Tichys Einblick
Bettina Röhl direkt : Warum Einwanderer nicht gleich Einwanderer sind

Der Mensch wird immer teurer

Die Gesellschaft stößt an ihre Grenzen. Das Anspruchsniveau ist zu hoch angesichts der volkswirtschaftlichen Leistungsentwicklung. Die Reibungsverluste einer ungekonnten Integrationspolitik sind gigantisch. Die Politik muss sich etwas einfallen lassen, wenn sie Anspruch und Realität in einer weiterhin lebenswerten Gesellschaft in Einklang will.

Es beginnt mit der Geburt. Was sich früher in einem Stall in der Wärme der Tiere auf Heu und auf Stroh und mit wenigen Helferinnen vollzog, findet heute in immer kostspieligeren High-Tech-Stationen statt, die sich um die Geburt, um Kind und Mutter kümmern. So ist der erste Tag im Leben eines Menschen ein teurer Tag, und regelmäßig beginnen die Kosten rund um das Baby schon viel früher. Teure Schwangerschaftsverhütungen und dann unter Umständen teure künstliche Befruchtungen und neun Monate immer massiver werdende Schwangerschaftsbegleitungen der Medizin.

Auch der letzte Tag im Leben eines Menschen wird bekanntlich immer teurer, aber konzentrieren wir uns auf die Zeit zwischen Geburt und dem von der Geburt immer entfernter liegenden Todestag. Immer teurere Kindergartenplätze, immer aufwändigere frühkindliche Erziehung, immer aufwändigeres Spielzeug, und dann die Beschulung der Kinder, die immer aufwändiger und komplexer wird. All dies verschlingt ein immer größeres Vermögen. Die Tigermamas und Papas scheuen keinen Aufwand, um die Kinder neben der Schule mit Ausbildung und Bildung vollzustopfen. Die Universitäten werden immer unbezahlbarer, entsprechend hoch ist der Aufwand, den eine Gesellschaft pro Student und Studienjahr erübrigen muss.

Bis zum Berufsstart eines jungen Menschen ist ein Mensch, außer, dass wir ihn alle lieben und uns an ihm erfreuen, ein wahres Groschengab gewesen. Teure, gelegentliche Fehlentwicklungen inklusive. Mal merkt einer, dass er das Falsche studiert hat und ein ganz anderes Studium nachschieben will, mal rafft jemand seine bis dahin erworbenen Erfahrungen zusammen, um erst einmal mit der Selbstfindung in fernen Ländern zu beginnen. Der Netto-Output eines Jahrganges, der mit sagen wir 25 Jahren stramm ins Erwerbsleben eintritt, soweit der akademische Bereich betroffen ist und von da an bis zur Rente mit 63, also 38 Jahre stramm durcharbeitet, ist weit von 100% entfernt. Und ab dem Renteneintritt, der de facto wahrscheinlich im Mittel bei unter 63 Jahren liegt, wird ein Mensch nicht nur zum Spitzenverbraucher, nein, er wird auch zum Spitzenkostenfaktor und von Jahr zu Jahr bis zu seinem Tod immer teurer. Die ersten Altersopfer des Hochlohnlandes Deutschland wandern zum Sterben in Billiglohnländer aus und verbringen ihre letzten Jahre in einer fremden Welt, deren Sprache sie nicht einmal sprechen. Ein hartes Ende.

Die Netto-Lebensarbeitszeit sinkt

Der Mensch arbeitet weniger als die Hälfte seines Lebens produktiv. Zwischen Berufsende und Tod liegen bei der sich laufend erhöhenden Lebenserwartung drei Jahrzehnte und bald mehr und die medizinische Versorgung und die Pflege werden gegen Ende des Lebens teurer als es die Ausbildung zu Beginn des Lebens war. Je nach Ausbildungsgang, Studium oder Berufsausbildung, der Mensch arbeitet zunehmend weniger als die Hälfte seines Lebens produktiv. Und leider gibt es während der produktiven Jahre viele freiwillige und viele unfreiwillige Auszeiten und die Menschen haben mit Krankheiten, Unfällen und vielerlei Unbill zu kämpfen. Auch das Kinderkriegen und das Kinderbetreuen gehen oft zu Lasten der Arbeitszeit. Und wenn er denn mit beiden Beinen dem eigenen Broterwerb nachgeht, dann muss er nicht nur seinen eigenen gehobenen Verbrauch während dieser Zeit verdienen, sondern er ist es auch, der den gesamten Staat, die Gesellschaft in toto mit all ihrem Fortschritt und all ihren kostspieligen Fehlentwicklungen bezahlen und wirtschaftlich am Leben halten muss und dies in dem objektiv kaum gerechtfertigten Vertrauen darauf, dass ihm selber später von den nachfolgenden Generationen ähnlich freundliche Jahrzehnte des Ruhestandes gegönnt werden, wie er sie derzeit für seine eigenen Altvorderen finanziert.

Früher lernten die Menschen im heiratsfähigen Alter andere Menschen kennen und weil sie heirats- oder bindungswillig waren, lernten sie einen für länger oder dauerhaft lieben und das alles war kostenlos. Heute jetten die Singles notfalls für ein Date um den Globus und dann fällt das Date unglücklicherweise auch noch ins Wasser oder geht sonst in die Hose und sie beschäftigen teure Partnervermittlungsindustrien, deren Dienste sie meistens nur recht flüchtig, am Ende wieder als Singles dastehend, ausnutzen können: Volkswirtschaftliche Reibungsverluste. Auch die aufgeblähten Scheidungsapparate sind bei aller Notwendigkeit Kostenbringer, die allenfalls mittelbar der Steigerung des Bruttosozialproduktes dienen: eben Reibungsverluste.

Eine solche Luxusvolkswirtschaft wie die der Bundesrepublik mit ihren täglich teurer werdenden Bürgern kommt dank des technischen Fortschritts, der seit der 68er-und grünen Denke zu allem Überfluss auch noch verteufelt wird, noch gerade so über die Runden. Tendenz abnehmend. Jeder schlecht getimte Feiertag, womöglich in der Mitte der Woche, belastet die Volkswirtschaft doppelt. Der Verbrauch bleibt, der Jahresgesamtumsatz sinkt um ein halbes Prozent. Arbeitszeitverkürzungen, Herabsetzung des Rentenalters sind auf mittlere Sicht unbezahlbare Kostenfaktoren und zu allem Überfluss liegen viel zu viele Ressourcen arbeitsfähiger und arbeitswilliger älterer Pensionäre und älterer Menschen überhaupt brach. Und dies vornehmlich weil es einen Jugendwahn bei vielen Arbeitgebern gibt, die lieber einen 25.oder 30.jährigen einstellen, der ihnen schon nach kürzester Zeit abhandenkommt, weil er zur Konkurrenz wechselt, anstatt einen älteren Arbeitnehmer vollwertig einzustellen, und nicht nur nach dem Motto, bringt Lebenserfahrung o.Ä.

Der Mensch ist eben lieb und teuer!

Der Mensch ist hierzulande zu einem Kostenfaktor geworden, der die Zukunft belastet. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen systembedingt ins überhöht alimentierte Pensionärsleben, und die aktiven Generationen haben sich das Kinderkriegen abgewöhnt und dazu auch noch grün-alternative Ideologien geliefert, weshalb Kinder uncool wären, nicht Not tun, nerven und die eigene Karriere störten. Die Volkswirtschaft wird also latent und wachsend, jeden Tag aufs Neue in Bezug auf ihren unmittelbar startklaren, topausgebildeten Nachwuchs unterversorgt. Auch das steigert den Kostenfaktor Mensch weiter nach oben. Volkswirtschaft und Demographie sind dynamische Entwicklungen. Wenn jedes Jahr aufs Neue der qualifizierte Berufsnachwuchs fehlt, dann fehlen automatisch die Leistungsträger des nächsten und des übernächsten Jahrganges usw. In allen Altersstufen fehlen bei langanhaltender Entwicklungen dieser Art die Leistungsträger und sie fehlen dann flächendeckend in der gesamten Volkswirtschaft.

Da es viele Regionen auf der Welt gibt, in nah und fern, wo die Menschen schlechtere Arbeits-und Lebensbedingungen haben als hierzulande, scheint es eine Win-win-Situation zu sein, „Humankapital“ gleichsam zu „importieren“. Allerdings: Ob man den schwächeren Volkswirtschaften deren Leistungsträger abwirbt oder ob die Verlierer und die Vergessenen und die Unterversorgten, die die Herkunftsländer gerne ziehen lassen, hierher kommen, macht volkswirtschaftlich einen Unterschied wie Tag und Nacht. Der Jungakademiker, weltoffen, sprachgewandt und auf westlichen Leistungswillen eingestimmt, kann sofort seinen volkswirtschaftlichen Nutzbeitrag leisten. Die vielköpfige Familie, die aus Armut verständlicherweise hierher kommt, ist volkswirtschaftlich gesehen, ein Faktor, der die Kosten enorm erhöht, ohne einen Beitrag leisten zu können. Deswegen redet die derzeitige Regierung Merkel wie alle Vorgängerregierungen gern von einer Steuerung der Zuwanderung, will sagen, von Selektion, um das unschöne Wort so hart auszusprechen, wie es ist. Greencardmodelle sind, nicht allzu offen ausgesprochen, der Favorit: Die Guten ins Körbchen.

Die Reibungsverluste einer ungekonnten Integrationspolitik sind gigantisch
Eine chaotische Integrationspolitik, die oft gar nicht mehr auf Integration setzt und die viel zu sehr glühenden Ideologen überlassen wird, bringt volkswirtschaftlich gesehen mehr Kosten als Nutzen. Eine erfolgsorientierte Einwanderungspolitik ist daher derzeit der einzige Schlüssel die Pfründe der satt gefressenen Deutschen in die Zukunft hinüber zu retten. Um die Kosten des Menschen auf die Schultern vieler produktiv arbeitender Menschen zu verteilen, braucht es also eine Einwanderungspolitik, die keine Reibungsverluste produziert und die auf die volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten abgestimmt ist.

Der Mensch wird rapide immer teurer. Die Zeit läuft davon und die Regierung ergeht sich in Aktionismus und Populismen und jeder sieht kurzfristig nur auf sein Amt und seinen Ruhm und sein Scherflein. Die Reibungsverluste einer ungekonnten Integrationspolitik sind gigantisch und langfristig – und sie werden in der Öffentlichkeit wie nicht existent behandelt.

Die Kosten des Menschen im Westen oder sein Verbrauch sind zu hoch und haben ein zu hohes Anspruchsniveau erzeugt. Die wachsende Weltbevölkerung, gerade auch in den ärmsten Ländern wird mehr Teilung des Weltbruttosozialproduktes nach sich ziehen. Da müssen sich die gleichsam zu teuren Menschen in der Bundesrepublik und im Westen gewaltig etwas einfallen lassen und deutlich rationaler an die Gestaltung der Gesellschaft und auch deutlich rationaler an die Aufrechterhaltung der Bevölkerungszahlen durch Zuzug von außen herangehen. Auch ein Schrumpfungsprozess der Gesellschaft darf kein Denktabu sein, zumal die Produktivität laufend steigt.

Das rechtmäßig angewandte Asylrecht bleibt angesichts der hier diskutierten Opportunitätsüberlegungen naturgemäß außen vor: Asyl geht immer. Und die Asylkosten sind entsprechend gleichermaßen naturgesetzliche Kosten.