Tichys Einblick
Koalitionskuhhandel:

Statt Gasumlage kommt eine Gaspreisbremse

Die Gasumlage wird es nicht geben. Statt mehr Geld zu zahlen, um Versorger zu retten, die verstaatlicht werden, sollen die Bürger nun weniger fürs Gas bezahlen, als es am Markt kostet. Womöglich knicken die Grünen dafür endlich bei der Kernkraft ein.

Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf der Regierungsbank im Bundestag, 22.09.2022.

IMAGO / Political-Moments

Sie war von Anfang an eine Fehlkonstruktion aus dem Hause Habeck. Längst pfeifen es in Berlin die Spatzen von den Dächern und die FAZ meldet es nun auch offen: „Ampel-Koalition wird Gasumlage kippen“. Die umstrittene Zusatzzahlung der Gas-Verbraucher, um Gas-Versorger zu stützen, die ohnehin verstaatlicht werden, wird es nicht geben. Stattdessen will die Ampelkoalition eine Gaspreisbremse einführen.

Die FDP fordert innerhalb der Koalition, dass vor der Einführung einer solchen staatlichen Preisbremse erst das Energieangebot erhöht wird, indem die Kernkraftwerke und Kohlkraftwerke nun doch länger laufen sollen. Es wäre ein Kuhhandel, der den Grünen ermöglicht, ihren längst anachronistisch gewordenen Widerstand dagegen einzustellen. Habeck und Co könnten dann vor ihrer eigenen antiatomdogmatischen Basis auf die widrigen Umstände verweisen.

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Natürlich wird aber auch ein längerer Betrieb der Kernkraftwerke und verstärkte Kohleverstromung nicht kurzfristig die Gas- und Strompreise auf ein für Privathaushalte und Unternehmen erträgliches Maß drücken können. Wo das viele Geld herkommen soll, mit dem der Staat die Lücke zwischen hohen Einkaufspreisen und gedeckelten Gasverbraucherpreisen schließen kann, ist noch unentschieden. Aber was soll man schon von den „neuen Instrumenten“ von FDP-Fraktionschef Christian Dürr anderes erwarten als irgendwie verschachtelte oder vernebelte zusätzliche Schulden? Und wie standfest sein Parteivorsitzender und Bundesfinanzminister Christian Lindner die grundgesetzliche Schuldenbremse verteidigen wird, kann man sich denken.

Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat ja schon den Ausweg gezeigt, der natürlich in Wirklichkeit nur ein etwas längerer Weg in einen umso tieferen Abgrund ist: ein zusätzliches „Sondervermögen“, also Super-Schulden, die aber nicht im jährlichen Bundeshaushalt auftauchen. Wobei Habeck noch nicht einmal von der Gaspreisbremse sprach, sondern generell von Hilfsprogrammen für Unternehmen, an denen man in seinem Ministerium „mit Hochdruck“ arbeite. „Wir müssen jetzt alle Finanzkraft aufbringen, um die gute Substanz unserer Wirtschaft über die Krise zu bringen, Arbeitsplätze zu sichern und die Investitions- und Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft zu schützen“, sagt Habeck. Was soll diese „Finanzkraft“ anderes bedeuten als neue Staatsschulden? Auf andere Staatsaufgaben zu verzichten, etwa in der Sozialpolitik, die sich durch die permissive Einwanderungspolitik immer neue Ausgaben schafft, kommt für die Ampel schließlich nicht in Frage. Wirklich sparen kann die deutsche Politik nicht.

Die vermeintliche Kraft, um „die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft“ zu bewahren, besteht also darin, dass sie denjenigen weggenommen wird, die für diese Schulden geradestehen müssen. Überbordende Staatsschulden sind aber ein Inflationstreiber.So schließt sich der Teufelskreis: Die Regierenden bekämpfen die Folgen der Teuerung mit deren Treibstoff.

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