Tichys Einblick
Nicht einsperren, sondern vorsorgen

Wie lange noch soll Österreich unter der Unfähigkeit der Regierung leiden?

Warum wurde die Zahl der Intensivbetten stetig reduziert? Warum wird nicht wenigstens seit März dieses Jahres alles daran gesetzt, die Intensivkapazitäten zu erhöhen? Das Lohnniveau für Intensivpersonal zu steigern, die Ausbildung zu forcieren? Von Chris Veber.

imago Images/Eibner Europa

Covid ist keine Grippe. Covid ist viel schlimmer. Die Krankenhäuser sind am Limit. Darum brauchen wir einen lockdown. Wieder einmal. Soweit die Erzählung unserer Regierung.

Gut, dass es die offiziellen Zahlen des Gesundheitsministeriums gibt. Per 16.11.2020, 08:00, gab’s in Österreich 207.832 „positiv“ Getestete bei insgesamt 2.667.880 Tests: eine Rate von 7,79%. Das wären hochgerechnet auf 8.9 Mio Einwohner 693.000 Covid Positive. Davon gestorben sind 1.829. Und da werden ALLE Toten mit positivem Test reingerechnet, völlig egal, woran sie verstorben sind: eine Sterblichkeitsrate von 0,26%. Die erstaunlicherweise mit der Fallsterblichkeit übereinstimmt, die in der Ischgl-Studie festgestellt wurde.

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Wir können jetzt natürlich sagen, auch eine Fallsterblichkeit von 0,26% ist nicht zu akzeptieren. Dann müssen wir die Regierung aber fragen, warum nicht seit den 1990ern die Spitalskapazitäten ausgebaut wurden. Es gab Grippewellen in Österreich mit 6.000 Toten. Es gab Schlagzeilen, die auf die Überlastung der Spitäler hinwiesen. Es gab Patienten, die nur noch am Gang betreut werden konnten. Warum wurde dann die Zahl der Intensivbetten stetig reduziert? Warum wird dann nicht wenigstens seit März dieses Jahres Alles daran gesetzt, die Intensivkapazitäten zu erhöhen? Das Lohnniveau für Intensivpersonal gesteigert. Die Ausbildung forciert.

Denn zu hoffen, “die Impfung” wird´s schon richten, ist grob fahrlässig. Auch die Grippe wurde nicht weggeimpft. Und zu glauben, Covid wird die letzte Seuche gewesen sein, die auf einem vernetzten Planeten aufgrund des weltweiten Bevölkerungswachstums und des damit verbundenen Raubbaus an der Natur und der Begegnung mit neuen Viren/Bakterien auf uns zukommt, ist ausgesprochen naiv.

Auch wenn uns dieses Covid verlassen sollte, braucht eine resiliente Gesellschaft offenbar eine bessere Gesundheitsversorgung. Daran sollten wir arbeiten. Mit lockdowns erreichen wir nichts, außer die Grundlagen unseres Gesellschaft zu zerstören. Denn nach dem lockdown wird immer vor dem lockdown sein, solange bis Covid ausgerottet ist (was höchst unwahrscheinlich ist).

Wenn unsere Regierung keinen anderen Weg findet, mit Bedrohungen unserer Gesundheit umzugehen, als die Gesellschaft einzusperren, mit allen negativen Folgen für Gesundheit, Bildung, Arbeitsplätze, Sozialleben und, ja, Lebensfreude, dann sollte sie den Weg freimachen für Politiker, die unser Land auf kommende Seuchen besser vorbereiten, und mit Covid und Co. ohne Panikmache umgehen können.

Chris Veber, Ex-Philosoph, Ex-Grüner, Unternehmer, freier Journalist.

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