Tichys Einblick
Steffen Seibert

Ein Botschafter auf Abwegen

Merkels ehemaliger Regierungssprecher ist heute Botschafter in Israel - und begeht gleich zweimal einen diplomatischen Fauxpas. Was in Israel für Irritationen sorgt, wird in Deutschland von den Medien kaum berichtet.

IMAGO / Bernd Elmenthaler

Die deutschen Korrespondenten-Büros in Tel Aviv sind gut besetzt. Daran kann es nicht liegen, dass der Besuch des Deutschen Botschafters in Israel beim „Alternative Memorial Day“ in Tel Aviv Ende April bisher keinerlei Reaktion in den deutschen Medien gefunden hat. Ausnahme: die Wochenzeitung Junge Freiheit.

In jenen Tagen feierte Israel seinen 75. Wiedergründungstag und der „Alternative Memorial Day“ gedenkt der arabischen Opfer seit 1948. Veranstaltet wird das Ereignis von Palästinensern und der Linken Israels, die keine Gelegenheit auslassen, Israels Existenzrecht zu untergraben. Israel ist eine Demokratie, die einzige im Nahen Osten. Hier darf jeder seine Meinung äussern, jederzeit und nahezu unbegrenzt.

Aber was hat der Deutsche Botschafter mit der twitter-Adresse „Steffen Seibert@GerAmbTLV“ dort zu suchen? Was würde die „Ampel“ und ihre Anhänger in Berlin veranstalten, wenn ein Botschafter eines befreundeten Landes an einer Holocaust-Gedenkfeier der AfD teilnehmen würde? Zuallererst würde der Klebstoff in der Bundeshauptstadt ausgehen.

Steffen Seibert ist der langjährige Regierungssprecher Angela Merkels, die 2008 in Jerusalem den oft zitierten Satz geprägt hat: Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson. Genau diese Sicherheit wurde von den arabischen Opfern, derer am „Alternative Memorial Day“ gedacht wurde, bedroht. Sie sind mehrheitlich Täter und deren Komplizen, die mit Messern, Schusswaffen und Autos willkürlich Bürger und Gäste Israels ermorden oder totfahren. Allein in diesem Jahr über 30 meist junge Mitmenschen, die ihr ganzes Leben eigentlich noch vor sich hatten.

Sein jugendlicher Charme hilft dem Deutschen Botschafter in Israel über einiges hinweg. Israeli finden ihn durchaus sympathisch. Aber ein Deutscher Botschafter in Israel befindet sich nicht auf Heidi Klums Laufsteg, sondern steht vor einer historischen Aufgabe, die Fingerspitzengefühl verlangt. Damit scheint er nach knapp einem Jahr im Amt sichtbar überfordert. Seine Erklärung, er habe als Privatperson am „Alternative Memorial Day“ teilgenommen ist verräterisch. Holocaust-Überlebende in Israel als offizieller Botschafter zu bemitleiden und einen „Alternative Memorial Day“ als private Angelegenheit zu annoncieren ist scheinheilig und ein schmerzhafter Volltreffer ins israelische Herz.

Verräterisch ist auch die twitter-Adresse mit dem eindeutigen Hinweis auf „GermAmbTLV“, also Tel Aviv. Die Hauptstadt Israels heißt Jerusalem. Festgelegt von seiner demokratisch gewählten Regierung, ebenso wie das für Berlin, London, Paris und alle demokratischen Länder weltweit gilt. Es hat nie in der Geschichte nur eine Minute lang einen palästinensischen Staat gegeben. Wer hier das Völkerrecht ins Spiel bringt, sollte zuerst damit beginnen, die Frage zu beantworten, warum Araber, die sich später Palästinenser nannten, unterstützt von mehreren Nachbarländern mindestens vier Angriffskriege – 1948, 1956, 1967 und 1973 – gegen den souveränen Staat Israel vom Zaun gebrochen haben. Bis heute setzen sie Terror als Mittel ihrer Politik ein.

Im Umfeld des „Alternative Memorial Day“ wurde auch bekannt, dass Steffen Seibert kürzlich verhindert hat, dass bei einer internationalen Flugübung in Israel deutsche Eurofighter das Westjordanland – also Judäa und Samaria – überfliegen. Das hätte bei der palästinensischen Führung in Ramallah unangenehm aufstossen können. Wie abstrus allein dieser Gedanke ist, beweist der Flugplan fast aller zivilen Flugzeuge, die auf dem Ben-Gurion-Airport nahe Tel Aviv landen. Die letzte Flugschleife vor der Landung führt fast immer über den Luftraum des Westjordanlandes. Das hat bisher niemanden gestört.

Der Deutsche Botschafter wird in Zukunft viel zu tun bekommen: zur Zeit lernt die Deutsche Luftwaffe bei ihren israelischen Gastgebern den Einsatz von Drohnen, sprich unbemannte Fluggeräte, im Kriegsfall. Das Übungsgebiet ist Libanon, Syrien und natürlich Gaza sowie das Westjordanland. Drohnen können erkunden, abwehren und angreifen. Es ist heute schon Allgemeingut, dass diese neue Technologie in naher Zukunft die Aufgaben herkömmlicher Jagdbomber übernehmen werden, teilweise schon übernommen haben. Das ist wesentlich billiger und die Piloten sitzen am PC mit Joy-Stick am Boden in sicherer Entfernung zum Kriegsschauplatz. Man darf gespannt sein wie die Hausjuristen im Auswärtigen Amt und bei der EU das Völkerrecht angesichts dieser technologischen Veränderungen auszulegen gedenken.

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