Tichys Einblick
Ende des Quotenunsinns?

Das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichts gegen das Paritätsgesetz ist historisch

Immerhin steht nun für die Geschichtsbücher unverbrüchlich fest: Im Sommer 2020 wollten SPD, Grüne und die Linke mit dem Paritätsgesetz einen Verfassungsbruch durchsetzen.

imago images / Jacob Schröter

Das Thüringische Landesverfassungsgericht hat mit einem Mehrheitsvotum von  sechs verfassungstreuen Verfassungsrichtern gegen drei dem Quotenunsinn einen Riegel vorgeschoben. Geschlechterquoten sind neben der ständigen Erweiterung der politischen Landschaft durch sogenannte Nichtsregierungsorganisationen (NGO), die ohne demokratische Legitimation mittlerweile bei vielen Entscheidungen der Politik maßgeblich mitreden, ein entscheidendes Instrument der Verabschiedung der repräsentativen Demokratie. Mit ihnen fällt es leichter, statt des Bürgerwillens den Organisationswillen durchzusetzen.

Was ist geschehen? Das thüringische Landesparlament hatte mit den Stimmen der Koalition aus SPD, Grünen und Kommunisten ein Gesetz beschlossen, das die zu den Landtagswahlen antretenden Parteien zwingen sollte, ihre Landeslisten „paritätisch“ abwechselnd mit Männern und Frauen zu besetzen. „Diverse“ sollten das Recht erhalten, an jeder beliebigen Stelle zu kandidieren.

Während die thüringische CDU unter dem Druck Merkels nicht den Mumm hatte, diesen eklatanten Angriff auf den Artikel 3.3 des Grundgesetzes („Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“) anzugreifen, zog die AfD vor das Landesverfassungsgericht. Das nun verkündete am 15. Juli sein Urteil – es gab der Klage der AfD recht.

Das Urteil ist unmissverständlich: „Das Siebte Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes-Einführung der paritätischen Quotierung vom 30.Juli2019 (GVBl.2019,S.322) ist nichtig.“ Die Kosten, die der AfD durch die Klage entstanden sind, hat das Land Thüringen zu tragen.

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In seiner Urteilsbegründung stellt das Gericht fest: „Das Paritätsgesetz widerspricht der Thüringer Verfassung und dem hineinwirkenden Bundesverfassungsrecht. Durch dieses Gesetz wird in verfassungsrechtlich verbürgte subjektive Rechte eingegriffen, ohne dass diese Beeinträchtigungen auf eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung gestützt werden können. Das Paritätsgesetz beeinträchtigt das Recht auf Freiheit und Gleichheit der Wahl (Art.46 Abs.1 ThürVerf) sowie das Recht der politischen Parteien auf Betätigungsfreiheit, Programmfreiheit und Chancengleichheit (Art.21 Abs.1 GG)“.

Kurz: Die Volksfrontmehrheit im Thüringer Landesparlament hatte ein in jeder Hinsicht verfassungswidriges Gesetz beschlossen.

Die Transformation muss eine Pause einlegen

In seiner Relevanz kann dieses Urteil nicht hoch genug gewertet werden. Das Oberste Gericht des Landes Thüringen hat jenen einen Riegel vorgeschoben, die letztlich versuchen, das bürgerliche Verfassungsmodell der parlamentarischen Repräsentation abzuschaffen und durch räterepublikanische Instrumentarien nach kommunistischem Kaderprinzip zu ersetzen. Nicht Gesetze oder Parteien bestimmen darüber, was der Wähler zu wählen hat, sondern ausschließlich dieser selbst.

Die 62 Seiten umfassende Urteilsbegründung gibt eine Richtung vor, an der künftig andere Verfassungsgerichte, inklusive das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, nicht mehr vorbeigehen können, wollen sie nicht die Richter in Weimar selbst zu Verfassungsfeinden erklären. Die permanenten Versuche, das repräsentative Modell durch Teilgruppenvertretungen zu ersetzen, dürften damit erst einmal eine Pause erfahren.

Ausgerechnet der AfD wird Verfassungstreue bescheinigt

Was jedoch an diesem Urteil im tagespolitischen Geschäft fast noch bedeutsamer ist: Mit seinem Urteil hat das Landesverfassungsgericht letztlich bescheinigt, dass die AfD im Thüringischen Landtag die einzige dort vertretene Fraktion ist, die in dieser Frage auf dem Boden der Verfassung steht. Ausgerechnet Thüringen, deren Landtagsfraktion von jenem Mann geführt wird, den der Verfassungsschutzpräsident wegen behaupteter, verfassungsfeindlicher Tendenzen unter Beobachtung gestellt hat.

Das kann und wird vielen überhaupt nicht gefallen. Neue Versuche zur Veränderung der repräsentativen Ordnung sind zu erwarten. Denkbar wäre etwa der Versuch, einmal mehr die Verfassung selbst zum Organ der Verfassungsüberwindung zu machen. Sollte dabei wieder einmal nur die AfD gegenhalten wollen und die CDU, die in ihrer internen Struktur letztlich ebenfalls dem Verfassungsbruch das Wort redet, indem sie innerparteiliche Freiheit abschaffen und radikale Quoten verbindlich machen will, dabei weiterhin an der Seite der linken Parteien stehen, wird die Transformation der Republik über den legalisierten Bruch der Verfassung trotz des Weimarer Richterspruchs nicht aufzuhalten sein. Immerhin jedoch steht nun für die Geschichtsbücher unverbrüchlich fest: Im Sommer 2020 waren SPD, Grüne und Kommunisten Parteien, die den Verfassungsbruch durchsetzen wollten. Für spätere Generationen mag das vielleicht irgendwann einmal Bedeutung haben.

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