Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 52 – Früher war mehr Lametta

Weihnachtsfernsehen mit Helene Fischer und Frank-Walter Steinmeier. Schöner kann es nicht mehr werden. Oma Edith (101) wurde geimpft – na denn: Prost!

Gottseidank haben ARD und ZDF ihre Drohung, wegen der Verweigerung der Gebührenerhöhung die Programmqualität herunterzufahren, über Weihnachten nicht wahrgemacht. Beide Großsender brachten das Beste auf den Bildschirm, was Deutschland zu bieten hat: Helene Fischer und Frank-Walter Steinmeier. Während Helene all ihre Klassiker zur Aufführung brachte, nahm sich TV-Quotensieger Frank-Walter in Teil 4 seiner Kultserie „Der Spalter“ die lautstarke Minderheit der Corona-Leugner vor. Frank-Walters frohe Botschaft: #Wirsindmehr. Hasta la Vista, Baby.

♦ Sicher, der smarte Charakterdarsteller Christian Wulff hatte in der gleichen Rolle schon mal fast doppelt so viele Weihnachtszuschauer. Aber früher war mehr Lametta. Und weniger Corona.

♦ Deshalb standen andere eben mehr im Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Etwa die 101 Jahre alte Edith aus dem Harz, die als erste Deutsche gegen Corona geimpft wurde. Die Presse berichtet, sie habe „den Pieks gelassen entgegen genommen“, mit einem Lächeln hinter dem Mund-Nasen-Schutz. Nun wartet das Publikum gespannt auf die Langzeitwirkung.

♦ Wieder einmal wurden wir Zeuge deutscher Organisationsfähigkeit, um die uns die ganze Welt beneidet. Meisterleistungen der Planung und Logistik, wohin man schaut. Das Homeland NRW bekam unter Polizeischutz für seine 17,9 Millionen Einwohner (davon 1,2 Millionen über 80 Jahre alt) eine erste Tranche von 9.750 Impfdosen geliefert. Zu Recht jubelte Jens Spahn: „Ein großartiger Tag!“

♦ Damit das Volk die Meisterleistung der Regierung auch richtig einzuschätzen weiß, plant diese eine großangelegte PR-Kampagne unter dem Titel „Deutschland krempelt die Ärmel hoch für die Corona-Schutzimpfung“. Zuerst soll erklärt werden, warum und wie bei der Impfreihenfolge priorisiert wird, in der zweiten Phase soll die allgemeine Impfbereitschaft gesteigert werden. Die Presseverlage jedenfalls stehen nach einem ersten groben Überschlag der zu erwartenden Werbe-Einnahmen schon mal felsenfest hinter jeder Maßnahme der Führung.

♦ Deshalb wird wohl auch nicht breit öffentlich (rechtlich) darüber diskutiert, warum die Gastronomie abgewrackt wurde, obwohl gerade mal 2 % aller Ansteckungen in Bars oder Restaurants stattgefunden haben könnten. Gastwirte schalten schließlich keine überregionale Werbung.

♦ Beinahe wäre unsere oberste Führung doch tatsächlich in einen schweren Konflikt hineingeschlittert. Als die Brexit-Verhandlungen kurz ins Stocken geraten waren, griffen erste Wirrologen bereits zu den Waffen und dichteten den Briten die Corona-Pest an den Hals. „Das sieht leider nicht gut aus“, raunte Merkels Drosten über eine englische Corona-Mutation, bevor er wohl zurückgepfiffen wurde und schnell nachschob: „Ich glaube nicht, dass wir da bald ein größeres Problem kriegen.“
Nun, 1.246 Vertragsseiten später, tröstet Julia Klöckner die deutschen Fischer, Frankreich stellt 1.300 Lebensmittel-Kontrolleure für die Kontinentalsperre ein, aber wenigstens Ursula von der Leyen steigt in der Wählergunst, und die Operation Seelöwe (?) scheint abgeblasen.

♦ Noch haben wir ja auch im Inland genug zu tun. Ständig greift die bayerische Polizei nach 21 Uhr Corona-Leugner auf. Mal einen Großvater, der seine Enkel nach Hause fahren wollte (500 Euro Strafe!), mal Nikotinsüchtige, die spät abends zum Zigarettenautomaten schlichen (ebenfalls je 500 Euro Strafe!). Auch Schmacht nach 21 Uhr gilt nicht als triftiger Grund, sondern als Beschaffungskriminalität.

♦ Natürlich gibt es Ausnahmen, über die nicht gesprochen werden sollte. In Berlin etwa kam es in Kreuzberg mal wieder zu einer Schießerei mit mehreren Verletzten und einem Einschussloch in der Stresemannstraße 23 – direkt gegenüber der SPD-Parteizentrale. Das ist besonders gemein, weil doch die SPD bereits angekündigt hatte, in Zukunft nicht mehr von Clankriminalität zu sprechen, um die sensiblen Clannaturen nicht zu provozieren.

♦ Kaum hatte Annalena Baerbock angekündigt, dass sie sich selbstverständlich die Kanzlerschaft zutraue, sei sie mit Häme überschüttet worden, stellt der „Spiegel“ entrüstet fest. Der Verdacht liege nahe, „dass Baerbock so viel Häme abbekommt, weil sie eine Frau ist“, haben sie beim „Spiegel“ sofort erkannt. Und nicht etwa deswegen, weil Annalena Baerbock daheim den Strom im Netz speichert und mit Kobolden Batterien betreibt.

♦ So, genug der Weihnachts-Lieder, im nächsten Jahr sehen wir uns wieder. War es bisher schon recht bunt, geht es dann erst richtig rund!

Es mag sie überraschen, aber 2021 – dem Jahr des Büffels – können wir noch einiges von Horst Seehofer erwarten. Wie Konfuzius sagt: „Der Mensch, der wenig nur gelernt, wird alt ganz nach der Ochsen Art. Es wächst ihm also nur das Fleisch, die Einsicht wächst ihm nicht.“ Wer muss da nicht gleich an unseren Horsti (chinesisches Sternzeichen Büffel) denken…?

♦ Prost Neujahr! Auf Ihr Spezielles!


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