Tichys Einblick
METZGERS ORDNUNGSRUF 31-2020

Die Fed auf dem Weg von der Marktwirtschaft in die Notenbankwirtschaft

Auch die US-Notenbank kauft jetzt direkt Unternehmensanleihen und beeinflusst so die Refinanzierungskosten privater Unternehmen: Marktwirtschaft ade! Die Börsen haben sich auf den Interventionismus der Notbanken bereits eingestellt.

imago images / Xinhua

Die US-Notenbank Fed hat mit direkten Käufen von Unternehmensanleihen jetzt Neuland betreten. Denn damit nimmt sie direkt Einfluss auf die Finanzierungskosten von privaten Unternehmen. Dadurch verzerrt sie den Wettbewerb, verlässt den neutralen geldpolitischen Rahmen und entscheidet aktiv, zu welchen Konditionen welche Unternehmen am Bondmarkt Kapital aufnehmen können. In anderen Währungsräumen, auch im Euro-Raum durch die EZB, wird diese Aushöhlung marktwirtschaftlichen Wettbewerbs schon länger praktiziert. Doch wie unaufgeregt die Wallstreet und ihre Akteure auf diese Öffnung der Büchse der Pandora reagieren, belegt einmal mehr, wie weit sie sich an den Interventionismus der Notbanken bereits gewöhnt haben.

Rechtlich stützt sich die Fed bei ihren Maßnahmen auf eine Klausel im Notenbankgesetz, die „Section 13 (3)“ des Federal Reserve Act. Sie datiert auf die Krisenjahre nach der Weltwirtschaftskrise 1929 und wurde 1932 unter Präsident Herbert Hoover in Kraft gesetzt. Sie räumte der Notenbank das Recht ein, in Krisenzeiten direkt Kapital an Banken und Nichtbanken zu verleihen. Auf diesen alten Paragraphen gestützt mobilisierte die Fed unter ihrem Präsidenten Ben Bernanke nach der Finanzkrise 2008 Milliardensummen, um den Kursverfall der verbrieften und weitgehend wertlosen Hypothekaranleihen zu verhindern. Damals gab es an dieser Fed-Entscheidung breite Kritik, weil sie von vielen Wallstreet-Analytikern als massive Marktverzerrung eingestuft wurde. Als sich der aktuelle Fed-Chef Jerome Powell nach dem Ausbruch der Corona-Krise ebenfalls auf diese „Section 13 (3) besann und die Kapitalmärkte mit Abermilliardenkäufen stützte, gab es so gut wie kein kritisches Echo mehr. Parallel hatte der US-Kongress auch noch die Befugnisse der Notenbank mit dem Cares-Act ausgeweitet. Jetzt darf die Notenbank auch direkt am Markt für Unternehmensanleihen tätig werden. Zur historischen Einordnung: Noch nie außer während des II. Weltkriegs hat die US-Notenbank einen so direkten Einfluß auf die privaten Kapitalmärkte genommen.

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Wie sehr die Finanzmärkte heute an der Nadel der Notenbank-Interventionen hängen, zeigen nicht nur die Aktienkurse, die scheinbar ungetrübt von der globalen Corona-Rezession Kursfeuerwerke zünden. Es zeigt gerade auch das Beispiel der verbrieften Hypothekaranleihen und ihrer Käufe durch die Fed. Obwohl sie sich 2008 möglichst schnell wieder von dieser Intervention verabschieden wollte, bleibt die Fed auch heute, da dieser Markt wieder zu funktionieren scheint, dort engagiert. Aus einer Notfallhilfe resultiert also faktisch schon ein zwölfjähriger Dauerzustand. Ähnliches befürchten kritische Zeitgenossen auch beim neuen Interventionsgenre Unternehmensanleihen. Eine glaubwürdige Ausstiegs-Strategie scheint nicht mehr möglich. Denn sobald die Notenbanken ihre schützenden Hände zurückziehen respektive ihre Zigmilliarden-Interventionen abbauen, drohen die „abhängigen“ Märkte zu kollabieren.

So degenerieren auch die als „lender of last resort“ apostrophierten Notenbanker mit ihrer Hilfe letztendlich die Basis einer auf Wettbewerb und Leistung aufbauenden marktwirtschaftlichen Ordnung. Ähnlich abhängig ist auch die Politik von den Notenbanken geworden. Ohne die Nullzinsmanipulationen der Geldpolitik könnten sich Politiker weltweit nicht immer stärker in einer Schuldenwirtschaft einrichten, als ob es kein Morgen gäbe. Doch der Krug geht nur so lange zum Brunnen, bis er bricht. Eine Notenbankwirtschaft ist genauso wenig nachhaltig wie eine Schuldenwirtschaft. Wenn diese Illusionsblase platzt, dann implodiert das Kartenhaus.

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