Tichys Einblick
Ganz woke auf der Anti-Kolonialismus-Spur

Wie das Auswärtige Amt auf der ideologischen Rutsche abgleitet

Der Themenschwerpunkt der aktuellen Ausgabe der Mitarbeiterzeitschrift des Auswärtigen Amtes lautet „Kolonialismus“. Was da zusammengetragen wurde, macht jede Geschichtsforschung für alle Zukunft obsolet. Eine staatliche Behörde entpuppt sich als Spielwiese von Ideologen.

IMAGO / Christian Spicker

Es ist uns die aktuelle Ausgabe der „Mitarbeiterzeitschrift“ (demnächst bestimmt: Mitarbeitenden- oder Mitarbeiter*_/I:nnen-Zeitschrift) des Auswärtigen Amtes (AA), also des von Annalena Baerbock (Grüne) geführten Bundesministeriums, in die Hand gekommen. Nun haben wir ja schon so manches über die Bedeutung von „Postcolonial Studies“ gelesen: über die Schuld der Weißen, über weiße Sklaverei, über die ewige rassistische Erbsünde der Weißen … In Deutschland wird all dies mit immer neuen Professuren masochistisch und exorzistisch nachgeplappert, was die „Critical Whiteness“-Forschung US-amerikanischer „Elite“-Universitäten vorplappert.

Aber wir waren noch nicht in den Genuss des aktuellen Themenschwerpunkts „Kolonialismus“ der Oktober-Nummer 2022 von „internAA“, also der genannten Mitarbeiterzeitschrift des Auswärtigen Amtes, gekommen. Was manch windschnittige, den neuen dort wehenden Wind erkennende Beamten des AA da bestimmt zum karrierefördernden Gefallen der Frau an ihrer Spitze, der „Völkerrechtlerin“ Annalena Baerbock, zusammengepinselt haben, macht jede Geschichtsforschung für alle Zukunft obsolet.

Allein schon der flüchtige Blick in die 28 Seiten reicht:

  • Das Titelbild ziert eine Demonstrantin mit dem Plakat „DECOLONIZE YOUR MIND“. Dazu eine Skizze eines menschlichen Cortex.
  • Im Editorial lesen wir: „Im Auftrag des Auswärtigen Amtes arbeitet eine internationale Autorengruppe an einer wissenschaftlichen Darstellung der Kolonialvergangenheit dieses Ministeriums.“ Wir glauben jetzt schon zu wissen, wohin der Hase läuft. Dann mal eben noch eine Kommission. Das hatten wir doch schon im Oktober 2010, als eine Historiker-Kommission ihre Studie „Das Amt und die Vergangenheit“ an Bundesaußenminister Westerwelle überreichte. Zugegebenermaßen ging es da aber nur um das AA im Nationalsozialismus.
  • Auf Seite 4 sehen wir eine Europakarte mit der Überschrift: „Wenn Europa kolonisiert worden wäre.“ Dort finden wir für Spanien den Namen „Hasenbeinküste“, für Deutschland den Namen „Dogo“, für Finnland „Finnbabwe“. Geht’s noch infantiler?
  • Auf Seite 6 werden wir gefragt: „Braucht die Kirche eine ‚dekoloniale‘ Säuberung?“ Dort kein Wort davon, was die Kirchen etwa in Afrika an Humanitärem geleistet haben.
  • Auf Seite 24 dann endlich die Ansage: „Unsere Außenpolitik soll feministisch werden!“

Nun ja, am AA wundert uns seit den Zeiten der Außenminister ab 1998 nichts mehr: des welterklärenden „Joschka“ Joseph Fischer, des irrlichternden Westerwelle, des raumfüllenden Gabriel, des bräsigen Putinverstehers und Mullahfreundes Steinmeier, des maßgeschneiderten Maas und eben jetzt der „feministischen“ „Völkerrechtlerin“ Baerbock. Deutschland, fragen wir, wie stellst du dich denn in der Welt dar? Willst du noch ernstgenommen oder völlig zum geopolitischen Nullum werden?

Mutiges Grundlagenwerk historischer Forschung
Ein amerikanischer Politologe verteidigt den Kolonialismus
Zurück zum aktuellen Mitarbeitermagazin des AA und was wir dort nicht lesen: Erstens, dass die historisch weitestreichende Sklaverei nicht von der weißen „Rasse“, sondern von der arabischen Welt ausging und bis zum heutigen Tag ausgeht. Zweitens, dass die Sklaverei Ende des 19. Jahrhunderts von den (weißen) Europäern und US-Amerikanern abgeschafft und verboten wurde. Drittens, dass die heftigste Kolonisation heute ausgeht von einem Putin-Russland, von China und von Erdogan (mit seinem Traum von einem neuen osmanischen Reich).

Aber Fakten spielen keine Rolle, wenn es um Exorzismus, Selbsthass, „weißen“ Sündenstolz und Ideologie geht. Und wenn das antirassistische und antikolonialistische Credo lautet: Gegen Weiße kann es keinen Rassismus geben, weil diese quasi als Rassisten geboren werden und damit ihre Vormacht sowie ihren Kolonialismus begründen wollen.

Und dann erst die „feministische“ Außenpolitik: Auch nach der Lektüre des entsprechenden Beitrags auf Seite 24 der AA-Postille sind wir nicht schlauer geworden, was das ist, und es fällt uns immer wieder die wohl „feministisch“ gedachte Stellungnahme der Ministerin Baerbock ein, in Teheran habe der Anlass der aktuellen Proteste der Frauen gegen das Kopftuch nichts mit dem Islam zu tun. Also lesen wir wieder und wieder nach und zitieren, was der TE-Leser vielleicht verstehen mag: „Wir wollen die Anliegen von Frauen in den Fokus unseres Handelns rücken und ihre Stimmen stärken.“

Im „Ampel“-Koalitionsvertrag hieß das noch viel weltmännischer (pardon: weltfraulicher): „Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir im Sinne einer Feminist Foreign Policy Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen und Mädchen weltweit stärken und gesellschaftliche Diversität fördern.“ Bis hinein in die Besetzung „internationaler Führungspositionen“.

Aha! Im AA fängt man damit an. Dort macht man eine Greenpeace-Chefin mit US-Staatsbürgerschaft ratzfatz zur Deutschen und zur Staatssekretärin. Dort verändert man – ganz offenbar aus Quotengründen – die Einstellungsvoraussetzungen, um mehr Frauen in höhere Ränge zu setzen.

TE-Leser, die sich die 28 Seiten AA-Postille antun möchten: Hier findet sie sich in der Anlage.