Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 30 – Die Ritter von der traurigen Gestalt

Die neuesten Abenteuer unserer zwei Don Quixotes aus dem Homeland NRW Friedrich Merz und Karl Lauterbach. Der eine will die Zahl der CDU-Wähler halbieren, der andere die Zahl der Hitzetoten …

Verhetzte Leser von Linkspostillen, die sich in die Phoenix-Übertragung des AfD-Parteitages in Magdeburg verirrt haben, dürften überrascht gewesen sein, dort ihre Bekannten, Brüder und Schwestern, Tanten und Onkel, Mütter und Väter (und ein paar Großväter) gesehen zu haben. Nix Schwefelbrüder, nix Hassfackeln, nix kreischende Weiber – nicht mal Bierhumpen auf dem Tisch, wie wenn die bayerische CSU tagt. Parteisprecher Tino Chrupalla mit gesunder Bräune (kleiner Scherz muss mal erlaubt sein!) und erstaunlicher Eloquenz, Alice Weidel aufgeräumt und fröhlich. Bild-Reporter fielen dennoch oder deshalb so kampfeslustig über die AfD her wie Russen über Leopard-Panzer – als gäbe es auch für sie eine Sonderprämie.

♦ Die Fehlkonstruktion EU steht thematisch im Mittelpunkt des Parteitages, die umstrittene AfD geht hier künftig mit der umstrittenen italienischen Lega, der umstrittenen österreichischen FPÖ und dem umstrittenen französischen Rassemblement National zusammen. Und wählte dazu einen umstrittenen Spitzen-Kandidaten für den EU-Wahlkampf. Wieder einmal verdanken wir dem unumstrittenen Karl Lauterbach eine schöne Abwechslung vom drögen Parteienalltag. Im Laufband informiert Phoenix, Karl wolle „die Zahl der Hitzetoten halbieren“. Das ist ja nicht allzu schwer bei dem Wetter.

♦ Apropos. „Die Lage in den Freibädern hat sich deutlich beruhigt“, meldet Berlins Bäder-Chef Kleinsorg stolz. Wegen der nach den Krawallen eingeführten Ausweispflicht. Ganz so doof sind die ihn zitierenden Journos aber auch wieder nicht. Denn sie hatten recherchiert, dass angesichts der kühleren Temperaturen vergleichsweise weniger Badegäste gekommen sind.

♦ Regen, frischem Wind (statt Hitzekoller, wie von „Wissenschaftlern“ versprochen) und Dr. Angela Merkel verdanken wir wenigstens ein paar schöne Bilder von den Wagner-Festspielen in Bayreuth. Einfach herrlich, wie der Sauer (Gatte*) den Schirm bei strömendem Regen nicht über seine Merkel (Gattin*) hält, sondern allein sich selbst schützt. Da kam uns gleich wieder das Bild in den Sinn, als seinerzeit Sauer mit falsch geknöpftem Sakko neben der ihn nicht beachtenden Merkel vor dem Schauspielhaus stand. Stil und Eleganz sind eben keine Meister aus Deutschland. Natürlich waren die Walküren da, die Claudia, die Ricarda und die Katha, und unvermeidlich auch die Frau, bei der uns Wagners etwa altmodischer Satz, ein politisches Weib sei grauenhaft, besonders in den Sinn kommt. Richtig, Ursula von der Leyen.

♦ Wieder einmal sang der Chor der Verdammten, sprich „die letzte Generation“, ihr Lied „Die Erde brennt“, aber in Bayreuth brannte sie eben nicht, die Erde, und dann zwitscherte auch noch der Freie Wähler Hubert Aiwanger: „Bayreuth. Der liebe Gott lässt es regnen. Sehr schön.“ „Unglaublich“, kommentierte stante pede der Twitter süchtige SPD-Chefmeteorologe Lauterbach aus dem einen langsamen Hitzetod sterbenden Italien. Sonnenstich? Nicht zwingend, denn aus dem kühlen Thüringen (17 Grad) ließ sich Kommunistenführer Ramelow vernehmen, der Aiwanger „verachte die Realität“. Realität und Sozialismus – hatten wir schon, brauchen wir nicht mehr. Hubert blieb denn auch unbeirrt dabei: „Die Damen haben gefroren in der Pause.“

♦ Will Tobias Hans, ungelernter und abgewählter Ministerpräsident vom Saarland, etwa seinen Ponyhof, auf dem er sein Dasein fristet, verlassen und noch was werden in der CDU? Warum sonst sollte er ausgerechnet zu einer Zeit, in der jedes laue Lüftchen ein mittleres Medien-Sommergewitter auslösen kann, seinen Parteichef attackieren? Der Saarland-Wahlverlierer von 2022 hält Friedrich Merz für nicht geeignet, Kanzlerkandidat der Union zu werden. Nicht dass wir grundsätzlich widersprechen würden, auch Volkes Stimmung (Umfragen) ist da eindeutig, aber wer gibt dem Hans mit dem Messer denn jetzt noch einen Job in der Partei?

♦ Außerdem bringt sich der Fritz auch ganz ohne fremde Hilfe selbst zu Fall. Es sei „doch völlig klar“, so Merz im Sommerinterview, „dass man in Kommunalparlamenten nach einem Weg suchen muss, wie man gemeinsam die Stadt, den Landkreis gestaltet“, auch wenn der Bürgermeister oder der Landrat plötzlich ein AfDler ist. Gar nix ist klar, ließ sich daraufhin Berlins Kai Wegner vernehmen, noch berauscht von der großen Homoparade CSD, und die CDU-Twitter (heißt jetzt X)-Brigade (Röttgen, Güler, Polenz) schloss sich voll umfänglich den Merz-Beschimpfungen von Strack-Zimmermann, Lang und Kühnert (Parteien, diverse) an.

Aber nun folgte Merzens Heimatschuss, ebenfalls auf Twitter (also X): „Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt. Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben.“ Das ist nicht nur das exakte Gegenteil dessen, was er gerade erst im ZDF gesagt hatte, es ist auch grundsätzlich falsch. Denn seit Jahren findet diese kommunale Kooperation statt, soll halt nur nicht groß in der Zeitung stehen.

♦ Wirtschafts-Wachstum in Italien, Griechenland sogar, selbst Frankreich steht besser da. Bei uns hingegen ist Schrumpfung das Wort der Stunde, meldet schwarz auf weiß der Internationale Währungsfonds IWF. Am Steuer der leckgeschlagenen ‚Deutschland‘ steht bekanntlich ein gewisser Habeck, und den kann die raue See nicht erschüttern. Der Lübecker Leichtmatrose frotzelte die Schissbuxen von den Tagesthemen. Nur weil man nichts verkauft, ist man schließlich noch nicht pleite, und überhaupt: Die Standortbedingungen sind „sehr gut“, denn „wir kriegen die Energiepreise runter, die Leute sind top ausgebildet, die Unternehmen haben eine Standorttreue und ein Tag wie heute, wo große Förderbescheide überreicht wurden, zeigt auch, dass in der Zukunft hier wieder ordentlich produziert wird.“
Puuh! Wo ist eigentlich der Kapitän?

♦ Vor der Ferieninsel Ameland brennt ein Frachter mit 3.800 Autos an Bord. Ursache: Ein ellellell-Auto, wie das ZDF nuschelte, was heißt, ein Elektro-Auto. Da ist es nur „gut, dass wir gerade vor kurzem gemeinsam mit den niederländischen Behörden eine Katastrophenübung durchgeführt haben“, sagte Steffi Lemke, grüne Ministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Hoffentlich haben die Niederländer gut aufgepasst bei der Übung.

♦ Weil solche Fälle zunehmen dürften, wie die Allianz-Versicherung ahnt, will auch Steffi Lemke noch besser vorbereitet sein und sucht einen Fotografen, der sie bei den nächsten Katastrophen staatstragend, aber auch als Frau, in Szene setzt. Die Ministerin stellt sich vor, dass Bilder „in mindestens drei verschiedenen Umgebungen“ – vor brennendem Schiff (betroffen), im Windmühlenwald (glücklich), vor abgelaufenem Joghurt (entsetzt) – geschossen werden, „bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen, mit wechselnder Bekleidung“. Die Rechnung (ca. 150.000 Euro) bitte an den Steuerzahler, und ach, ja: „Eine Visagistin/Ein Visagist ist einzuplanen.“

♦ Gruppenvergewaltigung im Görlitzer Park, Berlins bekanntester Grünanlage mit angeschlossenem Drogenhandel? Möglich ist das, aber „aus ermittlungstaktischen Gründen“ kann die Polizei leider keine weiteren Angaben machen. Außerdem kann man da auch leicht durcheinanderkommen, allein im Juni soll es im Park fünf ähnliche Fälle gegeben haben. Da wurde erst mal ein Arbeitskreis, pardon, eine Ermittlungsgruppe, zusammengestellt, ganz trendy „Calor“ (spanisch für „Hitze“) genannt, wegen Klimawandel. Grundsätzlich gilt bei Vergewaltigungen durch bestimmte Täter, dass „der Zweck eines auf Erziehung und Vermeidung von Stigmatisierung ausgerichteten Jugendstrafverfahrens“ gefährdet wird, „wenn weitere Informationen erteilt würden“, so die pädagogisch besonders kompetente Berliner Staatsanwaltschaft. Und mal ehrlich: Wer sich den Rest nicht denken kann, dem ist eh nicht mehr zu helfen.

♦ Ein bisschen von der eigenen Beruhigungsmedizin konnte Thüringens Innenminister Maier (SPD) ausprobieren, als er sich unvorsichtigerweise einer Polizeipatrouille (Nachtschicht) in Erfurt anschloss. Messer blitzten, aber die Beamten haben gut auf ihren Minister aufgepasst. Beim nächsten Mal vielleicht allein durch die Erfurter Nacht spazieren, da wäre es dann noch authentischer.

♦ Hieß es für die 500 Einwohner von Updahl in Meckpomm zunächst „Jeder nur einen Flüchtling“, sollen nun in dem Dorf „nur“ 250 Scholz & Merkel-Gäste einquartiert werden. Widerstand (auch juristisch) zwecklos, wo der real existierende Sozialismus (SED & SPD) mit Manu Schwesigs Antlitz regiert.

Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofs, bekommt inzwischen von Rechnungshofkollegen aus dem Ausland „viele Fragen gestellt“, denn „die deutsche Energiewende sei für viele kaum mehr nachvollziehbar“. Hier würde uns deutlich mehr interessieren, für wen unter den Kollegen die deutsche Energiewende denn noch nachvollziehbar ist.

♦ Putsch in Niger, wo wir seit 2018 das Militär ausbilden. Da hat unsere Annalena den Putschisten in aller feministischen Deutlichkeit gesagt, das sei „ein Schlag ins Gesicht der vielen Nigrerinnen und Nigrer“. Und was ist das überhaupt für eine Putsch-Begründung? Regierung absetzen wegen „schlechter Regierungsführung“!
Nur gut, dass unsere Generäle alle mit der Ukraine beschäftigt sind …

Schönen Sonntag!


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