Tichys Einblick
Benehmen Sie sich!

Zweifelhafter Windbeutel

Die Gegner des amerikanischen Präsidenten machen Fehler über Fehler: schlechtes Benehmen mit schlechtem Benehmen zu kontern, ist jedenfalls einer.

© BRENDAN SMIALOWSKI/AFP/Getty Images

To begin with: alles an ihm ist stillos, das meiste unanständig, seine Umgangsformen als rüde zu bezeichnen ist fast schon ein Euphemismus. Wenn der amerikanische Präsident so einzigartig ist wie sein peinliches Selbstlob-Gezwitscher uns glauben machen will, dann wohl in nahezu allen Kategorien von ordentlichem Benehmen.

Und doch: der Mann steht noch und seine mitteleuropäischen Gegner in den Medien, die vor lauter Schaum vor dem Mund gar keine nachvollziehbaren Laute mehr von sich geben, greifen inzwischen zu den verzweifelsten Methoden, um ihren anfänglichen Anflug von hochmütiger Selbstgewissheit zu rechtfertigen: so einer ist bald Geschichte, wir fegen ihn aus dem White House!

Und zu diesen Methoden gehört es nun, auch noch den zweifelhaftesten Windbeutel zu feiern, der sein Mütchen am schillernden Präsidenten kühlen muss. James Comey, von Trump im Mai 2017 gefeuerter FBI-Chef, bringt es nun zu öffentlicher Aufmerksamkeit, weil er ein Buch mit dem durchaus bezeichnenden Titel „A Higher Loyalty“ geschrieben hat, das heute in den USA erscheint. Und in dem er vor allem eines beweist: sein Verhältnis zu gutem Benehmen und Anstand ist mindestens ebenso gestört wie das des Narzissten im Weißen Haus. Diesen beschreibt Comey als einen Mann, dessen Führungsstil vom eigenen Ego getrieben sei (ein Buch als Abrechnung für einen ziemlich krachenden Rausschmiss zu schreiben, hat natürlich nichts mit „Ego“ zu tun). Zudem sei Trump eine „Art Mafiaboss“, der die Grenzen zwischen Polizeiarbeit und Politik habe verwischen wollen. Trump habe außerdem versucht, mit Blick auf die Ermittlungen zu einer russischen Einmischung Druck auf ihn auszuüben. Ja, vielleicht war es sogar so. Doch vom ehemals obersten Polizisten der USA dürften wir etwas mehr erwarten: nämlich das, was in seinen Kreisen gemeinhin „Beweise“ genannt wird.

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Stattdessen allerlei Atmosphärisches, weil das ja immer geht und einen auch der Notwendigkeit enthebt, seine Aussagen mit nicht zu widerlegendem Material zu unterfüttern. Alles klingt ein bisschen nach Gesinnungsaufsatz aus der Klippschule der Politabrechnung: „Donald Trumps Präsidentschaft bedroht vieles von dem, das in dieser Nation gut ist“, schreibt Comey und bezeichnet die US-Regierung als einen „Waldbrand“, den selbst ethisch gesinnte Top-Politiker in den Reihen der Administration nicht eindämmen könnten. Ach Gottchen: lauter hehr Gesinnte in Geiselhaft eines Barbaren, die sich vor lauter Drangsal und Einschüchterung nicht erheben können und nun im Dienste einer großen Nation still duldend zu retten versuchen, was zu retten ist!

Aus den Buchseiten quillt der Rachefeldzug eines Geschassten, der es nicht verwinden kann, nicht mehr am Trog der Großen und Wichtigen zu sitzen. Auch das haben wir schon erlebt, aber eben auch stilvoller und objektiver. Natürlich darf zum Buchstart auch nicht das epische Fernsehinterview fehlen, in dem Comey es „für möglich“ hält, dass die Russen Donald Trump kompromittiert haben. Er könne nicht unberücksichtigt lassen, dass Moskau „vielleicht“ schädliche Informationen über Trump habe, sagte Comey in dem Interview mit ABC News. Dass Trump selbst die Justiz in ihrer Arbeit behindere, wolle er nicht „ausschließen“.

Wenn das FBI unter ihm nicht besser und präziser gearbeitet hat, als sich mit kruden, wachsweichen und immergleichen Vermutungen und unbewiesenen Anschuldigungen durchzumogeln, mag seine erzwungene Demission so willkürlich gar nicht mehr erscheinen.

Wir würden gerade Zuschauer eines „Politpornos“, schreibt SPIEGEL ONLINE. Ja, aber einer von der Sorte schmuddeliges Hinterhofkino, in dem hastig zusammengestoppelte Amateurstreifen vor ein paar verklemmten Rentnern laufen! Jeder darf mal, um im Jargon zu bleiben. Buch schreiben, Internas, die keine sind, veröffentlichen, dem Berserker im Weißen Haus ans Bein pinkeln, im Fernsehen ein paar unbewiesene Details „preisgeben“ und harmlose Schnurren platzieren.

Wer mit den gleichen Mitteln des mangelnden Anstandes und der schlechten Erziehung kämpft wie der, den man gerade deswegen kritisiert, sollte sich wenigstens nicht an einem Glaubwürdigkeits-Wettbewerb beteiligen. Und noch etwas, Mr. Comey: mit solch lächerlichen Kampagnen erreichen Sie nur das Gegenteil! Die ohnehin hartgesottenen Wähler Donalds Trumps werden sich noch mehr mit ihm solidarisieren, Identifikation und Wagenburg heißen hier die Stichworte.

Vielleicht nutzen Sie Ihren Ruhestand mal dazu, gute Bücher zu lesen, statt überflüssige zu schreiben!