Tichys Einblick
Die neue Volkskirche in Deutschland

Psalm 23 in neuer Version: Der Staat ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln

Wer immer noch meint, wir seien eine säkulare Gesellschaft geworden, irrt. Der Staat ist dabei, Gottes Stelle einzunehmen.

IMAGO/photothek

Die Pfarrerstochter Angela Merkel und mit ihr eine große Mehrheit will es so: Keine leibhaftigen Ostergottesdienste. Damit wird das christliche Osterfest 2021 zu einem weiteren öffentlichen Symbol für die Verdunstung der christlichen Glaubens in Deutschland.

Wer jetzt allerdings glaubt, dass damit die Religionslosigkeit gesiegt hätte, der hat weit gefehlt. Die Politik selber wird zum Tempel religiöser Sehnsüchte und Allmachtsvorstellungen. Der Staat ist nicht mehr säkular; er setzt sich an die Stelle Gottes.

Schon 1895 schrieb Le Bon: Die Massen wollen „die Worte der Gottheit und der Religion nicht mehr hören“. „Aber zu keiner Zeit sah man sie so viele religiöse Bildwerke und Altäre errichten“ wie heute.

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Wer etwa im Freundeskreis eine Diskussion zur Corona-Impfung führt, wird das sofort spüren: Ist hier ein nüchternes und sachliches und individuelles Abwägen von Vor- und Nachteilen möglich? Oder hat man es mit Gläubigen zu tun, die das alleinseligmachende Impf-Sakrament verherrlichen und die kein Verständnis für die Ungläubigen haben, die sich den Wallfahrten zu den Altären der staatlichen Impfzentren verweigern? Oder kürzer: Man spürt schnell, ob es bei Impfdiskussionen um rationale medizinische Abwägung geht oder aber um Himmel und Hölle.

Erstaunlich zurückhaltend opponieren die Kirchen gegen diese neuen religiösen Bildwerke und Altäre, obwohl die götzenvernichtende Religionskritik in der Bibel ein zentrales Thema ist und darum eine Stärke der Christen sein sollte.
Stattdessen sieht es so aus, als habe sich Kirche bequem eingerichtet in der Rolle des Blinddarms am Leib der Staatskirche.

Infolgedessen muss die Bibel umgeschrieben werden; den zahlreichen Mitgliedern der Staatskirche zur Freude:

„Der Staat ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer rot-grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser der zinslosen Staatsverschuldung.
Er erquicket meine Seele mit immer neuen Wahlgeschenken.
Er führet mich klimagerecht auf alternativloser Straße im Namen internationaler Solidarität und Gleichmacherei.
Und ob ich schon wanderte im finsteren Corona-Tal, so fürchte ich kein Unglück; deine Ansammlungsverbote und deine Grundrechtseinschränkungen trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht verödeter Innenstädte und Bildungseinrichtungen.
Du salbest mein Haupt mit FFP2-Masken und impfest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mit folgen mein Leben lang und ich werde wählen staatsgläubige Parteien immerdar.“

Wir können nur hoffen, dass Gott gegen solche perverse Staatsreligiosität eine lebensförderliche echte Religiosität stärkt. Kirche muss Kirche bleiben, damit der Staat säkularer Staat bleiben kann.

Darum nun unbedingt Psalm 23 im Original:
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führte mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, so fürchte ich kein Unglück.
Dein Stecken und Stab trösten micht.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lange; und ich werde bleiben im Hause der Herrn immerdar.“

PS: Ich danke der Juristin Annette Heinisch für Impulse und Anregungen zu diesem Thema.

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