Tichys Einblick
Antrag sei „Stimmungsmache“

Wegen „Brandmauer“ stimmen CDU/CSU für Faesers Verbleib im Amt

Natürlich wusste die AfD von der Aussichtslosigkeit ihres Antrags. Aber vermutlich ging es außer um Symbolik darum, die Union vorzuführen. Die CDU/CSU-Fraktion müsste eigentlich, was Faeser betrifft, ebenso ticken. Statt selbst initiativ einen solchen Antrag zu stellen, hat die Union die Sache schlicht verpennt.

IMAGO

Nancy Faeser (SPD), Skandal-Innenministerin und Möchtegern-Ministerpräsidentin in Hessen, kann sich auf die CDU/CSU verlassen. Fast ein Jahr lang hat die Union gebraucht, den Skandal um die Strafversetzung des vormaligen Cyber-Abwehr-Chefs Arne Schönbohm aufzugreifen. Jetzt, wo die Hessen-Wahl ansteht, fällt der CDU/CSU ein, dass man aus diesem Skandal und dem Herumeiern Faesers in der Zuwanderungspolitik Kapital schlagen könnte. Aber dann wirkt sofort wieder die typische CDU/CSU-Beißhemmung – genannt „Brandmauer“.

Was war geschehen? Am Abend des 20. September 2023 wurde im Plenum des Bundestages über einen Antrag der AfD-Fraktion zur Entlassung Faesers aus dem Amt als Bundesinnenministerin abgestimmt. Der Titel des am 19. September 2023 eingebrachten Antrags lautete: „Rücktritt der Bundesministerin des Innern und für Heimat – Schaden für die Demokratie abwenden“.

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Der dreiseitige Antrag endet mit folgenden Forderungen: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser zum Rücktritt auf. Sollte die Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser dieser Aufforderung nicht nachkommen, so fordert der Deutsche Bundestag den Bundeskanzler auf, dem Bundespräsidenten vorzuschlagen, die Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser zu entlassen. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, Arne Schönbohm offiziell zu rehabilitieren.“

Das Problem dabei: Natürlich wusste die AfD von der Aussichtslosigkeit ihres Antrags. Aber vermutlich ging es der AfD außer um Symbolik darum, die Union vorzuführen. Denn die CDU/CSU-Fraktion müsste eigentlich, was Faeser betrifft, ebenso ticken. Aber statt selbst initiativ einen solchen Antrag zu stellen, hat die Union die Sache verpennt. Also ist die AfD vorangegangen; und sie hat damit die CDU/CSU – erwartbar – einmal mehr in die Umarmung durch die „Ampel“ getrieben. Denn: Die CDU/CSU-Fraktion hat gegen den Antrag der AfD und damit gegen Faesers Rücktritt, gegen deren Entlassung und gegen die Rehabilitierung von Arne Schönbohm gestimmt.

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Faeser stellt sich im dritten Anlauf, verbreitet aber nur Nebel
Hier das Ergebnis: 659 der 736 Abgeordneten (also 89,5 Prozent von allen) haben sich an der Abstimmung beteiligt. 68 haben für den Antrag gestimmt (also AfDler, von denen es eigentlich 78 gäbe); 2 haben sich enthalten, und 589 haben den Antrag der AfD abgelehnt. Darunter vermutlich komplett die anwesenden Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion, die in Vollbesetzung 197 Abgeordnete stellt und damit der „Ampel“ (theoretisch: 416 Mitglieder) in einer Art Fast-Allparteien-Koalition zu einer komfortablen Mehrheit zugunsten Faeser verholfen hat. Nur am Rande: Ende Januar 2023 hatte die CDU Faesers Rücktritt gefordert, weil Faesers Kandidatur in Hessen nicht mit ihrem Amt als Bundesinnenministerin vereinbar sei.

Und die Begründung der CDU/CSU-Fraktion für die plötzliche Sympathie für Faeser: Der AfD-Antrag sei „Stimmungsmache“. CDU/CSU-Mann Josef Oster (CDU/CSU) warf Faeser zwar vor, ihrem Amt „nicht wirklich gewachsen“ zu sein. So habe sie sich als schlechte Vorgesetzte erwiesen, weil sie Schönbohm abberufen, sich dann aber nicht bei ihm entschuldigt habe, nachdem sich die Vorwürfe gegen ihn „in Luft aufgelöst“ hätten. Die Unionsfraktion schloss sich indes nicht dem AfD-Antrag an, der „Stimmungsmache“ sei. Eine Gefahr für die Demokratie sei nicht Faeser, sondern die AfD.

Unsere Prognose: Das ergibt wieder einige hundert oder gar tausend Stimmen für die AfD. Die AfD wird sich bald eine Ehrennadel ausdenken müssen, wie sie die Wahlkämpfer der gegnerischen Parteien, die ihr Wählerstimmen zutreiben, prämieren kann.


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