Tichys Einblick
blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 34 – Aufregung in Absurdistan

„Wer da!?“ – „Ein deutscher Reitersmann, bringe Botschaft aus Afghanistan.“ Von Islamist*innen (ZDF) und „Tasliban“ (Annalena). Eine Gelegenheit zu zeigen, „was wir können und was wir nicht können“ (Dr. Angela Merkel).

Militärisch gesehen war die deutsche Frontbegradigung ein voller Erfolg. Alle Soldaten und die letzten Paletten Becks Bier waren ausgeflogen, schwere Waffen und Fahrzeuge geputzt und schlüsselfertig zur Übernahme durch die Taliban auf dem Hof abgestellt – tschüss Masar-e-Scharif, tschüss Kabul, tschüss Afghanistan. Na denn schönes Wochenende, dachten sich selbstzufrieden Verteidigungsministerin Annegret KK, der für Afghanistan zuständige Staatssekretär im Heiko-Ministerium Niels Annen (SPD) und Oberbefehlshaberin Merkel, und gingen – je nach Talent – unterschiedlichen Wahlkampf-Tätigkeiten nach. Der eine auf dem Feuerwehr-Grillfest, die andere beim Flammkuchen-Backen und Dr. Angela Merkel soll im Kino zum ersten Mal seit Jahren tatsächlich halblaut gelacht haben (bei einer Doku über tolle Politikerinnen).

♦ Währenddessen rückten die Taliban absprachegemäß vor, was dank der zurückgelassenen NATO-Autoflotte recht zügig ging. Bilder von Taliban-Kämpfern, meist naive Bauernlümmels, auf Kirmes-Karussells und beim Trampolinspringen gingen um die Welt, indes inspizierten ihre dicken Chefs schon mal den Präsidentenpalast.

♦ Vergessen hatten unsere Strategen allerdings die vielen Weltverbesserungsorganisationen, die Afghanistan mit Regenbogenfahne und Gender-Studies vertraut gemacht hatten, sowie ihre zigtausend afghanischen Hilfskräfte, die nun auf lange Zeit arbeitslos würden, und sich daher alle gleichzeitig zum Flughafen aufmachten, um noch auf die letzten Maschinen zu kommen.

♦ Während der afghanische Präsident Ashraf Ghani sich mit einer Palette Bargeld ins Ausland absetzte, berichtet das deutsche TV rund um die Uhr vom drohenden Schicksal der Afghaninnen, die nun wieder Tschador tragen müssen wie viele ihrer Leidensgenossinnen in Wuppertal, Duisburg oder Berlin, und hiesige TV-Moderatorinnen stießen das Wort „Taliban“ aus wie sonst den Namen „AfD“. Völlig von der Rolle waren die Damen beim ZDF, die entsetzt von „Islamist*innen“ genderten, die in afghanische Städte einzögen.

♦ Womöglich verwechselten Berichterstatter in der ersten Aufregung die Taliban mit dem IS. „Grausame Szenen“ rund um den Flughafen will die Journalistin Ayesha Tanzeem (Voice of America) gesehen haben, konkret wird sie in ihrem eigenen Fall: Sie sei „erst beim dritten Anlauf in den Flughafen gekommen und habe stundenlang im Gedränge gestanden“. Journalistinnen und Krieg. Erschossen wurde nun der Kabuler Polizeichef „vor laufenden Kameras“ (Focus). Fällt bis jetzt unter „Einzelfälle“, wie bei uns. Dafür hat das mediale Unter-Feuer-Nehmen der Verantwortlichen am Afghanistan-Debakel (von Merkel abwärts) deutlich abgenommen.

♦ Zunächst sollte unser Heiko an allem schuld sein. Nur weil er noch vor wenigen Wochen den Journos klarmachte: Taliban? Ich sehe keine Taliban. Aber da nahm ihn Merkel gleich in Schutz. Das Desaster von Kabul zeige, „was wir können und was wir nicht können“ – eine entlastende Aussage, die schon einmal („Jetzt sind sie halt da“) prima funktionierte.

♦ Wenigstens gehen die Geschäfte weiter: Annalena Baerbock und ihr Zieh-Opa Joseph Fischer versprechen „eine massive Flüchtlingsbewegung Richtung Europa“, also nach Deutschland. Viel Geld für Betreuung, Psychologen, Soziologen, Klimatologen und andere Logen.

♦ Selbst das eherne Gesetz deutscher Politik, alles abzulehnen, was die AfD fordert – Gauland hatte die Aufnahme afghanischer Ortskräfte für richtig befunden – wurde wegen der „Tasliban“ (Annalena) und den kommenden Geschäftsaussichten außer Kraft gesetzt.

♦ Längst schon klingt auch der Söder wie ein echter Baerbock, wenn er ankündigt, „so viele Menschen wie möglich auszufliegen“. „Deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die afghanischen Ortskräfte der Bundeswehr und anderer Institutionen, aber auch weitere ‚schützenswerte Menschen’, wie zum Beispiel Frauenrechtlerinnen, Menschenrechtsaktivisten oder Journalistinnen und Journalisten“, gendert er sich in die Herzen der TV-Damen.
Ob das Wählerfischen am linken Rand aufgeht? Viele haben nicht vergessen, dass in den vergangen Monaten die Frage eher lautete: Wie bekommen wir kriminelle Afghanen wieder raus?

♦ Aber Söder tut alles, um Laschet scheitern zu sehen. Dabei helfen ihm gerne bestimmte Demoskopen, Spiegel, RTL und Staatsfunk. Laut der täglichen Hochrechnungen und Schönschreibungen soll ja Olaf das schnellste Pferd im Rennstall sein. Die sich deutlich seltener irrenden Wettquoten auf der Analyseplattform „Wettbasis“ sehen hingegen eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 80 Prozent, dass Armin das Rennen macht. Außerdem hat Dr. Angela Merkel gerade erst gesagt, sie sei „zutiefst überzeugt“, dass Armin Kanzler wird, und damit ist das (oder der?) dann auch erledigt.

♦ Mein Gott, das hätte noch gefehlt! Da hielt Einmann („asiatisches Aussehen“) Berlin mit einer Machete in Atem (mehrere Schwerverletzte). Schnell wurde ein polizeilicher Krankenschein ausgestellt – es sei von „nicht rational gesteuerten Tathandlungen auszugehen“ –, aber wenn das ein Afghane gewesen wäre? Schnell wie sonst nie konnte Entwarnung gegeben werden, es soll sich um einen Thailänder handeln.

♦ Offensichtlich macht sich niemand Sorgen um Annegret KK, also müssen wir es wohl tun. Die Arme ist völlig von der Rolle. Nach den Evakuierungsmaßnahmen befragt, antwortete sie: „Wir werden die unverzüglichen und ohne Verzögerung durchgeführte Präzisierung der Planung der Auslösung der Vorbereitung der Mission seit letzter Woche, insbesondere seit Donnerstag letzter Woche, noch einmal darlegen…“
Was hat die Politik aus dieser fröhlichen Karnevalistin nur gemacht?

♦ Übrigens: Nur Karl denkt mit. Auf dem Hinflug könnten unsere Flieger doch die demnächst abgelaufenen Impfdosen (lecker Biontech und lecker Astra) mitnehmen. Hätten wir alle was davon. Das Zeug wäre weg und nur Geimpfte kämen.

♦ Trotz der Lage hat Karl Lauterbach seinen Humor nicht verloren. Es sei zu begrüßen, „dass STIKO jetzt Impfung 12-17 Jährige empfiehlt. Sie hat die Daten sorgfältig geprüft und ihre Entscheidung gut begründet. Wir können dankbar sein, ein solches unabhängiges Gremium zu haben“. Ein „solch unabhängiges Gremium“, „Daten sorgfältig geprüft“ und „Entscheidung gut begründet“? Herrlich. Wäre der nicht auch was fürs Verteidigungsministerium?

♦ Haben Sie das gelesen? Was dieser Reichelt von der Bild-Zeitung… Der Fall Afghanistans sei das „Sinnbild für 16 Jahre Außenpolitik der Regierung Merkel: falsche Analysen, falsche Einschätzungen, falsche Entscheidungen, falsche Verbündete, den Falschen vertraut“. Der Kerl ist ja mutiger als die afghanische Armee. Nun warten wir gespannt, wie weit Merkels langer Arm noch reicht. Muss Reichelt widerrufen? Wird er ausgemustert?


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