Tichys Einblick
Wer nicht steht – fällt

FDP-Krise: Jetzt sind beide Augen blau

Eine erneute liberale Wahlniederlage in Hamburg ist die Quittung für Feigheit vor dem politischen Gegner. Die FDP-Führung hat Angst. Sie entschuldigt sich für demokratische Wahlen in Parlamenten, deren Rückabwicklung eine Kanzlerin aus dem Ausland anordnet. Die Folge: Wer nicht steht – fällt.

imago images / Andre Lenthe

Eine erneute liberale Wahlniederlage in Hamburg ist die Quittung für Feigheit vor dem politischen Gegner. Die FDP-Führung hat Angst. Sie entschuldigt sich für demokratische Wahlen in Parlamenten, deren Rückabwicklung eine Kanzlerin aus dem Ausland anordnet. Die Folge: Wer nicht steht – fällt.

Der FDP-Jubel über die Fünf-Prozent-Prognose ist verhalten, denn am Ende verliert die FDP unterm Strich die nächste Wahl. „Das ist für die Freien Demokraten eine Niederlage, wir haben uns ein besseres Wahlergebnis erhofft“, räumt Parteichef Christian Lindner frühzeitig ein. Statt 7,4 Prozent wie 2015 landet die FDP ganz knapp auf der Kante bei fünf – ein Minus von 2,4 Prozent. Sie muss anders als die AfD bis zum vorläufigen amtlichen Endergebnis am Montagabend weiter zittern.

In einem Wahllokal kamen die Liberalen nach der vereinfachten Auszählung am Sonntagabend auf 22,4 Prozent, die Grünen hingegen nur auf 5,1 Prozent. Hamburgweit war das Ergebnis umgekehrt ausgefallen. Sollte es hier eine Verwechslung gegeben haben, würden auf die FDP 423 Stimmen weniger entfallen als bisher angenommen. Nach den vorläufigen Zahlen liegt sie nur um 121 Stimmen über der Fünf-Prozent-Hürde liegt. Die FDP würde also aus der Bürgerschaft fliegen.

Die Hamburger Niederlage steht für den Schlingerkurs der FDP und die Fortsetzung einer ganzen Serie von verlorenen Wahlen im vergangenen Jahr. Kaum Profil, keine klaren Kanten.

Die FDP-Führung wollte nach der Absage der Jamaika-Koalition im Bund die grünaffinen Medien mit einem Schwenk zum politischen Mainstream links der Mitte milde stimmen. Doch das finden viele FDP-Wähler gar nicht gut. Fünf verlorene Wahlen und ein blaues Auge in Thüringen sind die Quittung. In Bremen reichten nach Verlusten und trotz guter Spitzenkandidatin nur 5,9 Prozent für den Wiedereinzug ins Parlament. Die EU-Wahl endete mit mickrigen 5,4 Prozent in einer Blamage. Über zehn Prozent war das Ziel gewesen. In Brandenburg und Sachsen scheiterten die Liberalen an der Fünf-Prozent-Hürde. In Thüringen werden sie, sollte es zu Neuwahlen kommen, 2021 wie jetzt möglicherweise auch in Hamburg wohl wieder aus dem Parlament fliegen. Im Schnitt der Bundesumfragen liegt die FDP nur noch bei rund sieben Prozent. Parteichef Christian Lindner muss jetzt die nächsten Wochen um sein politisches Überleben kämpfen. Er muss sich schon am Wahlabend vor Kameras rechtfertigen: „Ich habe nicht laviert.“

FDP-Trost kann auch nicht das schlechteste Hamburger CDU-Ergebnis aller Zeiten sein. Natürlich seien die Thüringer Verhältnisse an allem Schuld, wird nach dem Wahldesaster von Hamburg in FDP-Führungskreisen verbreitet. AfD-Stimmen für einen FDP-Ministerpräsidenten, das geht ja gar nicht. Nach dem „Fiasko von Erfurt“ seien „natürlich viele Wähler irritiert gewesen“, räumt Parteichef Lindner ein. Ja, so kann man sich vermeidbare Niederlagen rein reden. Doch es gibt wie immer im Leben noch eine andere Art Sicht der Dinge. Wankelmut ist der Grund für die Schlappe. Schließlich hat das Umfallen des FDP-Chefs den eingetretenen Schaden vergrößert und nicht verringert.

Mit welchen Mitteln und Tricks an allen Fronten gearbeitet wird, müsste Lindner an diesem Wahlabend endlich klar geworden sein. Die Staatsmedien von ARD und ZDF prognostizierten um 18 Uhr das Ausscheiden der AfD mit 4,7/4,8 Prozent unter lautem Hintergrundjubel im ARD-Redaktionsbereich. Der FDP wurde mit fünf Prozent das Ausscheiden angedroht. Nichts von dem wurde wahr. Doch die AfD-Politiker wurden so von den TV-Diskussionsrunden ausgeschlossen, da sie ja vermeintlich nicht mehr der Hamburger Bürgerschaft angehörten. Die FDP-Politiker durften als „Thüringen-Verantwortliche“ zum öffentlich-rechtlichen Abwatschen noch dabeistehen. Ein statistischer Zufall? Wohl kaum. Die AfD schneidet zwei Stunden später nach der Statistik des Hamburger Wahlleiters mit 5,6 Prozent (siehe Grafik) fast einen Punkt besser oder fast 20 Prozent besser ab. Am Ende sind es wohl 5,3 Prozent. Obendrein landet die AfD anders als vorhergesagt noch vor der FDP. Zudem erreichten die Grünen beim Hamburger Wahlleiter weniger Prozente. Wie soll man solche Abweichungen von ARD und ZDF nennen? Manipulation? Die Sender werden schon diverse Ausreden für ihre Fehlprognosen finden. Jetzt sollen es angeblich bei der AfD mehr Briefwähler gewesen sein. Das ist für deren Wähler jedoch völlig untypisch.

Keine Partei und keine Kanzlerin hat immer recht

Freiheit und bürgerliche Weltoffenheit währten leider nur ein paar Stunden in der FDP-Spitze. Nach der überraschenden Wahl des Liberalen Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen am 5. Februar erklärte FDP-Chef Christian Lindner noch mit Respekt vor dem demokratischen Ergebnis: „Thomas Kemmerich ist heute in Thüringen gegen einen Kandidaten der AfD und gegen einen Kandidaten der Linkspartei angetreten. Er hat damit das Signal verbunden, dass auch die politische Mitte im Parlament vertreten ist, nachdem die Union auf einen Kandidaten verzichtet hat.“ Mehr noch: „Im Landtag ist er als Kandidat der Mitte angetreten und wurde zum Ministerpräsidenten gewählt. Es ist nachvollziehbar, dass die Union ihn unterstützt hat.“ Die Unterstützung der AfD sei hingegen überraschend und nur rein taktisch motiviert. Genauso kann man es machen, aber dann muss die FDP-Spitze auch zu einer bürgerlichen Minderheitsregierung ohne AfD stehen. Gemeinsam gegen einen linksgrünen Proteststurm, der nur ein abgewähltes rot-rot-grünes Regierungsbündnis wieder an die Macht bringen will.

Eine Frage der Haltung: Wer nicht steht, fällt um

Doch FDP-Chef Lindner fällt lieber um, folgt brav den Weisungen der CDU-Kanzlerin. Angela Merkel hatte aus Südafrika nach der Wahl des Liberalen Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten mit einem Diktat angeordnet: „Das Ergebnis muss rückgängig gemacht werden.“ Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Gleich am Tag danach eilte Lindner sofort persönlich nach Erfurt, um die Anordnung der Kanzlerin umzusetzen, und die demokratische Wahl eines FDP-Regierungschefs rückgängig zu machen. Ohne viel Worte habe Lindner seinen Parteifreund und Ministerpräsidenten gleich zu Beginn der Begegnung ein Ultimatum gesetzt, berichten Thüringer FDP-Kreise. „Machen wir es kurz: Entweder trittst Du als Ministerpräsident zurück oder ich als Vorsitzender.“ Wie auf dem Bolzplatz voll im eins zu eins und „mutig“ gegen einen Landespolitiker – du oder ich.

Damit nicht genug: Das Krisenmanagement der FDP-Führung gipfelt dann noch in der eigenen Demütigung. Lindner entschuldigt sich im Bundestag am 13. Februar dafür, dass ein Ministerpräsident der Mitte, ein anständiger FDP-Politiker in einem demokratischen Akt überraschend gewählt wurde.

Gut eine Woche nach der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringer Regierungschef mit Stimmen der AfD hat der Bundestag in einer emotionalen Debatte erneut über das Thema diskutiert. Dabei entschuldigte sich FDP-Chef Lindner auch noch für die Vorgänge rund um die Wahl. „Wir sind beschämt“, weil man der AfD ermöglicht habe, die FDP und darüber hinaus die Demokratie zu verhöhnen, bat Lindner in einer Aktuellen Stunde für die Wahl Kemmerichs um Verzeihung. „Dafür entschuldige ich mich namens der Freien Demokraten“, versicherte Lindner. Eine „Winselrede“ nennen altgediente Freidemokraten seinen Offenbarungseid im Bundestag. Andere spotten: Lindner könne fortan aufrecht unter einer Limbo-Stange durch gehen.

Außerdem jammerte der FDP-Chef im Bundestag, die FDP habe sich doch ihrer Verantwortung gestellt. „Erfurt war ein Fehler, aber wir unternehmen alles, damit er sich nicht wiederholen kann.“

Kurz: Die FDP erklärt sich für schuldig und erniedrigt sich selbst. Darüber können SPD und Grüne, ja auch die SED-Erben laut lachen. Für ihr rot-grünes Paktieren nach dem Untergang der SED-Diktatur mit den umgetauften knallroten Genossen von der PDS oder dann Linkspartei in Sachsen-Anhalt (1994) oder sogar in der Hauptstadt (2001), haben sie sich nicht entschuldigt. Im Gegenteil: Sie pfiffen wie beim Magdeburger Modell eiskalt auf Versprechen, nicht mit der umbenannten SEDi zu kooperieren.

SPD-Ministerpräsident Reinhard Höppner hatte sich mit einer Wahllüge, indem er sein Versprechen brach, sich nicht mit Stimmen der PDS zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen – dann doch mit den Stimmen der Ex-SED ins Amt hieven lassen.
Aber die demokratische Wahl eines FDP-Kandidaten zum Ministerpräsidenten mit ungewollten AfD-Stimmen wird heute zum Skandal aufgebauscht.

Kein Freidemokrat hinterfragt die Kanzler-Intervention

Kein Freidemokrat, keine deutsche Zeitung, kein deutscher Sender hinterfragt die Kanzlerintervention. Sie nicken alle, denn es herrscht helle Begeisterung vor allem bei den einseitigen Medien über Merkels Entscheidung über das Schicksal eines Bundeslands. Die Kanzlerin hat, wie die Wahl in Hamburg zeigt, das bürgerliche Lager zerstört. Gerade 20 Prozent bleiben noch übrig. Aber es ist immerhin ein Schweizer Blatt wie die Neue Züricher Zeitung, die einen berechtigten und liberalen Blick auf die Dinge wirft: „Ist die Wahl von Thüringen ein Tabubruch, gar ein Skandal? Nein – das ist Demokratie,“ lautete der NZZ-Kommentar. Hier zur demokratischen Erbauung für jeden Liberalen nachzulesen.

Die Stigmatisierung von Andersdenkenden wird wie selbstverständlich hingenommen. Die FDP schwamm einst gegen den Strom – heute schwimmt sie nur noch mit und geht dabei unter. Der jüngst in einem demokratischen Akt gewählte und wenige Tage danach zum Rücktritt gezwungene Thüringer Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) steht rund um die Uhr unter Personenschutz. Seine Familie wird von einem linksgrünen Mob bedroht. FDP-Büros und selbst liberale Kommunalpolitiker sehen sich deutschlandweit Angriffen ausgesetzt, nur weil ein bürgerlicher Kandidat der Mitte mit AfD-Stimmen zum Regierungschef gewählt wurde. Eine FDP-Politikerin in Mecklenburg-Vorpommern musste nach einer Attacke mit Feuerwerkskörpern zusammen mit ihrer Tochter flüchten, teilte die FDP-Bundeszentrale en passant mit. Mahnende Worte der Kanzlerin gegen solche „Hetzjagden“, um den Sprachgebrauch des Kanzleramts aufzugreifen, gibt es nicht. Ein breiter kollektiver FDP-Protest bleibt bis auf ein paar Einzelstimmen und eine Pressemitteilung ebenso aus. Lieber schön in Deckung bleiben.

Zerrissenheit der FDP-Anhänger an den Wahlständen

Bayerns Landtagsabgeordneter und Alterspräsident Helmut Markwort, FDP, bekommt vor der Kommunalwahl am 15. März in Bayern die Spaltung seiner Partei und ihrer Wählerschaft hautnah an den Wahlständen auf der Straße mit. „Im Münchner Kommunalwahlkampf erlebe ich täglich die Zerrissenheit der FDP-Anhänger. Die einen werfen mir vor, dass Kemmerich von der AfD gewählt worden ist. Die anderen beklagen sich bitter, dass die FDP Kemmerich im Stich gelassen hat.“ Selbst der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber ist über die Umfaller an der FDP-Spitze entsetzt.

„Die vorhersehbare FDP-Niederlage in Hamburg geht eindeutig auf das Konto des Parteivorsitzenden Christian Lindner“, urteilt Weißgerber. Lindner hätte sich mit einer FDP-geführten Thüringer Minderheitsregierung der bürgerlichen Mitte Respekt verschaffen können. „Stattdessen entschied er sich feige, seinem Ministerpräsidenten Kemmerich in den Rücken zu fallen.“ Aber die Wähler honorierten den Sieger und nicht den Verlierer im politischen Geschäft, mahnt Weißgerber mit seiner Erfahrung aus 19 Jahren Bundestag. „Die Regierung Kemmerich würde seit Wochen ordentlich arbeiten und hätte in der Öffentlichkeit einen starken freidemokratischen Eindruck hinterlassen“, meint ein „Sozialdemokrat ohne Parteibuch“ (seit einem Jahr), wie Weißgerber sich selber nennt.

Genauso hat es ein FDP-Silberrücken mit Erfahrung zuvor schon gesehen. Parteivize Wolfgang Kubicki gratulierte via dpa zur Wahl eines FDP-Ministerpräsidenten in Thüringen: „Es ist ein großartiger Erfolg für Thomas Kemmerich. Ein Kandidat der demokratischen Mitte hat gesiegt. Offensichtlich war für die Mehrheit der Abgeordneten im Thüringer Landtag die Aussicht auf fünf weitere Jahre (Bodo) Ramelow nicht verlockend.“ Kubicki argumentierte wie Weißgerber: „Jetzt geht es darum, eine vernünftige Politik für Thüringen voranzutreiben. Daran sollten alle demokratischen Kräfte des Landtages mitwirken.“

Bundeskanzlerin Merkel hat dann die Chance für eine bürgerliche Minderheitsregierung der Mitte – ohne AfD – mit ihrem Diktat aus Südafrika skrupellos abgewürgt. Und der FDP-Bundesvorsitzende? Er stand nicht, er fiel beim ersten Wind um. Dabei hätte sich Lindner an eine Lebensweisheit seines Amtsvorgängers Philipp Rösler erinnern können: „Wer sich selbst zum Würstchen macht, braucht sich nicht zu wundern, wenn er verspeist wird.“

Kubicki und manch andere altgediente Freidemokraten haben wie er ziemlich „die Schnauze voll“ vom Intriganten-Stadel in der FDP. Das bringe eine Partei um, kritisierte der Parteivize in der Bundestagsfraktion am 14. Februar nach dem Wahlakt in Thüringen mit gewohnt klarer Kante.

Beliebt in Funk & Fernsehen: Heckenschütze Gerhart Baum

Vielleicht meinte Kubicki damit auch einen altgedienten FDP-Heckenschützen. Denn an der Spitze bei der Selbstzerstörung der FDP findet sich seit Jahrzehnten immer wieder der nun 87-jährige linksliberale Aktivist Gerhart Rudolf Baum. Er hat zwar nichts mehr zu melden, und seit Jahrzehnten wenig politisch auf die Reihe gekriegt, aber in einem ist der Politrentner immer groß: Stets seinem FDP-Chef mit einer in Not geratenen Partei, konsequent über dankbare Medien in den Rücken zu fallen. Angefangen bei Otto Graf Lambsdorff über Guido Westerwelle, Philipp Rösler oder jetzt Christian Lindner – „Parteifreund“ Baum schießt liebend gerne liberal-konservativ gesinnte Parteichefs aus dem Frack. Für Baum trifft ohne Zweifel Konrad Adenauers sarkastische Steigerungsformel innerparteilicher Politik zu: Feind, Todfeind, Parteifreund.

Schließlich besitzt der mitteilungsbedürftige Ex-Bundesminister Baum – heute spöttisch in Reihen der Liberalen bekannt als Aktivist der Bewegung „Opas gegen rechts!“ – neben seinen Heckenschützenfähigkeiten auf die eigenen Linien auch noch den Makel eitler Selbstdarstellungskünste. TE-Autor Stephan Paetow beschrieb Baums jüngsten Auftritt bei Anne Wills kollektiver Selbstverständigungssendung gegen die Wahl eines FDP-Ministerpräsidenten in Thüringen mit AfD-Stimmen süffisant so: „Mit den Worten, die Zivilgesellschaft habe den Dammbruch gestoppt, ‚aber ich auch!‘ forderte schließlich ebenso Gerhard Baum, FDP, die ihm zustehende Anerkennung ein.“

Drei Worte sprechen für Baums Charakter: „aber ich auch.“ Sein öffentlicher Geltungsdrang schadet der FDP seit Jahrzehnten, aber keiner stoppt ihn. So geht es halt wie in Hamburg oder bei eventuellen Neuwahlen in Thüringen weiter bergab. Wer nicht steht, der fällt – so wirkt das Gesetz der Erdanziehungskraft. Leider will Lindners FDP fallen.

Anbiederung an den Mainstream hat ihren Preis

Faire Journalisten und gar Freunde wird die FDP in den Medien nicht mehr finden. Die liberale Anbiederungsaktion an den Mainstream war damit völlig vergeblich. Dabei hatte die FDP-Führung sogar mit Thomas Maron extra einen Pressesprecher aus dem linken Journalistenlager (Frankfurter Rundschau) eingestellt, der jedoch nach gerade zehn Monaten im Amt gleich wieder von der Fahne lief.

Und wie springen die Massenmedien mit der FDP bei der ersten größeren Krise um? Wie immer. Oder um es mit Wolfgang Kubicki zu sagen: „Feuer frei aus allen Rohren!“ Für die FDP gibt es auch unter Soft-Lindner keinen Pardon. Denn es bleibt ein innerer Journalistenauftrag, die Liberalen aus der parlamentarischen Umlaufbahn zu schießen. So kommt nicht nur Grün-Schwarz im Bund an die Macht, sondern vielleicht sogar Rot-Rot-Grün. Die Merkel-CDU tut jetzt alles dafür und liefert dem Medientross die Munition. Ein regelrechter FDP-Hass gehört auch bei den Kulturaktivisten von der „heute Show“ oder im Kabarett zum alltäglichen Klassenkampf-Instrumentarium.

Nur ein Beispiel: Bei der BR-Live-Sendung „Fastnacht in Franken“ aus Veitshöchsheim mit hoher Einschaltquote (3,81 Millionen Zuschauer bundesweit) wird die FDP auf breiter Front für die Wahl ihres Ministerpräsidenten in Erfurt regelrecht niedergemacht. Bayerischen FDP-Politikern als Astronauten kostümiert, ruft der grüne Kaberettist Oliver Tissot aus Nürnberg zu: „Man müsste sie zum Mond schießen seit Thüringen.“ Tissot hilft Bayerns grüner Spitzkandidatin und Fraktionschefin Katharina Schulze gerne im Landtagswahlkampf. Kein Wunder also: Die „guten“ Grünen kommen auf der Fastnachtsbühne wie immer durchweg positiv weg im krassen Gegensatz zu anderen Parteien. Selbst Sebastian Reich mit Schweinchen-Puppe Amanda ätzt über Bayerns FDPler im Publikum: „Ihr könnt Euch als Taucher verkleiden, es geht bald abwärts.“

FDP-Zustand
Blaues Auge statt Befreiungsschlag
So ein Untergang funktioniert jedoch nur, wenn man sich als Partei selbst beschuldigt, anstatt sich zu verteidigen. Lindner und sein politischer Büchsenspanner, der Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann glaubten, sie könnten an der Anti-FDP-Medienfront irgendetwas befrieden. Nichts war es, doch das hat jeder Politprofi ohnehin gewusst. Bevor die AfD dank Merkels Griechenland- und Asyleinwanderungspolitik die politische Bühne eroberte, war die FDP das journalistische Hassobjekt Nummer eins – und die Vorurteile bestehen heute noch immer.

Tichys Einblick hatte bereits an dieser Stelle nach der Thüringen Wahl Ende Oktober 2019 vorausschauend den desolaten FDP-Zustand beschrieben. Über das aktuelle Führungsversagen ist hier vieles nachzulesen.

Der Autor wurde daraufhin vom FDP-Management in einer Art Racheakt von allen Terminen wie Information abgeschnitten und ausgegrenzt. Ehre wem Ehre gebührt. In neosozialistischen Zeiten sollten wir Rosa Luxemburg gedenken. Wir wollen die Kommunistin natürlich nicht verehren, sondern vielmehr ihre Botschaft wie in der Endzeit der DDR bei den Straßenprotesten dialektisch gegen die linksgrüne Meinungsdiktatur wenden (wissend, das sie selbst diesen Grundsatz nur innerhalb des eigenen Lagers gelten ließ): Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.

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