannien befreit sich aus dem Schwitzkasten der harten EU-Austrittsbedingungen“; „Ausnutzung des bewährten britischen Rechtsstaates, was von der Queen ohne Probleme abgeseget wurde“; „Boris Johnson geht im Widerstand gegen viele Medien einen unbequemen, unpopulistischen Weg“; „was für eine beeindruckende britische politische Vernunft“.

50% britische Opposition und ebenso 50% Brexit-Befürworter. Beide Seiten lassen sich durchaus ausgewogen präsentieren.

Falls Sie dagegen Ihre politischen Gegner weiterhin als unvernünftige Spinner lächerlich machen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn der Zuschauer zunehmend eine Faust in der Tasche macht, weil er beidseitig informiert werden möchte. Und dann ärgere ich mich über die GEZ-Gebühren, mit denen ich zwangsweise Ihre Polit-Agitation bezahlen muss.

Gott sei Dank gibt es im Osten Deutschlands noch viele Menschen, die durch 40-Jahren DDR-„Nachrichten“ medienkritisch und medienkompetent die offensichtlichen Fehlleistungen und Tücken Ihres Journals betrachten.

Claus Kleber, wann kommen Sie journalistisch endlich in der BRD an?

Der auf das heute journal zornige Pfarrer Achijah Zorn.

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