Tichys Einblick
Armin Laschets Wortschöpfung

Das ABC von Energiewende und Grünsprech 98 – Klimawohlstand

Welchen Wohlstand werden wir künftig erreichen oder mit welchem werden wir uns zufrieden geben müssen? Den Kampf gegen den Klimawandel gibt es nicht zum Nulltarif. Ein maßgebender Politiker verspricht Wohlstand. Andere sagten, wir seien gut vorbereitet oder die Rente wäre sicher.

Armin Laschet, Schöpfer des Begriffs "Klimawohlstand"

imago images / Ralph Sondermann

Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

K wie

Klimawohlstand, der

Diesen schönen Begriff schenkte uns Armin Laschet in seiner Rede am 30. März. Meinte er ein wohliges Klima, respektive ein länger anhaltendes Wohlfühlwetter?
Natürlich nicht. Im zeitgeistigen Klimakauderwelsch versuchte er den Spagat zwischen den heute maßgebenden Klimaaktivisten und den Traditionalisten in der CDU, ein Ausdruck der Hoffnung auf den vielbeschworenen „Green-Deal“.

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Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir unter einem möglichen Kanzler Laschet einen Klimawohlstand erreichen werden? Wohlstand bedeutet leben ohne ständigen Druck vor finanziellen Engpässen, das heißt, Menschen sollten von ihrem erarbeiteten Geld ohne materielle Sorgen leben können. Aber genau dieses Geld wird im Klimakampf gebraucht. Armin Laschet ist ein Freund der CO2-Steuer. Diese schlägt in stufenweise jährlich steigendem Umfang nicht nur an der Tankstelle und am Heizöltank zu, sondern direkt auf alle Produktions-, Transport- und Handelsaktivitäten. Die Erzeuger reichen ihre höheren Kosten an die Kunden weiter. Auch der ÖPNV wird teurer und schmälert die Haushaltskassen, vor allem der Geringverdiener.

Die Idee, im Gegenzug den Strompreis zu senken, bleibt erkennbar im Sand der Energiewendeillusionen stecken. Wurde früher die EEG-Umlage nur als Umlage realisiert, braucht es heute einen Zuschuss aus Steuermitteln. Diese wiederum speisen sich zum Teil aus Schulden, wodurch kommende Generationen bereits heute für den Betrieb von Wind- und Solartanlagen belastet werden. Weil auch dies noch nicht reicht, gehen Einnahmen aus der CO2-Steuer an die Ökostromer. Es geht also nicht ums Klima, sondern darum, die Gewinne der Ökostromer zu sichern. Obwohl Wind- und Solaranlagen weder Versorgung sichern noch zu marktfähigen Preisen produzieren können (die Preise bilden sich nach dem Bedarf), soll der exzessive Ausbau weitergehen. Bei Licht betrachtet gibt es Gewinner nur in den entsprechenden Branchen: Hersteller und Betreiber volatiler Stromeinspeiser, Projekt- und PR-Manager, Fördermittelberater, Klimamanager, Kapitalanleger, Verpächter und staatsalimentierte NGOs.

Landwirte ernähren sich immer mühsamer. Der Diesel für den Trecker auf dem Acker wird teurer, die Erträge sinken durch zwangsweise geringere Düngung. Sie werden mehr landwirtschaftliche Flächen aufgeben und sie als Flächen für Wind- und Solaranlagen verpachten, was mit deutlich höheren Einnahmen verbunden ist.

Ginge es ums Klima, würden die Energiewender auch andere Optionen in Betracht ziehen, zum Beispiel die Aufforstung oder nach den Empfehlungen des IPCC die Abtrennung und Speicherung von CO2 – oder die Kernenergie. Stattdessen wird ungebremst das Narrativ verbreitet, Klimaschutz sei nur durch Wind- und Solaranlagen möglich. Lobby, Politik und Medien wirken einträchtig zusammen.

Vollflexible Amtsführung

Ein "Experiment"
Das ABC von Energiewende und Grünsprech 97 – Leitungsvorhaben
Wer Karriere machen will, muss flexibel sein. Armin Laschet hatte noch 2012 in einem gemeinsamen Artikel mit Christian Lindner in der „Rheinischen Post“ mit dem kämpferischen Titel „Weg mit der Energie-Planwirtschaft“ für den Erhalt der Marktwirtschaft geworben und Marktbedingungen für die Erneuerbaren gefordert. Das ist lange her und wie aus der ganzen Partei ist auch aus Armin Laschet ein Planwirtschaftler geworden. 2017 bot er den Belgiern rheinischen Braunkohlestrom an, wenn sie im Gegenzug das Kernkraftwerk in Tihange stilllegen.

„Wir müssten etwa drei Gigawatt liefern, dazu brauchen wir übrigens die Braunkohle“, sprach er ergänzend. Im Jahr 2019 beklagte er dann die falschen Prioritäten in der deutschen Energiepolitik. Der Kohleausstieg hätte vor dem Atomausstieg erfolgen müssen. Verantwortlich machte er die Umweltbewegung, die jahrzehntelang vom Klimawandel wusste, aber gegen Atomenergie kämpfte. Das gibt Gelegenheit zu einer kurzen Denkpause. Wer regiert das Land seit 2005? Es ist das Eingeständnis, dass die Bundesregierung schon seit vielen Jahren die Energiepolitik nicht an den Realitäten, sondern an der Lautstärke von NGOs ausrichtet.

Dann forderte er die 1:1-Umsetzung der Ergebnisse der Kohlekommission, mithin das Ende der Kohlekraftwerke unter Beibehaltung des Atomausstiegs. Gut, dass die Belgier das Angebot nicht angenommen hatten. Im Hambacher Forst verfolgte er zunächst einen Law-and-order-Kurs, um sich später als dessen Retter in Szene zu setzen. Eines hat er von der Kanzlerin gelernt: Sobald Gegenwind aufkommt, wird eingeschwenkt.

In seiner Rede am 30. März warb er für ein Jahrzehnt der Modernisierung. Nach 16 Jahren CDU-Regentschaft hätte er allerdings die Möglichkeit gehabt, in dieser Hinsicht schon tätig zu werden. Immerhin ist Laschet seit 2008 Mitglied im Bundesvorstand der CDU und wohl nicht ohne Einfluss auf die Regierungslinie. Er träumt von entbürokratisierter Politik, von einem Land, das nicht „verklebt in Verordnungen verharrt“ – in einer künftigen Koalition mit den Grünen wird er seine helle Freude haben. Allein die Einführung eines „Bürgerenergiegeldes“ dürfte sich zu einem bürokratischen Monster auswachsen.

Spannend und zunehmend spannungslos
Das ABC von Energiewende- und Grünsprech 96: Spitzenglättung
Er kann sich dem grünen Zeitgeist anbiedern, wie er will, er bleibt aus dessen Sicht ein „Übeltäter der deutschen Politik“. Er sei zwar in seiner Partei einer der „Aktiveren“ in Klimafragen, aber das wird der grünlinken Szene immer zu wenig sein. „Ein Weiter-So darf es nicht geben“ lautete eine seiner Plattitüden in besagter Rede. Er wird so weitermachen wie bisher. Als eventueller Kanzler unter grüner Duldung wird er weder entbürokratisierte Politik noch Marktwirtschaft betreiben. Viel Beinfreiheit werden sie ihm nicht lassen und er wird sich flexibel engagieren. Engagierter Klimaschutz bedeutet nichts anderes, als dass kein Stein auf dem anderen bleibt.

Klimawohlstand wird dann kein Thema sein, geschweige denn „Wohlstand für alle“ nach Ludwig Erhard. Er wird die CO2-Steuer wie auch die Staatsverschuldung steigern und die uneffektive Fass-ohne-Boden-Energiewende fortsetzen.

Vielleicht erleben wir dann etwas staatlich zugestandene Klimawohlfahrt.