Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

BLACKBOX KW 21 – Wer braucht Donald oder Kim?

Merkel bestaunt China, Heiko sammelt Flugmeilen. Die Grünen präsentieren stolz Jan Philipp, den Verbieterich. Und ja, wir müssen Horst mal in Schutz nehmen.

Unsere Staatsratsvorsitzende und erste Sekretärin der Unionspartei, Angela Merkel, hat das neue Bruderland China besucht und fordert in bekannter Klarsicht: „Die Kooperation mit China muss jetzt auf ganz neue Füße gestellt werden, natürlich auch mit Blick auf die Digitalisierung“. Manches in China könne man nachahmen, sagt sie, anderes eher nicht. Autos, die alleine fahren, sind nichts für uns, so die Unfehlbare, weil wir ja gerade erst eine Million neue Lastwagenfahrer ins Land geholt hätten. Roboter, die „Hallo, wie geht es Ihnen? Was kann ich für Sie tun?“ sagen, könnte sie sich allerdings gut für die Pflege vorstellen. Oder als Abgeordnete.

Schwer beeindruckt war unsere Staatsführerin von Chinas neuem Lob-und-Tadel-System, bei dem die Bürger mit Punkten fürs Wohlverhalten (im Sinne der Regierung) belohnt werden. Nur mit einer hohen Punktzahl bekommt man dann einen günstigen Kredit, einen Job, einen Auftrag für sein Unternehmen oder eine neue Wohnung. Für die Mitgliedschaft in einer unerwünschten Partei gibt’s hingegen Punkteabzug. Merkel erklärte den Chinesen, zwar würden auch bei uns schon Mitglieder einer bestimmten Partei bei Job- und Wohnungssuche benachteiligt, oder dürften nicht zu bestimmten Fußballspielen gehen, aber ein ausgefeiltes Punktesystem eröffne doch ungeahnte Möglichkeiten.

Wie auf Auslandsreisen deutscher Kader üblich, wurde auch das eine oder andere „kritisch angesprochen“ – aber das gehört nicht hierher.

♦ Endlich kommt er mal raus, unser Heiko! Brüssel, Paris, Moskau, Washington, Buenos Aires, Warschau, undundund – dabei gibt es nirgendwo eine Krise, bei der er gebraucht würde. Das sieht fast nach Flucht aus. Vor Freundin N.? Oder will er Meilen sammeln? (Dabei gibt‘s keine Boni im Regierungsjet.) Bisher deutlich: Nirgendwo findet Heiko neue Freunde, meistens ist von „unterkühlter Atmosphäre“ die Rede. Außer bei der UN, der er eine Milliarde Steuereuros versprochen hat – fast wie zuhause …

♦ Frank-Walter, Herr vieler Heimaten, hat Dunja vom Frühstücksfernsehen mit dem Bundesverdienstkreuz behängt, denn „wir brauchen Journalistinnen und Journalisten mit Handwerkszeug und Ethos“. Nun fragen viele Journos mit Handwerkszeug und Ethos, ob sie vielleicht auch …? Gute Nachricht: Natürlich! Kommen Sie vorbei, wenn es wieder heißt: Bundesverdienstkreuzigung? Bitte nach links gehen, jeder nur ein Kreuz …

♦ Kann man dem Horst einen Vorwurf machen, weil er seine Versprechungen nicht halten kann? Schließlich haben wir die Sekundärtugenden (Fleiß, Disziplin Pflichtbewusstsein, Zuverlässigkeit und Höflichkeit) in Deutschland abgeschafft und setzen stattdessen auf Tertiär-Tugenden (Haare schön, Superstar, Alles-besser-wissen, Bunt sein). Damit kann man natürlich kein BAMF betreiben! Oder so etwas wie Ankerzentren. Also, Horst, in Zukunft ruhig fordern, maulen, auf den Tisch hauen – aber niemals konkret werden!

♦ Volker Kauder kann in der nächsten Woche leider nicht als CDU-Moralapostel in einer der Polit-Talkshows auftreten. Er arbeitet noch an der Aufklärung einer 10.000 Euro-Parteispende des Waffenherstellers Heckler & Koch an seinen Wahlkreis wegen einer Exportgenehmigung.

♦ Aus der Endlos-Seifenoper „Wer bin ich? Und wenn ja, wie viele?“: Der aus Ellwangen abgeschobene Togolese lebt nun als Obdachloser in Rom, klagt die „Zeit“, das Hausblatt für die Frau mit Herz. Und sie werden’s nicht glauben: Jetzt ist er nicht mal mehr Togolese!

♦ Ein weiterer Fall für die Allesversteher – oder wie es beim Focus heißt, „ein gefundenes Fressen für rassistische Hetzer“, ist Said K., zur Zeit Tuttlingen: Asyl abgelehnt. Polizeibekannt. Seinem eifrigen Sozialbetreuer brach er den Arm. Knast? Auf keinen Fall, sagten die Kuschelrichter. Klapse? Nein, so die Psychos, denn freiwillig auszureisen, habe Said K. abgelehnt. Das beweist: Der Mann hat alle Tassen im Schrank. Abschieben? Pakistan nimmt ihn nicht, denn „wir können ihn nicht eindeutig als Pakistani identifizieren“. So geht es endlos weiter in der Tuttlinger Aufführung von „Und täglich grüßt das Murmeltier“: Gewalttat, Polizeigewahrsam, Gewalttat, Polizei …

♦ Der Presserat gestattet, folgende Formulierungen bei Gewaltverbrechen standardmäßig zu verwenden: Der Täter „hätte nie in Deutschland sein dürfen“, „Er hätte im Gefängnis sitzen müssen“, „Er hätte längst abgeschoben werden sollen“.

♦ Dem Grünen Jan Philipp Albrecht verdanken wir das neue DSVGO. Die Kommentare zur neuen Schikane reichen von „arglistiger Abschaffung der Meinungsfreiheit im Netz“, „Bürokratiemonster“, bis „besten Dank auch, Ihre Abmahnvereine und Anwälte“. Jan Philipp sieht sich als Held: Jetzt könnten gegen große Konzerne wie Facebook „scharfe Sanktionen“ verhängt werden. Für kleine Unternehmen und Vereine ändere sich „im Prinzip“ nichts. Bislang sieht es umgekehrt aus. Facebook-Chef Zuckerberg kam gelassen auf einen Sprung in Brüssel vorbei, fand Zeit für Autogramme und Selfies mit den EU-Abgeordneten. Jan Philipp wird demnächst Minister in Schleswig-Hohlstein. Da gibt’s auch große Konzerne, die auf seine scharfen Sanktionen warten.

♦ „75 Prozent der Deutschen sind der Ansicht, dass ihr Land von der EU profitiert“, zitiert die Jubelpresse eine Umfrage. Umfrage? Hört sich eher nach Lernzielkontrolle an.

♦ Wir müssen Pfarrer Wolfgang Sedlmeier aus Aalen loben, der sich zu einem Coming Out durchgerungen hat und in Rock und Kopftuch vor der Gemeinde auftrat. Die war begeistert, jetzt muss nur noch der Bischof klären, wie weit Neigung und kirchlicher Auftrag Hand in Hand gehen …

♦ Von der Folklore zur wahren Religion. Die dänische Integrationsministerin Inger Støjberg forderte Muslime auf, während des Ramadans Urlaub zu nehmen. Religion sei Privatsache, aber „wer aktuell tatsächlich von 2.54 Uhr am Morgen bis 21.29 Uhr am Abend faste, schade der dänischen Wirtschaft und gefährde die Sicherheit – etwa wenn Busfahrer übermüdet zur Arbeit gingen. Unsere neuen besten Freunde, die Chinesen, verstehen das Problem nicht. Sie verfrachten Muslime angeblich in „Re-Education-Camps“, wo die Insassen Schweinefleisch essen, Alkohol trinken und die Kommunistische Partei lobpreisen müssen. Und wie sieht’s beim Integrationsweltmeister aus? Ungarns TV-Nachrichten meldeten, die Stadt „Essen“ würde wegen Ramadan in „Fasten“ umbenannt. Damit sind die Ungarn zwar auf einen Scherz hereingefallen, aber es zeigt, dass man uns auf der Welt mittlerweile jeden Blödsinn zutraut …