Tichys Einblick
Stephans Spitzen

Die Hochzeit der Schamlosigkeit – oder: Nur kein Mitleid mit der FDP

Womöglich bekommt Christian Lindner die Hochzeitssause auf Sylt mit 140 geladenen Gästen nicht gar so gut, jedenfalls, was seinen politischen Ruf betrifft. Gut möglich, dass diese Hochzeitstage als Wendepunkt in die Geschichte der FDP eingehen werden.

Christian Lindner, FDP-Bundesvorsitzender und Bundesfinanzminister

IMAGO / IPON

Man muss das wohl verstehen: Wer mit der geistigen und emotionalen Vorbereitung auf drei Tage Hochzeitsfeier beschäftigt ist, die noch ein wenig prächtiger ausfallen soll als die erste, kann sich nicht auch noch mit Ferda Ataman beschäftigen.

Ferda wer? 

In der Gerüchteküche heißt es, Christian Lindner habe gar nicht gewusst, um wen es sich bei Ferda Ataman handelt. Und so kam es, dass die FDP-Fraktion der von der grünen Familienministerin vorgeschlagenen Wahl einer Person zur Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung Folge leistete, die sich ihren Namen vor allem durch Diskriminierung gemacht hat. Diskriminierung und Verächtlichmachung der er von ihr als „Kartoffeln“ verspotteten und auch sonst verachteten „Bio“-Deutschen. Die nehmen so etwas mittlerweile geduldig hin. Heftige Kritik an der Wahl aber kommt von allen, die sich eher von knallharten Islamisten denn von „Emodeutschen“ bedroht fühlen. Auf den Islam aber lässt Frau Ataman nichts kommen, eher auf jene, die wegen ihrer Kritik am Islam unter Polizeischutz stehen.

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Egal. Schieben wir es auf den Hochzeitsstress, es ist ja erst das zweite Mal, dass Christian Lindner heiratet. Übrigens, wie auch beim ersten Mal, eine Frau aus dem Hause Springer. Wer im Blick auf Berlin von einer politmedialen Blase spricht, liegt gewiss nicht ganz falsch. Man kommt sich halt nah. Das war nicht nur bei Rainer Brüderle von der FDP so, dem der Blick in ein Journalistinnendekolleté allerdings weniger gut bekommen ist. 

Doch womöglich bekommt auch Christian Lindner die Sause auf Sylt mit 140 geladenen Gästen nicht gar so gut, jedenfalls, was seinen politischen Ruf betrifft. Und den seiner Partei. Ich neige ja eher nicht zu Neid, zumal ich bei meiner Hochzeit ungern die halbe Bundesregierung zusehen ließe. Aber ist das wirklich sonderlich geschickt, so ein prolliges Geprotze, wenn auf der anderen Seite der Bürger zum Energiesparen und zu „Duschscham“ aufgerufen wird und damit rechnen darf, den Winter in Wärmehallen verbringen zu müssen?

Das ist etwa so schamlos wie die Diätenerhöhung, die sich das Parlament mitten in einer schweren Wirtschaftskrise genehmigt hat – bevor sich Politiker und Abgeordnete in die Sommerpause verabschieden, von der sie womöglich annehmen, sie sei wohlverdient.

Das Volk lässt sich derweil aufs Schlimmste einstimmen. Frieren für die Freiheit, alles andere wäre Egoismus!

Schließlich ist an alledem Putin schuld, das Schlitzohr hat lange Jahre die „Energiewende“ mit billigem Gas unterstützt und nimmt sich nun womöglich heraus, Nord Stream 1 stillzulegen. Will er die Deutschen mit einem Gasembargo erpressen? Die doch, wiederum, ihn mit ihren Sanktionen nur auf den richtigen Pfad bringen wollen?

Fürsorglich empfiehlt die Regierung energiebedürftigen Unternehmen, dieselbetriebene Notstromaggregate anzuschaffen, deren Preise derzeit durch die Decke gehen.

Deutschland: hilflos. Dabei gibt es noch Nord Stream 2. Dabei beziehen auch Polen und Ukraine weiterhin russisches Gas. Dabei hätten wir noch drei prima funktionierende Atomkraftwerke – und drei, die man wieder anwerfen könnte. Es gibt nicht wenige Liberale, die das für den richtigen Weg halten: nicht jammern, sondern eigene Ressourcen mobilisieren ist das Gebot der Stunde.

Doch was passiert? 

Auch die Bundestagsfraktion der FDP hat mit wenigen Enthaltungen im Bundestag gegen den Antrag der CDU gestimmt, die Laufzeit der noch vorhandenen Atomkraftwerke zu verlängern. Lindner war, es wurde ja geheiratet, gar nicht erst anwesend. 

Duschscham statt Vernunft
Lasst mich in Ruhe!
Und warum, obzwar viele in der Partei und insbesondere ihre Wähler am liebsten alle sechs noch vorhandenen AKW wieder in Betrieb nehmen würden? Weil ein zustimmendes Votum der FDP die Ampelregierung gesprengt hätte. In diesem Fall hätte die FDP noch ein wenig früher ereilt, was ihr bei der nächsten Wahl sowieso blüht: Macht- und Mandatsverlust. 

Diese Partei braucht wirklich keiner mehr. 

Insofern: tu, felix Christian, nube. Gut möglich, dass diese Hochzeitstage als Wendepunkt in die Geschichte der FDP eingehen werden.