Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 13 – Der große Wurf der Vorschriftskoalition

Das Wohnraumvernichtungsgesetz (Modernisierung!) wird jetzt „pragmatisch ausgestaltet“: Rentner über 80 müssen ihre Gebäude nicht mehr sanieren. Staatsgast Karl von England hatte in Berlin seinen Schirm vergessen und musste mit Steinmeier in einer Käserei ausharren …

Was gab’s zu essen? Raucherpausen? Flachmannkontrolle? Das Menschliche kommt bei der journalistischen Aufarbeitung des längsten Powwows in der Geschichte unserer Häuptlinge mal wieder zu kurz. Insgesamt dreißig Stunden saßen die Herrschaften umeinander, dreißig Stunden, in denen „sehr, sehr gute Fortschritte“ gemacht und „viele, viele Verständigungen gewonnen“ wurden (Chef Olaf), und etwa um die 25ste Stunde versprach der Chef den Bürgern: „Es wird sich gelohnt haben.“ Was eine gewagte grammatische Konstruktion in Zeiten der allgemeinen Sprachverblödung ist, deshalb fügte er in einfacher Sprache hinzu: Es komme am Ende ein „großes Gesamtwerk“ heraus, das überraschen werde.

♦ Das Wichtigste in einem Satz zusammengefasst: SPD und FDP haben Wirtschafts-Azubi Habeck geholfen, sein vermurkstes Heizungsgesetz „pragmatisch auszugestalten“ und halbwegs juristenfest auszuformulieren. Außerdem überdenkt die Regierung ihre Arbeitsverweigerung, was die Reparatur der Autobahnen betrifft. Natürlich wurden wieder Abgaben erhöht, deren Durchschlagskraft sich dem einfachen Staatsfunkkonsumenten nicht gleich erschließt. LKW-Maut erhöht – Na und?, denkt da der PKW-Fahrer vor den ZDF- oder ARD-Nachrichten, schließlich bin ich kein LKW-Fahrer. Dass die Kosten ihn spätestens im Supermarkt erwischen, merkt er erst, wenn es so weit ist.

♦ Man kann von Glück sagen, dass sich die Linken untereinander selbst nie grün sind. So bezeichneten die Kommunisten der Weimarer Zeit die Spezialdemokraten als „Sozialfaschisten“, und die Grünen, ähnlich losgelöst von Mütterchen Erde, haben als neuen Kampfbegriff die Verteufelung „Klimasaboteure“ für die SPDler eingeführt.
Wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der dritte, und so geht es beim jüngsten Politbarometer für die Genossen wie für die Aktivisten von den Grünen um zwei Punkte runter, für die FDP um zwei Punkte rauf. Und der grünen Parteichefin Ricarda Lang schwant, dass der große Klima-Popanz in Gefahr kommen könnte: „Es gibt eine eher regressive Dynamik in der Klimadebatte.“

♦ Fein beobachtet. Niemand bringt das dieser Tage so deutlich auf den Punkt wie der Schauspieler, Produzent und Regisseur Til Schweiger, der sich nicht nur traut, erfolgreiche, statt belehrende Filme zu machen, sondern der sich auch noch den Luxus einer eigenen Meinung zum Tagesgeschehen leistet. Die Straßenkleber der von amerikanischen Milliardären finanzierten „Letzten Generation“ – Fleisch vom grünen Fleische – seien „Vollidioten“, so Schweiger, die (grünen) Regierungsmitglieder (m/w/d) könnten „in der freien Wirtschaft niemals so viel Geld verdienen“ – weswegen sie ja Politiker geworden seien.

♦ Das gilt natürlich auch für die Lokalpolitik. Anstatt das Votum der Wähler endlich richtig zu interpretieren – das Volksbegehren der grünlinken Aktivisten zum „Energiewendegesetz“ in Berlin ist mit Pauken und Trompeten durchgefallen –, versichert Berlins Franziska Giffey, SPD, sie „wisse um die Dringlichkeit“ der Klimatänze, und selbst die Orts-CDU bekräftigte, dass „Klimaschutz eines der wichtigsten Themen für die Landespolitik bleiben soll“ – obwohl die Union gerade deswegen nicht gewählt wurde. Nur die AfD brachte das Sonntagsergebnis auf den Punkt: „Die Berliner haben ihren Verstand nicht an der Garderobe abgegeben.“

♦ Ach, hinfort, Ihr bösen Geister! Der Dax steigt, die Inflation sinkt (a bisserl), und dann gibt sich auch noch Englands König Karl, der Dritte, die Ehre, protokollgerecht empfangen mit englischem Königswetter. Worauf die Welt begeistert titelte: „Schweres Unwetter in Brandenburg – König Charles harrt mit Steinmeier in Käserei aus.“

♦ Für unseren Parteienadel ist Karls Visite natürlich eine große Sache. Merkel hatte sich zur Feier des Tages extra für Gesundheits-Sneaker mit klobiger Sohle (Bild) entschieden, und auch die Grünen und Roten sollen sich bei Tisch anständig benommen haben. Für den echten deutschen Adel ist Karl hingegen buckelige Verwandtschaft, mütterlicherseits gehört er zum Hause Sachsen-Coburg und Gotha (nannten sich in Windsor um), väterlicherseits zu den Battenbergs aus Hessen (neuer Name Mountbatten).

♦ Die Roten, zumindestens die, die in Amt und Würden sind, fühlten sich recht wohl bei Königs, nur der Linkenchef maulte, dass sich der Bundestag „in Zeiten von Inflation und rasant steigender Armut von jemandem ins Stammbuch schreiben lässt, der buchstäblich mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde“. Wäre Karl nach Thüringen gekommen, hätte SED-Bodo bestimmt seinen tiefen Diener gemacht.

♦ Bei den Grünen hat Karl einen Stein im Brett, schließlich ist er Öko-Bauer de Luxe, außerdem hat er sein Weltbild durch regelmäßige Lektüre der Klima-Apokalypse gebildet. Nur dass er in seiner Rede auch auf den alliierten Bombenterror einging, dürfte viele Grüne verwirren, die glauben, die Nazis hätten Dresden bombardiert.

♦ Die markigen Worte unserer Scheinopposition (CDU/CSU) gehen bei all dem Frackrauschen, Rummtata und Diener machen ein wenig unter. So bekam kaum jemand mit, dass Friedrich Merz wieder einmal „die irreguläre Zuwanderung auf handhabbares Maß begrenzen“ will, und „mehr Schutz der EU-Außengrenzen und Asylzentren an den Grenzen“ fordert. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann stellte sogar die Sozialleistungen für Asylbewerber infrage. Aber das ist natürlich alles nicht ernst gemeint.

♦ Die EU hat nun auch auf Ministerebene beschlossen, dass in 12 Jahren keine Neuwagen mehr verkauft werden dürfen, die mit Benzin oder Diesel fahren. Dabei hätte es doch schon gereicht, sämtlichen Regierungs- und Behördenvertretern ab sofort E-Autos zwingend vorzuschreiben. Warum müssen alle Schaden nehmen, bevor die Herrschaften klüger werden?

♦ Avi Silverberg ist ein Baum von einem Mann, Rauschebart, 120 Kilo schwer, Gewichtheber. Kein Wunder, dass der Kanadier beim „Heroes Classic Powerlifting” der Damen über 85 Kilo mal eben den Rekord einstellte. Transfrau Anne Andres, die in den letzten vier Jahren acht von neun Damenwettkämpfen gewann, musste stumm dem Ende ihrer Siegesserie beiwohnen. Silverberg, ohne Zweifel männlich, nicht gebärend, hatte sich, den hirnrissigen Regularien entsprechend, für die Zeit des Wettkampfs als Frau identifiziert. Nicht um einen Preis ab-, sondern um mit den Regeln aufzuräumen. Wie siehts eigentlich bei der FIFA aus? Könnte Ronaldo mal eben die portugiesische Damennationalmannschaft zum WM-Titel führen?

♦ Apropos. Wofür kriegt DFB-Übungsleiter Hansi Flick eigentlich 7 Millionen im Jahr? Und wollte er nicht die Defensive stärken, wie Olaf Scholz das Klima?

♦ Es wird noch lange unvergessen bleiben, wie die SPD mittels Paarlaufs ihre neuen Parteivorsitzenden kürte, nun suchen auch Österreichs Genossen eine neue Führung. 73 Genossen wollen SPÖ-Chef werden, als aussichtsreicher Kandidat wird auch eine Giraffe aus dem Tierpark Schönbrunn gehandelt, weil die, so ihr Team, die beste Übersicht habe.

♦ Der Aprilscherz des Jahres 2023: Unser Genosse Präsident Frank-Walter verleiht Dr. Angela Merkel das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für ihre herausragenden Verdienste um Energiesicherheit, Grenzschutz, innere Sicherheit und politische Stabilität.

Schönen Sonntag!


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