Tichys Einblick
Österreichs Steuerreform der zwei Welten

Die wundersame Verwandlung der CO2-Steuer in den „Klimabonus“

Was ohnehin nicht zu erwarten war: Eine tatsächlich radikale, also gründliche und für jedermann verständliche Steuerreform ohne unzählige Freibeträge und sonstigen Arbeitsbeschaffungsinhalten für Steuerberater und Finanzbeamte. Am Ende haben die Grünen die ÖVP über den Tisch gezogen.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)

IMAGO / SEPA.Media

Dass die Besteuerung von CO2 kommen würde, wusste jeder. Dass vom „besten beider Welten“ die Rede sein würde, auch. Zu dieser Melodie die türkise Strophe: Steuersenkung für alle, besonders für den Mittelstand, Senkung der Körperschaftssteuer für die Wirtschaft. Zur selben Weise die grüne Strophe: ökologische Umstellung des Steuersystems durch Besteuerung von Kohlendioxid. Und dann die Gemeinschaftsstrophe: Aus der CO2-Steuer machen wir den „Klimabonus“ für alle.

So stellt ORF.at die Steuerreform der Regierung dar – ganz ORF-gemäß regierungskonform mit Grünen-Bonus:

Mit der CO2-Strafsteuer zahlen die Bürger, wovon ihnen der Staat ein wenig als „Klimabonus“ großsprecherisch zurückgibt – aus dem, was dem Staat nach Abzug seiner stets überhöhten Bearbeitungskosten übrigbleibt. Die rot-schwarzen Koalitionen lebten vom kleinsten gemeinsamen Nenner, die türkis-grüne vom größten: vom „Besten aus zwei Welten“ eben – oder vom schlimmsten?

Was sich gut anhören soll, ist mehrbödig. Dass die Mineralölsteuer und anderes de facto schon CO2-Steuern bedeuten, bleibt schamhaft verschwiegen.

Kurz‘ Neue Volkspartei löst erst einmal mit breiten Einkommensteuersenkungen ein altes Wahlversprechen ein, ein Steuergeschenk für Eltern noch oben drauf. Die VP ist nicht nur in den Städten zuhause: Bürger ohne die Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel orts- und zeitnah zu nutzen, bekommen einen deutlich höheren „Klimabonus“. Dass auch Österreicher ohne Beschäftigung und Auto einen „Klimabonus“ kriegen, ist grüne Handschrift. Was früher sozial war, heißt jetzt öko. Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix.

Wirtschaftsleistung durch „Klimaschutz“ lautet die türkis-grüne Zauberformel: finanziert aus CO2-Steuern und Schulden. In Österreich ist die Arbeitslosigkeit unter den niedrigen Stand vor Corona zurückgegangen. Viele Leute konsumieren auf Teufel komm raus. Gut möglich, dass das zwei Jahre so weiter geht. Aber was, wenn dann nicht mehr? Dann sind alle Steuerentlastungen und Klimaboni futsch – und die CO2-Steuern werden erhöht. Einmal da, kann an dieser Steuer-Groß-Schraube permanent gedreht werden. Die Grünen haben die Türkisen über den Tisch gezogen. Die Obertürkisen wissen das und können es einst nur wieder ohne die Grünen ändern. Schau’n wir mal, dann seh’n wir schon.

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