Tichys Einblick
Sein Bild kommt weg

Das Auswärtige Amt cancelt mal wieder Bismarck

Ein einst im Auswärtigen Amt an prominenter Stelle hängendes Bismarck-Bild ist weg, nachdem schon sein Name für den Besprechungsraum getilgt wurde. Nur, wie man es loswird, ist noch unklar.

Das "Bismarck-Zimmer" im Auswärtigen Amt im Jahr 2022, samt Bismarck-Porträt im Hintergrund

IMAGO / Enters
Dass man im Auswärtigen Amt (AA) nicht mehr an Otto von Bismarck erinnern will, ist bekannt. Doch die Umbenennung eines Konferenzraumes reicht der grünen Führung des Hauses offenbar nicht.

Das AA tut sich, wie der Spiegel schreibt, „schwer mit seinem umstrittenen Porträt des ehemaligen Reichskanzlers“, das im vormals nach ihm benannten Zimmer hing. Wenn der Spiegel noch so frech gegen die Regierenden wäre, wie er es mal war, würde er wohl eher schreiben: Die Regierenden trauen sich halt doch nicht, das Bild einfach in den Müll zu werfen. Also krampft man herum.

Im Rahmen der Umbenennung in „Saal der Deutschen Einheit“ wurde das von Franz von Lenbach entworfene Bild jedenfalls abgehängt. Eine „Kunstsachverständige“ des Amtes habe empfohlen, es restaurieren zu lassen. Nun sei eine „nähere Begutachtung“ fällig, teilt das Amt mit. Allerdings nicht, nach welchen Kriterien. Geht es nur um den physischen Zustand? Um den künstlerischen Wert? Oder um die Frage, ob der Anblick des Reichskanzlers irgendwelche Gefühle verletzt oder diskriminierend wirkt?

Über eine Anschlussverwendung sei noch nicht entschieden. Das klingt nicht so, als hätte Bismarck große Chancen, im Hause der Annalena Baerbock eine Zukunft zu haben. Aber vielleicht hat sein Porträt ja noch eine Chance, im vernachlässigten Bonner Dienstsitz die bislang dort hängende Kopie zu ersetzen.

Das frühere Bismarck-Zimmer in Berlin strahlte übrigens bis auf den Namen und das Bild auch früher nicht viel Bismarcksches aus, sondern den grauen Charme seiner früheren Verwendung als Tagungsraum des Politbüros der SED. Insofern beweist die Leitung des AA ihre Stilsicherheit, indem sie statt Bismarck nun „drei unverfängliche Architekturaufnahmen“ (Spiegel) an die Wände hängte, die den Bonner Dienstsitz (bis 1999 AA-Zentrale), das DDR-Außenministerium in Ost-Berlin sowie die aktuelle AA-Zentrale zeigen.

Wirklich erstaunlich ist an diesen Entwicklungen eigentlich nur, dass man offenbar in Berlin nicht auf die Idee kommt, am Namen des aus Traditionsgründen noch immer wie zu Bismarcks Zeiten „Amt“ genannten Ministeriums zu rütteln.

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