Tichys Einblick
Politik missbraucht Wissenschaft als Glauben

Wahrheit, Lüge, Verbrechen

Zu Zeiten von Galileo Galilei wurde die Wissenschaft der Macht des Glaubens unterworfen. Heute macht die Politik aus der Wissenschaft selbst einen Glauben. Gehupft wie gesprungen: Wieder kommt die Wahrheit unter die Räder der Politik.

„Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“ Bertold Brecht hat das geschrieben und einer Bühnenfigur in den Mund gelegt: Galileo Galilei, einem der größten Naturwissenschaftler aller Zeiten. Der Inquisition kann er nicht widerstehen und widerruft. Er kennt die Wahrheit und nennt sie aus Angst Lüge. Es kann ihm niemand verübeln, dass er sein Leben höher schätzt als die Wahrheit. Die Geschichte spielt in einer Zeit, in der die Wissenschaft der Macht des Glaubens unterworfen ist. Heute macht die Politik aus der Wissenschaft selbst einen Glauben. Gehupft wie gesprungen: Wieder kommt die Wahrheit unter die Räder der Politik.

I.

Heute sind demokratische Regierungen stolz darauf, aufgrund vermeintlich rein wissenschaftlicher Erkenntnisse zu entscheiden. Jedenfalls behaupten sie es. Ob Corona oder Klima – die Politik beweist, dass es in Wahrheit nicht viel anders läuft als vor fünfhundert Jahren. Wissenschaft wird von der Politik benutzt. Was nicht passt, wird geleugnet. Brechts Galilei hat auch heute recht, auch in der Wissenschaft tummeln sich Dummköpfe, Lügner und Verbrecher. Anders als Galilei müssen Virologen, Epidemiologen und Mathematiker nicht widerrufen, um der Folter zu entgehen. Fortschrittlichere Methoden machen heute unerwünschte Experten mundtot. Merkels wissenschaftliche Hilfstruppen vom Robert-Koch-Institut bis zur Leopoldina, von der Charité bis zum Privatgelehrten Lauterbach fälschen die Wahrheit, wenn sie ihre übertrieben pessimistischen Prognosen als objektive Modellrechnungen verkaufen. Je größer die vermeintliche Gefahr, desto wichtiger die Warner. Einige Dummköpfe mögen darunter sein, aber die meisten sind vor allem Wichtigtuer und Karrieristen, die den Amtsträgern und ihren medialen Hilfstruppen die Begründung für den Ausnahmezustand liefern. Trunken von der eigenen Bedeutung neigen sie dazu, sich selbst zu überschätzen. Je ängstlicher die Gesellschaft an ihren Lippen hängt, je stärker das Leben der Bürger beschnitten wird, desto größer ihr Einfluss. Dass Politiker sie als Schutzschilde benutzen, wenn kurzerhand Grundrechte und demokratische Spielregeln angegriffen werden, erfüllt sie offenbar mit Stolz. Die große Depression, die Medien kalt wie Hundeschnauzen „Kollateralschaden“ nennen, haben sie zwar nicht befohlen, doch in ihren falschen Berechnungen sind sie nicht zu finden. Das größte politische Verbrechen besteht darin, Covidopfer gegen Maßnahmenopfer auszuspielen und die Schäden an Leib und Seele von Millionen Bürgern für unvermeidbar zu erklären.

II.

Wozu die lange Vorrede? Es steht fest, dass die „wissenschaftlichen“ Fakten, die das Leben in Deutschland bis heute strangulieren, bewusst falsch interpretiert werden. Sie dienen dazu, Angst und Schrecken zu verbreiten und unverhältnismäßige Maßnahmen zu rechtfertigen. Die für Mai vorausgesagten Fallzahlen blieben aus, die Inzidenz-Kurven neigten sich bereits vor Einführung des Bundesnotbremsenirrsinns. Deutschland machte zu, als andere Länder mit schlechteren Zahlen bereits öffneten. Und immer noch bremsen neue Schreckensszenarien (die indische Mutation!) und fortgesetztes Impfversagen die Zuversicht. Klein und ruhig soll der Untertan gehalten werden.

III.

Oberste Leitlinie der verfehlten Coronapolitik waren die Zustände in den Intensivstationen. Nun stellt sich zweifelsfrei heraus, dass niemals die Gefahr einer Überlastung bestand. Es starben wohl eher Tausende, weil sie zu früh und falsch behandelt wurden. Viele alte und vorerkrankte Covid-Patienten wurden vorschnell künstlich beatmet und einer Prozedur ausgesetzt, die schwerer zu überleben ist als das Virus selbst. Der Palliativ- und Notfallmediziner Matthias Thöns zum Beispiel sagte schon vor mehr als einem Jahr in der ZDF-Sendung Markus Lanz voraus, dass nur ein Bruchteil von 12 Prozent der sehr alten und pflegebedürftigen Menschen die künstliche Beatmung in Intensivstationen überleben würde. Er und andere Fachleute haben immer wieder auch die Fehler im System kritisiert, etwa die finanziellen Anreize (Fallpauschalen) für Kliniken, todkranke Patienten einer leidvollen, doch aussichtslosen Übertherapie zu unterziehen.

IV.

Stattdessen wurden die Schreckensbilder aus Bergamo, New York und jetzt Indien beschworen, aber nichts an den Mißständen des teuersten, aber beileibe nicht effizientesten Gesundheitssystems geändert. Katastrophen-Berichterstattung und Panikmache schürte die Angst und sicherte die Zustimmung der Bevölkerung. Daran wollen die Verantwortlichen in Politik und Wissenschaft jetzt nicht gern erinnert werden. Im Gegenteil: Sie behaupten, Millionen von Leben gerettet zu haben. Das ist nun allerdings keine reine Dummheit mehr. Hier wird Wahrheit Lüge genannt. Und das ist ein Verbrechen.

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