Tichys Einblick
MASSENZUWANDERUNG UND INTEGRATION

Asyl­bewerber: Aufmarsch der Armutsarmee

Angela Merkel wusste, welche Probleme mit unkontrollierter Massenzuwanderung auf die deutsche Gesellschaft und Wirtschaft zukommen. Doch mit dem Koalitionspartner SPD im Rausch der Willkommenskultur opferte sie einstige Einsichten dem Märchen von der Integration.

Angela Merkel speaks at the CDU party congress December 1, 2003 in Leipzig.

© Sean Gallup/Getty Images

„Manche unserer Gegner können es sich nicht verkneifen, uns in der Zuwanderungsdiskussion in die rechtsextreme Ecke zu rücken, nur weil wir im Zusammenhang mit der Zuwanderung auf die Gefahr von Parallelgesellschaften aufmerksam machen. Das, liebe Freunde, ist der Gipfel der Verlogenheit, und eine solche Scheinheiligkeit wird vor den Menschen wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen. Deshalb werden wir auch weiter eine geregelte Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung fordern.“

Diese Aussage stammt nicht aus einer Bundestagsrede von Alexander Gauland oder Alice Weidel von der AfD im Jahr 2017, sondern aus einer Rede von Angela Merkel, die sie im Jahr 2003 auf dem Leipziger Parteitag der CDU gehalten hat. Sie steht heute, rund 15 Jahre später, in eklatantem Widerspruch zu ihrer eigenen Politik der Massenzuwanderung via Asylrecht und Genfer Flüchtlingskonvention.

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All die Begründungen und Rechtfertigungen, die seit der Grenzöffnung vom 4. September 2015 und der Fortsetzung der Massenzuwanderung gegenüber der einheimischen Bevölkerung von der Kanzlerin selbst und ihren Zuträgern ins Feld geführt werden, haben sich inzwischen als weitgehend haltlos und falsch erwiesen. Im Kern geht es dabei um folgende „Narrative“ (Erzählungen): Die Grenzöffnung sei ein einmaliger humanitärer Akt gewesen, zu dem es keine Alternative gegeben habe. Es habe dabei keinerlei Rechtsbruch stattgefunden. Der humanitäre Akt diene nicht nur den Asylbewerbern, sondern auch der deutschen Wirtschaft, die aus demografischen Gründen zunehmend unter einem Fachkräftemangel leide, der sich durch die Aufnahme von Asylbewerbern sowohl kurzfristig, vor allem aber mittel- und langfristig beheben ließe. Die Voraussetzungen dafür seien gut bis sehr gut, da viele Asylbewerber entweder über nachgefragte Qualifikationen verfügten oder sich diese zeitnah aneignen könnten. Vor allem: Die Arbeitgeber seien deswegen auch hochgradig an einer Beschäftigung oder Ausbildung von Asylbewerbern interessiert.

Vor allem die Annahmen in Sachen Arbeit und Integration sind inzwischen als reines Märchen zu widerlegen. Laut dem aktuellen Bericht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurden von Januar 2015 bis Oktober 2017 rund 1,5 Millionen Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) gestellt, etwa 190.000 davon zwischen Januar und Oktober 2017. Rund 506.000 Antragsteller erhielten inzwischen ein Bleiberecht als Kriegsflüchtlinge nach Paragraf 3 Absatz 1 des Asylgesetzes, während davon nur rund 8.000 Antragstellern der Status eines politisch Verfolgten nach Artikel 6a des Grundgesetzes zuerkannt worden ist.

Von 100 arbeiten gerade mal 15

Rund 245.000 Antragsteller genießen einen subsidiären Flüchtlingsschutz gemäß Paragraf 4 des Asylgesetzes und weitere 62.000 Antragsteller unterliegen einem Abschiebeverbot aufgrund Paragraf 60 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes. Damit genießen bislang rund 813.000 der seit 2015 ins Land gekommenen Asylbewerber auf verschiedenen Rechtsgrundlagen ein vorerst befristetes Bleiberecht.

Bei rund 476.000 wurden die Asylanträge hingegen vom BAMF abgelehnt. Die Mehrheit der Abgelehnten hat das Land bislang aber nicht verlassen, sei es, weil sie sich auch ohne rechtliche Grundlage weiter in Deutschland aufhalten dürfen, sei es, weil inzwischen rund 220.000 Asylklagen vor den Verwaltungsgerichten eingegangen sind, die eine Abschiebung bis zu einer endgültigen Entscheidung aussetzen.

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Von den 1,5 Millionen Asylbewerbern sind laut dem Migrationsmonitor der Bundesagentur für Arbeit (BA) per Oktober 2017 rund 500.000 Personen als arbeitssuchend und rund 190.000 Personen als arbeitslos gemeldet. Während bei den Arbeitssuchenden das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist und sie deswegen kein Arbeitslosengeld II (Hartz IV) erhalten, sondern von Sozialhilfe leben, beziehen die Arbeitslosen die üblichen Hartz-IV-Leistungen. Die restlichen 810.000 beim BAMF gemeldeten Asylbewerber, die von der BA noch nicht erfasst sind, haben sich bislang (noch) nicht als arbeitssuchend gemeldet, sei es, weil sie das Land wieder verlassen haben oder aus unterschiedlichen Gründen nicht arbeiten können oder wollen, solange über ihren Asylantrag noch nicht endgültig entschieden ist.

Per 31. März 2017 sind bei der BA rund 140.000 Personen aus den Asylherkunftsländern als sozialversicherungspfichtig beschäftigt gemeldet, davon rund 65.000 als vollzeitbeschäftigt. Rund 60.000 der 140.000 Beschäftigten werden seitens der BA als Helfer, weitere 60.000 als Fachkraft und rund 20.000 als Spezialisten oder Experten geführt. Bezogen auf die 813.000 bleibeberechtigten beziehungsweise geduldeten Asylbewerber entspräche dies einer Integrationsquote von 17 Prozent. Da ein Teil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten allerdings schon lange vor dem Jahr 2015 nach Deutschland kam, bedarf diese Quote einer gewissen Korrektur. Realitätsnäher als Bezugsgröße ist daher die Anzahl aller Asylbewerber, die seit 2010 ein Bleiberecht in Deutschland erhalten haben. Diese Zahl liegt laut BAMF bei rund 912.000 Personen, woraus sich eine Integrationsquote von etwa 15 Prozent ergibt.

Von 100 seit zehn Jahren ins Land eingewanderten Asylbewerbern gehen somit 15 inzwischen einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach. 85 da­gegen sind noch auf Arbeitssuche oder haben diese inzwischen aufgegeben.

Dieses Zahlenverhältnis sagt zwar nichts darüber aus, wie lange ein Asylbewerber im Durchschnitt benötigt, um in Arbeit zu kommen, verdeutlicht jedoch, wie schleppend sich die Inte­gration in Arbeit insgesamt vollzieht. Die BA selbst geht davon aus, dass in­nerhalb von fünf Jahren im günstigsten Fall nur jeder zweite Asylbewerber in Arbeit gebracht worden ist. Diese Er­fahrungswerte decken sich mit Zahlen aus anderen Ländern wie zum Beispiel Schweden.

Armee von Hartz-IV-Empfängern

Die Fortführung der Massenzuwanderung ist vor diesem Hintergrund ein staatliches Förderprogramm für die Zunahme von Hartz­-IV­-Beziehern. Diese haben dementsprechend laut dem BA-­Bericht über die „Auswirkun­gen der Migration auf den deutschen Arbeitsmarkt“ im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr um 83 Prozent zugenom­men. Im selben Zeitraum ist die Be­schäftigung von Zuwanderern mit einer Zunahme von 86.000 Personen dem­ gegenüber nur um 56 Prozent gestiegen. Die Zuwachsrate der Beschäftigung liegt somit deutlich unter der Zuwachs­rate der Arbeitslosigkeit. Die Anzahl an Hartz­-IV­-Empfängern kann bei den Asylbewerbern so nicht sinken. Dies ist nur möglich, wenn die Beschäftigung von Asylbewerbern dauerhaft deutlich stärker zunehmen würde als die Anzahl arbeitsloser Asylbewerber.

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Dies ist aufgrund des anhaltenden Massenzustroms neuer Asylbewerber, deren sprachliche und fachliche Wett­bewerbsfähigkeit am Arbeitsmarkt mehrheitlich schlecht ist, jedoch nicht zu erwarten. Wer aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses aus der Ar­beitslosenstatistik herausfällt, wird durch nachrückende neue Asylbewer­ berdoppelt, dreifach oder mehrfach ersetzt, je nachdem, wie viele von ihnen jährlich ins Land gelassen werden und wo der Schwellenwert der Aufnahme­kapazität des Arbeitsmarkts liegt. Im Jahr 2017 lag dieser Schwellenwert trotz einer insgesamt sehr guten Beschäfti­gungslage mit 86.000 Personen deut­lich unterhalb der 190.000 zusätzlichen Asylbewerber, die zwischen Januar und Oktober ins Land gekommen sind.

Der zwischen CDU und CSU ver­einbarte Richtwert von 200.000 Asylbewerbern pro Jahr wird somit die Zunahme von asylberechtigten Hartz­ IV­-Empfängern nicht stoppen, sondern weiter steigern, selbst wenn die Zahl der pro Jahr in Arbeit vermittelten Asyl­bewerber im Schnitt auf über 100.000 steigen sollte.

Bleibeberechtigte Asyl­bewerber gelangen im Lauf der Zeit zwar durchaus in Arbeit und können in bestimmten Bereichen sogar beste­hende Arbeitskräftebedarfe stillen; der ungebrochene Nachschub von jährlich mehreren hunderttausend Asylbewer­bern führt jedoch nicht zu der von Merkel versprochenen Integration al­ler bleibeberechtigten Asylbewerber in den deutschen Arbeitsmarkt und deren Transformation in „neue Deutsche“.

Es wächst vielmehr eine industrielle Reservearmee gar nicht, prekär oder schwarzarbeitender Angehöriger einer neuen, ethnischen Unterschicht mit unsicherem Aufenthaltsstatus heran. Krisenphänomene wie wachsende Spal­tung der Gesellschaft, materielle und kulturelle Armut sind nicht mehr zu übersehen. Von einer erfolgreichen In­tegration kann keine Rede sein.


Dieser Beitrag ist in Tichys Einblick Ausgabe 01/2018 erschienen >>