Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 38 – Italienische Woche in Brüssel

Während unsere politische Verantwortungsgemeinschaft alle Energieprobleme so gut wie im Griff hat, richten sich alle Blicke sorgenvoll nach Italien. Buchtipp: Jens Spahn. Schicksalsjahre eines Dramateurs (Berlin 2022) …

Er hat zwar noch „rechtliche Bedenken“ wegen seiner Gasumlage, außerdem werden seine Energiebeschaffungsmaßnahmen ein bisschen teurer als geplant, aber wirklich Sorgen um unsere Zukunft macht sich Robert Habeck nicht. „Wenn beim Gas-Sparen alles gut geht und wir Glück mit dem Wetter haben, dann haben wir eine Chance, gut durch den Winter zu kommen.“ „Glück mit dem Wetter“ heißt in diesem Fall, dass die versprochene Erderwärmung etwas früher stattfindet, als von der Parteiführung festgelegt wurde („Uns bleiben noch 8 Jahre“). Was sagt die Wetterwissenschaft, die bei Langzeitvorhersagen in etwa so präzise Ergebnisse liefert wie unser Coronaforscher Karl Lauterbach? September kühl, für den Winter gilt die Faustregel: Kann frieren, muss aber nicht.

♦ In Thüringen ist es jedenfalls schon recht frisch, sodass im temperaturgedeckelten Landtag für die Abgeordneten Decken ausgegeben wurden. Und wie überall, wo der Kommunist regiert – in Erfurt der Genosse Bodo mit seinen rotgrünen Freunden –, übersteigt die Nachfrage das Angebot. „Vielleicht lassen Sie die erst mal für die Frauen“, mahnte die Landtagssprecherin, die wohl in der alten Zeit (Frauen und Kinder zuerst) stehengeblieben ist. Oder sollte das woke Weltbild mit seinen unzähligen gleichberechtigten Geschlechtern etwa schon zusammenbrechen, wenn’s mal ein wenig unangenehm wird?

♦ Überhaupt Thüringen. AfD stärkste Partei in den Umfragen? So nicht! Dann wird eben überhaupt nicht mehr gewählt, und Bodo Ramelow bleibt.

♦ Jens Spahn hat ein Buch über seine Zeit als Gesundheitsminister geschrieben, und da erfährt der Bürger, dass es seine Minister auch nicht leicht haben. „1.000 brutale Mails pro Tag, schwulenfeindliche Beleidigungen, ein Leben unter ständiger Begleitung von Bodyguards, die Sorgen seiner Mutter und seines Ehemanns“, fasst die „Welt“ die Leiden des jungen Spahns anschaulich zusammen. Leider stehen die Zusammenfassungen der Qualitätsmedien hinter der Paywall, sodass wir hier kein vollumfängliches Bild liefern können, aber so viel lässt sich aus unterschiedlichen Quellen herauspicken: 
Die Drangsalierungsmaßnahmen von Maskenpflicht bis zum Abwürgen der halben Wirtschaft wurden alle „mit dem Wissen von damals“ getroffen. An dem Wissen von damals war bekanntlich unser Professor Drosten maßgeblich beteiligt, und „Bild“ raunt, der kriege in Jensemanns Buch sein Fett weg. Genau wie Heckenschütze Söder, der gern mal Freund und Feind verwechselt.
 Wie? Nein, das Buch heißt nicht „Ich, Jens, einfach unverbesserlich“, sondern kurz und knapp: „Wir werden einander viel verzeihen müssen“.

♦ Nachdem Jens Spahn seine Leidensgeschichte veröffentlichte, mag auch Robert Habeck nicht länger schweigen. Auch seine neuen grünen Mitarbeiter gehen bereits auf dem Zahnfleisch. „Es ist jetzt kein Scheiß, den ich erzähle: Die Leute werden krank. Die haben Burnout, die kriegen Tinnitus. Die können nicht mehr.“

♦ Aber wenigstens haben sich all der Fleiß, all die Mühen, all die Entbehrungen, all die Opfer gelohnt! „Wir werden durch diesen Winter kommen“, verspricht unser Chef Olaf Scholz stolz: „Wer hätte das vor wenigen Monaten gedacht?“ Na gut, viele Metzger und Bäcker schaffen es nicht einmal mehr bis zum Winter, sie gehen schon jetzt bankrott, und der Chef des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU), ein gewisser Liebing, warnt vor einem Kollaps der Strom- und Gasversorgung. Aber das werden diese Einzelfälle sein, die man ja schon aus dem Kriminalitätsbereich kennt.

♦ Narren und Kinder sagen die Wahrheit, weiß der Volksmund, deshalb darf man sich getrost den Worten des amerikanischen Präsidenten im US-TV anschließen: „Die Pandemie ist vorbei!“  Auch die Begründung ist so schlicht wie einleuchtend: „Wir sehen ja, keiner trägt Maske und alle sind in bester Verfassung.“ Das steht nun in diametralem Gegensatz zur Lehre des Professor Dr. Lauterbach, aber wieder spielt ein Sprichwort den geeigneten Schiedsrichter: Die Lüge bedarf gelehrter, die Wahrheit einfältiger Leute.

♦ Isch over. Zumindestens während des Oktoberfests auch für die Grünen, wo Parteichefin Lang mit Queer- und Querköpfen der Partei maskenfrei die ein oder andere Maß stemmte. Der Festzelttisch der Verzichtspartei war üppig gedeckt, die Stimmung prächtig, schließlich ging es den meisten Grüninnen nie so gut wie heute.

♦ Nach Wlads Teilmobilmachung (laut unserem Chef Olaf Scholz ein „Akt der Verzweiflung“) kaufen Russen en masse One-Way-Tickets, aber auch viele Ukrainer wollen weg. Immer mehr ukrainische Männer machen nach Rumänien rüber, um der Einberufung zu entkommen.

♦ Wieder einmal ist es der Berliner Stadtregierung gelungen, ein Problem (Diskriminierung) zufriedenstellend zu lösen: Um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen, wird die Nationalität von Straftätern oder deren Migrationshintergrund polizeilich nicht mehr erfasst. Sind jetzt alle nur noch „Männer“.

♦ In Hannover hingegen ist der Migrationshintergrund für städtische Versorgungsposten zukünftig entscheidend. So soll der Anteil bei Verwaltungsjobs mit Migrationshistorie „auf durchschnittlich 30 Prozent jedes Einstellungsjahrgangs“ erhöht werden – insbesondere in leitenden Funktionen. Anscheinend steht in der dem Oberbürgermeister Belit Onay vorliegenden Ausgabe der Verfassung: „Jeder Zuwanderer hat, unabhängig von seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung, bevorzugten Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“

♦ Zu blöd aber auch, dass während der Queen-Beerdigung die BBC das Monopol auf Kamerabilder hatte. So sind die 50 Sonderberichterstatter, Kameraleute, Techniker und Experten unseres Staatsfunks ganz umsonst angereist. Also „umsonst“ natürlich nicht, aber vergeblich.

♦ Liebe Italiener, wenn ihr heute trotz der Ermahnungen aus Brüssel die falschen Parteien wählt, dann werdet ihr wie Polen und Ungarn in den Ursula-von-der-Leyen-Demokratie-Schwitzkasten genommen. Die Kommissarin hat die passenden „Instrumente“ bereits zurechtgelegt. 
Da schau her! Die italienischen Medien haben inzwischen begriffen, dass die EU-Kommission gegen Länder wie Ungarn und Polen „nicht wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit vorgeht, sondern weil ihr die politische Ausrichtung der Regierungen missfällt“. Zitiert die FAZ, der die klugen Köpfe wohl ausgegangen sind, um selbst drauf zu kommen.

Viva Italia! Und schönen Sonntag!

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