Tichys Einblick
Weil nicht sein kann, was nicht sein darf

Wie die Tagesschau eine Corona-Studie uminterpretiert

Eine großangelegte Corona-Studie aus Sachsen hat kein Infektionsrisiko an Schulen festgestellt. In der ARD-Tagesschau wird sie so dargestellt, dass die Furcht vor dem Schulbeginn in zahlreichen Ländern weiterwirkt.

Screenprint: ARD/Tagesschau

Sicher ist die Corona-Gefahr noch nicht gebannt. Mit steigenden Infektionszahlen durch die Urlaubsreisezeit haben Experten gerechnet. Allerdings bleibt eine bedrohliche Lage „mit explodierenden Zahlen weltweit“, wie etwa von der Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnenmacher (Grüne) behauptet, vor allem in Ostdeutschland trotz voller Strände und Badeorte bislang völlig aus. Umso auffälliger die politischen und medialen Bestrebungen, die Angstkurve möglichst hoch zu halten.

Auch Kinder geraten jetzt wieder ins Visier der Angstverbreiter vor allem in den Medien. Die Ferien gehen vielerorts zu Ende und der Schulunterricht soll wieder beginnen. Grund genug für die ARD-Tagesschau Anfang der Woche um 20 Uhr in einem langen Beitrag darüber zu berichten, welche Corona-Schutzmaßnahmen an den Schulen jetzt notwendig seien.

Der eigentliche Knaller ist allerdings der Bericht über eine großangelegte Corona-Studie in Sachsen der Leipziger Universität, die über zwei Monate (Mai/Juni) nämlich kein Corona-Risiko an Schulen feststellte. „Die akute Ansteckung lag bei null“, erläutert Professor Wieland Kiess vom Leipziger Universitätsklinikum das Ergebnis. Obendrein leiden Kinder inzwischen an der angeordneten Schulferne. „Drei Viertel sagten von sich aus, ich möchte bitte wieder in die Schule gehen,“ betont Kiess. Sein Fazit: Schulschließungen schaden denen massiv, „die sowieso wenig an Bildung teilhaben“. An den Untersuchungen waren Grundschulen und weiterführende Schulen in Leipzig, Dresden, Zwickau sowie Borna und Werdau beteiligt.

Kein Infektionsrisiko an Schulen

Danach hatte keine einzige der rund 2.600 Testpersonen eine aktive Infektion. Antikörper gegen SARS-CoV-2 konnten lediglich bei 14 Probanden festgestellt werden. Insgesamt hatte ein Team von Wissenschaftlern 2.687 Probanden untersucht: 1.884 Schülerinnen und Schüler sowie 803 Angestellte in 18 Schulen in fünf sächsischen Städten. Von diesen ließen sich 2.599 auf eine aktive Infektion mittels Rachenabstrichs und 2.344 auf eine bereits abgelaufene COVID-19-Erkrankung mittels Blutentnahme testen, berichtete immerhin der MDR dieser Tage.
Bereits Mitte Juli hatte die TU Dresden in einer vergleichbaren Studie festgestellt, dass sich sächsische Schulen nach der Wiedereröffnung keine Hotspots für Corona-Infektionen sind. Die Forscher im Mai und Juni 2.045 Blutproben aus Dresdner Schulen und Schulen im Landkreis Bautzen untersucht.

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Die Leipziger Wissenschaftler um Kiess stellten sogar fest: „Es gibt zum aktuellen Zeitpunkt keinen Hinweis darauf, dass Kinder und Jugendliche besonders häufig den SARS-CoV-2 in sich tragen oder getragen haben. Es scheint sogar eher so, dass sich Kinder im Vergleich zu Erwachsenen seltener infizieren.“ Das Ergebnis ist daher ein Schlag ins Gesicht für Merkels Hofvirologen Christian Drosten von der Berliner Charité, der Kinder an Schulen und Kitas in Gefahr sieht.

Die Medienberichte zu der Studie aus Sachsen sprechen zudem Bände. Obwohl sie eine harsche Abrechnung für Merkels Experten Drosten sind, findet sich kaum ein Hinweis auf die Debatte von kritischen Virologen mit dem Bundesvirologen in der Presse.

Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) hingegen sah die Ansicht seiner Regierung durch die Studie bestätigt, dass Kinder kaum „an der Verbreitung des Virus“ beteiligt sind. „Es ist deswegen richtig, Schulen und Kitas zu öffnen. Natürlich gibt uns das auch Rückenwind, bei der Diskussion, die wir deutschlandweit haben, im Herbst die Schulen im Regelbetrieb zu öffnen,“ stellte Piwarz klar.

Soviel Corona-Realismus passt der Tagesschau aber offenbar ganz und gar nicht.
„Keine Infektionsgefahr an Schulen“, hätte die Überschrift für den ARD-Bericht zu der Studie eigentlich heißen müssen. Das geht in den Hamburger Redaktionsstuben selbstverständlich nicht. Die Hauptnachrichtensendung des Ersten suggeriert am Montagabend im Hintergrundbild sogar das Gegenteil: „Infektionsgefahr an Schulen“.

Framing wird zum Rundfunkprogramm

Das Schlimme: Wer nur schnell hingeschaut hat oder kurz in die Küche gegangen ist, und den nachfolgenden Beitrag nicht genau verfolgt, wird so in die Irre geführt. Der eilige Zuschauer glaubt nun: Es herrsche eine Infektionsgefahr an Schulen, und das zu einer Zeit, wo zahlreiche Bundesländer nach den Ferien wieder mit dem Regel-Unterricht an Schulen beginnen wollen.

Wenn Eltern jetzt nicht Angst bekommen, wann dann? Obendrein bleiben visuelle Botschaften viel stärker haften als gehörte.

Nein, nicht wieder
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Eine Nachrichtenpanne? Wohl kaum. Denn so viel Framing dürfte kein Zufall bei der ARD-Tagesschau sein, die schon öfter mit Manipulationen in Wort und Bild aufgefallen ist. Framing oder to frame leitet sich aus dem Englischen ab und bedeutet im engeren Sinne „einrahmen“. Ein sogenannter Frame formt die Wahrnehmung der Realität auf eine beabsichtigte Deutung der Dinge und beeinflusst so, welche Informationen bei Zuschauern, Zuhörern oder Lesern hängen bleiben.

Die ARD hatte Anfang 2019 bei einer Sprachwissenschaftlerin sogar ein „Framing-Manual“ in Auftrag gegeben, um sich beraten zu lassen, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch Erkenntnisse der Framing-Theorie kommunizieren kann. Man könnte auch sagen, wie man Nachrichten im Sinne des sogenannten Haltungsjournalismus manipulieren kann.

Tichys Einblick hatte bereits im Februar 2019 berichtet, wie deutsche Rundfunkanstalten bestimmen möchten, was Wahrheit ist: ARD: die dunkle Seite der Propaganda.

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