Tichys Einblick
Unterwerfung

Jerusalem: Weihnachtsmärchen im Heiligen Land

Nicht nur in Europa, sondern auch in Jerusalem ist es der christlichen Funktionäre Ehrgeiz, den islamischen Funktionären zu gefallen.

Pope Francis (R) talks with Egyptian Grand Imam of al-Azhar Mosque Sheikh Ahmed Mohamed al-Tayeb (L) during a private audience at the Vatican on May 23, 2016.

© Max Ross/AFP/Getty Images

Weihnachten ist traditionell ein Fest, an dem sich zahllose mehr oder weniger Berufene genötigt fühlen, ihre Weltsicht zu verkünden. Ein heiliges Fest der Christen, die – um an dieser Stelle jenen etwas Gedankenhilfe mit auf den Weg zu geben, für die Weihnachten nur noch eine große Party des Geschenkeverteilens ist – an diesen Tagen die Geburt ihres Messias als künftiger Verkünder einer Religion der Liebe feiern. Welches wiederum bedingt, dass im Mittelpunkt der wohlfeilen Worte die Liebe unter den Menschen stehen soll.

Kein Jesus-Monopol

So fühlten sich nun auch dieser Tage zahlreiche Berufene verpflichtet, ihre Sicht der Dinge mehr oder weniger Liebe-voll unter das Volk zu bringen. Und die damit einmal mehr fast schon klassische Weihnachtsmärchen erzählten – zumeist mit wenig Bezug zum eigentlichen, bereits über 2.000 Jahre zurückliegenden Anlass, sondern geprägt von zutiefst tagespolitischen Ereignissen.

Tatsachen zur Kenntnis nehmen
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Da ist Pierbattista Pizzaballa, seit dem 24. Juni 2016 als Bischof von Jerusalem Leiter des Lateinischen Patriarchats und damit der Stellvertreter des Stellvertreter Christi auf Erden in der mittlerweile vermutlich nach Rom nur noch zweit- oder nach Bethlehem drittwichtigsten Stadt der Christen. Dieser Mann, dessen Name auf deutsch recht profan Pizzahaufen lautet, stammt aus dem italienischen Bergamo, ist Franziskaner und Großkreuz-Konventualkaplan des Malteserordens, war Professor für Hebräisch und Judaismus in Jerusalem und geistiger Vater der hebräisch-sprachigen Katholiken. Gegenwärtig ist er der wichtigste Mann des Vatikans an der Wirkungsstätte Jesu.

Pizzaballa nun wusste festzustellen: „Jerusalem ist eine Stadt des Friedens. Es gibt keinen Frieden, wenn jemand ausgeschlossen wird. Jerusalem ist unsere Mutter. Sie liebt alle ihre Kinder. Wenn ein Kind fehlt, dann kann die Mutter nicht in Frieden leben.“ Und in Richtung Washington fügte er hinzu: „Niemand hat ein Monopol auf Jesus – nicht einmal die Evangelikalen.“

Nun ja – dass manche Katholiken immer noch mit den vorrangig in der Neuen Welt angesiedelten protestantischen Sekten fremdeln, ist nicht neu. Und wenn dann bei der Predigt noch der muslimische Judenhasser und Möchtegern-Präsident Abbas zugegen ist, dann dürfen Pizzaballas Einlassungen getrost als vorauseilender Gehorsam in Richtung auf die musilimisch-arabische Übermacht verstanden werden. Denn die Christen, die viele Jahrhunderte die Verwaltung über Stadt und Land innehatten, sitzen angesichts muslimischer Übermacht und israelischer Herrschaft zwischen allen Stühlen sitzen und haben sich in über tausend Jahren islamischer Oberhoheit daran gewöhnt, bestenfalls geduldet zu sein.

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Dabei ging es den Christen seit Jahrhunderten im Heiligen Land nicht so gut wie gegenwärtig. Der Staat Israel garantiert ihre wie der Muslime Glaubensrechte und akzeptiert, dass die Glaubensgemeinschaften ihre heiligen Stätten eigenverantwortlich verwalten. Weshalb der Bischof von Jerusalem eigentlich auch wissen müsste, dass weder Trump noch Netanjahu „jemanden“ – gemeint waren wohl die Anhänger Mohameds – ausgeschlossen hat. Jeder Muslim hat das Recht, in seinen Jerusalemer Tempeln zu beten. Es sei denn, er verbarrikadiert sich in diesen und greift israelische Ordnungskräfte oder jüdische oder christliche Pilger an. In solchen Fällen endet dann die Selbstverwaltung, was durchaus nachvollziehbar ist.
Der Papst und das „Weltbürgerrecht“

Pizzaballa lag dennoch ganz auf der Linie seines Chefs in Rom, der ebenfalls das Ressort wechselte und vom Glaubensmann zum Weltpolitiker wurde: „Jesus wurde geboren, um uns allen (gemeint war die Menschheit in Gänze) ein Bürgerrecht zu geben.“

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Da muss Franziskus allerdings etwas missverstanden haben. Jesus hat nicht an einer einzigen, bekannten Stelle ein Weltbürgerrecht gefordert. Ganz im Gegenteil hat er diesen weltlichen Aspekt menschlicher Verwaltung immer dem römischen Kaiser zugebilligt. Warum? Zum einen, weil er sich ein „Weltbürgerrecht“ überhaupt nicht vorstellen konnte – zum anderen, weil ihn ein weltliches Bürgerrecht überhaupt nicht interessierte. Denn im Gegensatz zu jenen Welt- und Regionalpolitikern, die die katholische Kirche gegenwärtig vorzuweisen hat, war Jesus tatsächlich ein Mann Gottes. Wie sich jemand weltlich organisierte, interessierte ihn nicht. Er erwartete lediglich das Menschenrecht, dass seine jüdischen Mitbürger ungehindert durch den eigenen Klerus und durch die römische Administration ihre Gottesvorstellungen leben konnten. Deshalb nahm der Wanderprediger die Sünden der Menschheit, derer es seinerzeit nicht weniger gab als heute, auf sich. Er wollte die Sündigen zu unschuldigen Kindern machen, um ihnen so den Weg zum göttlichen Himmelreich zu ebnen.  Das alles aber war etwas, das sich um weltliche Tagespolitik nicht im Geringsten kümmerte. Und das war auch gut so, denn hätte sich Jesus als Prediger eines anti-römischen Kampfes um die Staatsmacht präsentiert, hätten seine Vorstellungen kaum 2.000 Jahre überlebt.
Jerusalem und der Status Quo

Bemerkenswert ist insofern auch die Einlassung von Mishil Sabach, 1933 in Nazareth geborener Araber, Katholik und Amtsvorgänger von Pizzaballa. Er forderte, der „Status Quo von Jerusalem“ müsse gewahrt bleiben. Wollte er sich damit der Position Trumps anschließen, der schließlich genau dieses getan hatte? Mitnichten – denn wie Pizzaballa lebt Sabach in einem Paralleluniversum, in dem Jerusalem muslimisch-arabisch ist.

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Das mit dem Status Quo hatte auch der evangelische Bruder im christlichen Geiste, Munib Junan, nicht verstanden. Der 1950 in Jerusalem geborene Araber war lange Jahre Präsident des Lutheranischen Weltbundes und – was Pizzaballa offenbar verborgen geblieben ist – Bischof der Evangelikalen Lutheranischen Kirche in Jordanien und dem Heiligen Land. Stellen wir fest: Der oberste Katholik im Heiligen Land spricht dem obersten Lutheraner das Jesus-Monopol ab. Das allerdings hatte Junan doch gar nicht eingefordert, sondern sich in Wortwahl und Sache dem judenfeindlichen Sabach angeschlossen.
Das christliche Stockholm-Syndrom

Der 1965 im israelischen Galilea geborene Nizar Hanna, der als Theodosius von Sebastia griechisch-orthodoxer Erzbischof von Jerusalem ist, nahm ebenfalls eine anti-israelische Haltung ein und bezeichnete Trumps Erklärung als „Beleidigung und Angriff auf die Bevölkerung, für die Christen wie die Muslime, die Jerusalem als Heiligtum ihrer nationalen und religiösen Traditionen betrachten“.

Es ist schon erstaunlich, wie sich ein Vertreter jener Kirche, die von den Kämpfern Mohammeds erst aus ihren Ländern entlang Nordafrikas und Palästinas vertrieben worden waren und dann sogar ihre Metropole Konstantinopel gegen die brandschatzenden Horden des Islam verloren, sich zum Sachwalter seiner Peiniger macht. Stockholm-Syndrom dürfte dafür vermutlich die korrekte Bezeichnung lauten. Was dann auch erklären könnte, weshalb ausgerechnet byzantinische Christen, die unter dem Islam noch mehr gelitten haben als ihre orientalischen Glaubensbrüder, den Schulterschluss mit den Mohamedanern suchen.

„Trump hat Weihnachten gestohlen“

Mitri Rahab, ebenfalls ein Evangelikaler im Heiligen Land, wollen wir nicht unterschlagen. Der ist zwar „nur“ Pastor in Bethlehem, damit aber letztlich zuständig für eine der wichtigsten Stätten der Christen, befand sich doch dort der Stall, in dem der kleine Jesus das Licht der Welt erblickt und ihm von persischen Gelehrten gehuldigt worden sein soll.

Dieser 1962 in seiner heutigen Wirkungsstätte geborene Araber, der seine Bildung zwischen 1980 und 1988 in evangelischen Kaderschmieden in Niedersachsen und Marburg erhielt, findet gar, dass Trump dem Heiligen Land die Weihnachtsfeier gestohlen habe.

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Trump also bedeutsamer als Jesus? Denn anders kann es ja nicht sein, wenn ein auf vier Jahre gewählter US-Präsident eine „Feier“ stehlen kann, die doch seit 2.000 Jahren das Kernanliegen aller Christen ist. Vermutlich doch eher nicht – und nur ein weiteres Mosaiksteinchen in den Heiligenbildchen der islamisierten Christenheit im Vorderen Orient. Einfach nur eine Solidaritätsadresse an die eigenen Kirchgänger, für die das alljährliche Pilgerfest westlicher Wohlstandschristen ein steter Quell fließender Einnahmen war – und deren diesjähriges Geschäft nun ein wenig beschädigt wurde, weil ihre muslimischen Nachbarn meinten,  mit ihrem pseudoreligiös begründeten machtpolitischen Anspruch auf die Heilige Stadt die Unruhen organisieren zu müssen, die den einen oder anderen Gläubigen davon abgehalten  haben mögen, dieses Weihnachtsfest an den Wirkungsstätten Jesu zu verbringen.
Dennoch friedliche Weihnachten

Gleichwohl – auch das soll nicht unterschlagen werden: Insgesamt ging es in diesem Jahr an den Pilgerorten überaus friedlich zu. Was vermutlich der arabischen Einsicht, dass ein christlich gefülltes Geldsäckel einem mohamedanisch-ideologischen Traumbild allemal vorzuziehen ist, ebenso geschuldet ist wie der Präsenz unruheerprobter, israelischer Sicherheitskräfte. Denn die haben auch 2017 wieder einmal dafür gesorgt, dass die in ihrem Land liegenden Glaubensstätten jedem zugänglich sind, der sie friedlich besuchen möchte.

Und insofern ist man dann doch geneigt, sich Sabach und Junan anzuschließen und allen Weihnachtsmärchen zum Trotz sich nichts sehnlicher zu wünschen, als dass der Status Quo der weltlichen Herrschaft Israels über die Heiligen Stätten von Juden, Christen und auch Muslimen möglichst ewiglich währen möge. Nie zuvor in der Geschichte war es den Gläubigen all dieser Welterklärungsmodelle möglich, derart ungehindert und geschützt diese Stätten zu besuchen.

Möge dieser Zustand so bleiben und mögen die Prediger des Anti-Israelismus endlich begreifen, dass ihre Zuständigkeit nicht die von dieser Welt ist, sondern die ihres himmlischen Herrn. Wer Religion missbraucht um damit seine politischen Ziele zu begründen, der vergeht sich an seinem Gott und trägt ihn zu Grabe. Egal, ob er das im Namen Jahwes, des Herrn oder Allahs tut.