Tichys Einblick
Gute Vorsätze der Polit-Prominenz für 2018

Angela Merkel will mal ins CDU-Programm schauen

Natürlich verkünden Kanzler und Oppositionsführer nicht öffentlich, was sie sich für das neue Jahr vorgenommen haben. Aber wir spekulieren einfach einmal, was das sein könnte – oder sollte.

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Der Weihnachtsbaum steht noch, aber die meisten Geschenke sind bereits weggeräumt. Der Blick geht nach vorn, ist auf das neue Jahr gerichtet. Jetzt ist die Zeit der Rückblicke und Ausblicke, die Zeit der guten Vorsätze für das neue Jahr. Auch Politiker sind Menschen, auch sie dürften sich das eine oder andere für 2018 vornehmen. Natürlich verkünden Kanzler und Oppositionsführer nicht öffentlich, was sie sich für das neue Jahr vorgenommen haben. Aber wir spekulieren einfach einmal, was das sein könnte – oder sollte.

Angela Merkel hat sich fest vorgenommen, im Laufe des Jahres das CDU-Grundsatzprogramm und die Beschlüsse der letzten CDU-Parteitage genau durchzulesen (zum Beispiel das Nein zum Doppelpass). Damit sie weiß, wofür die Partei steht, deren Vorsitzende sie ist, und was diese Partei strikt ablehnt. Dann hätte sie auch einen Kompass beim Regieren – in welcher Konstellation auch immer.

Martin Schulz will im neuen Jahr darauf achten, keine apodiktischen Festlegungen vorzunehmen. Aussagen wie „Ich werde Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland“ oder „Wir scheuen Neuwahlen unverändert nicht“ oder „Wenn Frau Merkel in mein Kabinett eintreten will, kann sie das gerne als Vizekanzlerin tun“ oder „Ja. Ja. Ganz klar. In eine Regierung von Angela Merkel werde ich nicht eintreten“ will er 2018 vermeiden. Ganz sicher. Hundertprozentig.

Christian Lindner will sich diese drei Merksätze an den Badezimmer-Spiegel heften: 1. Die FDP hat 2009 einen aus ihrer Sicht miserablen Koalitionsvertrag ausgehandelt, nicht Angela Merkel. 2. Ich bin 2011 als FDP-Generalsekretär weggelaufen, nicht Angela Merkel. 3. Ich war von Anfang an gegen Jamaika, nicht Angela Merkel.

Sigmar Gabriel ist entschlossen, vor jedem Interview, das er 2018 geben wird, das Folgende durchzulesen: Der SPD-Vorsitzende von 2009 bis 2017 hieß Sigmar Gabriel. Dieser Sigmar Gabriel trägt die Hauptverantwortung für den desolaten Zustand der Partei. Und: Wer die Karre an die Wand gefahren hat, sollte nicht die kritisieren, die sie wieder flott zu machen versuchen.

Horst Seehofers Vorsatz lautet: Ich lerne das Lied „Time to say goodbye“ auswendig und werde es jeden Morgen laut singen. Um der Versuchung zu widerstehen, das „erste Quartal 2018“ bis in den Herbst hinein zu verlängern: „I just don’t want to waste another day.“

Gregor Gysi hat sich durchgerungen, im Bundestag auf größere Reden vollständig zu verzichten. Auf diese Weise will er einen Beitrag dazu leisten, dass sein Nachfolger Dietmar Bartsch bei seinen eigenen Auftritten nicht so blass wirkt.

Katrin Göring-Eckardt will im neuen Jahr ein Praktikum beim Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin machen, wo die Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes ihre operative Arbeit koordinieren. Ihr persönliches Ziel: die Suche nach Belegen für ihre zentralen Aussagen zu Zuwanderung („Wir kriegen jetzt plötzlich Menschen geschenkt“) und Terrorismus („Willkommenskultur ist der beste Schutz vor Terroristen“).

Sahra Wagenknecht will sich auch im neuen Jahr beim Thema „Flüchtlinge“ nicht von linken Gutmenschen von ihrer Meinung abbringen lassen: „Nicht jeder, der möchte, kann nach Deutschland kommen und hier bleiben.“ Und: „Es geht darum, sensibler mit den Ängsten von Menschen umzugehen, statt sie als ‚rassistisch‘ zu diffamieren und damit Wähler regelrecht zu vertreiben.“

Reinhard Kardinal Marx hat für 2018 einen festen Vorsatz: Erst wenn in kirchlichen Einrichtungen das Betriebsverfassungsgesetz angewendet wird und die Mitarbeiter übertariflich bezahlt werden, erst dann will er wieder Kapitalismuskritik üben und höhere Steuern für die „Reichen“ fordern.

Heinrich Bedford-Strohm will im neuen Jahr zum Bischofskreuz stets den roten SPD-Pin tragen. So will der Ratsvorsitzende der EKD Zeugnis ablegen für seine Werte und Prinzipien.

Beatrix von Storch will sich dauerhaft in ein Funkloch begeben und ihren Twitter-Account löschen. Damit sie im neuen Jahr garantiert nicht „mit der Maus ausrutscht“ und Angela Merkel nicht in ihrem Namen mit einem Tierkadaver verglichen wird („Je länger Merkel am Ruder der CDU bleibt, desto mehr Fleisch werden wir von ihrem Kadaver reißen.“)

Wie gesagt: Auch Politiker sind Menschen. Deshalb werden sie, wie wir alle, ihre guten Vorsätze schnell wieder vergessen oder auf Wiedervorlage für 2019 legen. Was aber kein Grund zum Jammern ist. Denn jedes Volk hat die Politiker, die es verdient.