Tichys Einblick
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Bonner Nachlese: Zensur- und Klimawandel-Gipfel

»Manches von den Aktionen am Rand der Verhandlungen hatte die Atmosphäre eines Kindergeburtstages, der ja auch schön ist.« Sagte Klimaexperte Hans Joachim Schellnhuber über das Drumherum der Bedeutung der Klimakonferenzen.

© Patrik Stollarz/AFP/Getty Images

Nach Zensur, zwei Wochen und 120 verpulverte Millionen Euro später: Klimagipfel vorbei, die Gäste sind weg, die Bonn anläßlich jenes Klimagipfels beherbergen durfte, Zelte, Stühle und Müll werden weggeräumt.

Mit dabei sein durften wieder nicht die Journalisten des unabhängigen Internet-Senders Rebel-Media aus Kanada. Ihnen wurde der Zutritt zur Veranstaltung verboten, weil sie die »falsche Meinung« haben. Sie wurden zensiert. Als berüchtigter Propagandaminister spielte sich wieder der klägliche Sprecher des UN-Klimasekretariats, Nick Nuttall, auf. Der sitzt fürstlich dotiert in Bonn im UN-Klimasekretariat. Von dort hat er schon auf der vergangenen Konferenz in Marokko den kanadischen Journalisten um Ezra Levant die Akkreditierung verweigert.
Ezra Levant sagte damals nur kurz und knapp: »Ich habe offenbar die falsche Ansicht!« Er zählt sich nicht zu den Klimawandel-Protagonisten. Das reiche offenbar schon aus, dass der »UN-Zensor« (Levant: »Dieser kleine Faschist«) im Vorfeld Zensur ausüben kann und kritische Journalisten von der Konferenz fernhält.

Zivilisationsfeinde
In der Nullemissionswelt braucht es kein Auto
Jetzt durften sie wieder nicht dabei sein. Zugelassen waren nur die für Jubel und Klatschen Zuständigen der Staatsfunker und grünen Medien. Diese erfüllten allesamt brav die ihnen zugedachte Rolle als geduldige Mikrofonhalter und dankbare Stichwortgeber. Sie interessierte auch die unerhörte Zensur wenig. Mit deutschen Steuergeldern Zensur fördern – das kommt ihnen bekannt vor. Nuttall selbst äußerte sich nicht auf die Anfrage von Tichys Einblick zu den Zensurmaßnahmen dieser UN-Unterorganisation. Die hatte bekanntlich aufrechte Vorkämpfer der Demokratie und Meinungsfreiheit wie Simbabwes Robert Mugabe gerade zum UN-Botschafter ernannt. Nuttall übrigens profilierte sich durch Kindergartenkrampf gegen Klimawandel. Die Rechnung für dieses Video ging übrigens an die Bundeszentrale für politische Bildung.

Weil es so schön ist, stand plötzlich Deutschland als „Fossil des Tages“, das im Klimaschutz kräftig auf die Bremse tritt, am Pranger. 2017 seien hier die Treibhausgasemissionen wieder gestiegen und die Klimaschutzziele für 2020 verfehlt worden.

Wenn sich fast 28.000 Anti-Klimakämpfer engagiert gegen den Klimawandel stemmen, dann kann schon ein gewisser Flurschaden auftreten. TE-Leserin Barbara H. aus Bonn geht regelmäßig über die Rheinauen und hat die Flurschäden fotografiert, die die Klimaschützer hinterlassen haben. Darunter niedergetrampelte Wiesen, heute ein einziges Matschloch. Schwere Lastwagen hinterließen ihre Spuren auf den Zufahrtswegen, wühlten das Grün auf, versanken im morastigen Untergrund. Eine ganze Zeltstadt wurde auf die Wiesen gesetzt. Was scheren im Kampf gegen den Untergang der Welt schon ein paar naturnahe Flächen in den Bonner Rheinauen. Plastikflaschen mussten säckeweise vom Veranstaltungsort weggeräumt werden. In der Stadt verstreut liegen noch die Fahrräder herum, die kostenlos an die Konferenzteilnehmer für die Wege in den Rheinauen ausgeliehen und eigentlich an Rückgabestationen abgegeben werden sollten.

Organisierte Chancenungleichheit
Auch in der Wissenschaft gilt mittlerweile Quote statt Qualität
Einen vehementen Kampf führen normalerweise Umweltbewegte gegen Heizlüfter, die etwa Menschen vor Kneipen das Rauchen in der Kälte etwas erträglicher machen sollen. Davon geht die Welt unter – weg damit. Aber Frieren beim Kampf gegen den Weltuntergang wg. Klimawandel geht gar nicht. Also liefen in Bonn Baustellenstrahler und Heizgebläse – bereits während der langen Aufbauphase, während der Veranstaltung natürlich, und auch noch während des Abbaues. Containergroße Generatoren erzeugten Strom in Hülle und Fülle, die Festbeleuchtung rund um die Veranstaltung war Tag und Nacht eingeschaltet. Kohlendioxid-Kollateralschäden im Klimakampf.

Was wahrscheinlich nicht nur der Leserin auffiel, waren jene Shuttle-Autos, die die Besucher umherkutschierten. Die hätten ansonsten 500 Meter zu Fuß gehen müssen. Sie beobachtete, dass in den PKW meist nur ein bis zwei Personen saßen. An den Gedanken Fahrgemeinschaft müssten sie sich erst noch etwas gewöhnen, wenn das mit der Klimarettung noch klappen sollte. Lernen von Pendlern.

Viele Bäume mussten im Vorfeld der Veranstaltung für den Klimaschutz dran glauben. Nicht nur als Rohstoff für die vielen bedruckten Papiere, sondern auch für merkwürdige Holzfiguren, die in den Rheinauen aufgestellt wurden. »Sustain Forests – the resource of future« schrieben die Antiklimahelden, bevor sie die Motorsägen an die Baumstämme setzten. Der Holzverbrauch jedenfalls muß beträchlich gewesen sein. Das Holz wurde verbrannt. Geklärt werden muß, auf wessen Konto die Kohlendioxidbelastung geht.

Die Abgehängten in Bonn trauerten vergangenen Zeiten nach wie der Bonner General Anzeiger, freuen sich aber auch über Geschenke: »Für die Bonner Hauptstadt-Nostalgiker war es ein bisschen so wie früher. Die Ortsmarke Bonn beherrschte die Nachrichten, die Kanzlerin war da und der Präsident am gleichen Tag. Eine kleine Stadt im Mittelpunkt weltweiter Aufmerksamkeit.«

Der Klimapass muss her
Schellnhuber bei den Grünen
»Es hat seine neue Bestimmung angenommen, die aus der alten hervorgeht: In der eher ruhigen rheinischen Umgebung lässt sich perfekt über die Rettung der Welt sprechen. Menschen aus über 190 Ländern kommen hier zusammen, um konstruktiv an einem Menschheitsproblem zu arbeiten. Das gibt es nur beim Thema Klimaschutz, und das gibt es in Deutschland und in dieser Form weltweit bisher nur in Bonn. Zeuge zu sein, für diesen ganz besonderen Moment der De-batte um die Zukunft aller Menschen, war für Bonn ein Geschenk.«

Der deutsche Klimaexperte Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung meinte, die Bedeutung der Klimakonferenzen leite sich heute nicht nur aus den Verhandlungen ab, sondern auch aus dem ganzen Drumherum. »Manches von den Aktionen am Rand der Verhandlungen hatte die Atmosphäre eines Kindergeburtstages, der ja auch schön ist.«

Mein lieber Schelli!