Tichys Einblick

Italiens Regierung: Salvini verhindern um jeden Preis

Es wirkt so, als befolge diese Regierung mit den Sozialisten und den Fünf Sternen einen EU-Plan: Migration gegen Cash. Diese Deutung wird unter der Hand gehandelt.

imago Images/ Pacific Press Agency

Die italienische Regierung ist nah dran, den politischen Ausnahmezustand samt Notstandsgesetzen bis zum 15. Oktober zu verlängern. Damit alle Macht der nicht vom Bürger gewählten gelbroten Regierung um Giuseppe Conte bleibt.

Aber damit nicht genug. Wie auch der Journalist Andrea Indini in seinem Blog bei der Tageszeitung Il Giornale schreibt: Der Senat schickt sich gar an, Matteo Salvini vor Gericht zu bringen. Diese Abstimmung findet während der schwierigsten Lage und Krise des Landes statt und angesichts der ununterbrochenen Massenzuwanderung und Unfähigkeit der Regierung Conte, die Grenzen zu schließen, und die Ankommenden auf Corona-Infizierte und illegale Migranten zu kontrollieren.

Es ist eine einzige Farce, wirkt aber so, als befolge diese Regierung aus Sozialisten und Fünf-Sterne-Bewegung einen EU-Plan: Migration gegen Cash. Diese Deutung wird zumindest unter der Hand gehandelt. Ging es nicht um Corona-Hilfen zum Aufbau? Und nun kommt das Virus dafür übers Wasser ins Land?

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Anstatt sich an einen Tisch zu setzen, und einen griffigen Plan auszuarbeiten, so die Analyse des Journalisten Indini, um weitere Ankünfte am hellichten Tag vor den Augen der italienischen Urlauber (allesamt vorsichtig am Strand, geprägt von der wochenlangen Abstinenz) einzudämmen, und damit auch die „Virus-Bombe“ zu stoppen, die höchst wahrscheinlich aus den Aufnahmezentren heraus in ganz Italien detonieren könnte, machen sich die „Gelbroten“ eher Gedanken darüber, welche Lega-Akteure sie den Richtern Preis geben wollen, allen voran natürlich Matteo Salvini, weil dieser u. a. das spanische Schiff Open Arms im Sommer 2020 vor Italien festsetzen ließ, eine Entscheidung der EU abwartend.

Die Sicherheits-Dekrete, damals von Salvini als Innenminister durchgebracht, um Ankünfte zu stoppen, sind nach wie vor in Kraft, nur ausgesetzt. Premierminister Giuseppe Conte selbst unterzeichnete sie damals in der Regierung mit Koalitionspartner Salvini. Und wegen ihrer Befolgung soll Salvini angeklagt werden?

Dank dieser Gesetze, und das ist innerhalb der ganzen EU bekannt, wurden die Massenankünfte im vergangenen Jahr an Italiens Küsten drastisch gesenkt, es gab kaum noch Ertrunkene zu beklagen, und auch die NGO-Aktivisten auf ihren gecharterten Schiffen blieben fern, sie hatten nichts zu tun. Die Dekrete waren rigoros, wie sie eigentlich auch jetzt sein müssten, um die Schotten der Häfen weiterhin geschlossen zu halten. Vor allem aber, die Gesetze wurden befolgt.

Nach Jahren der linksliberalen Regierungen (Il Giornale erinnert an die Voränger Enrico Letta, Matteo Renzi und Paolo Gentiloni, die sich im Palazzo Chigi, dem Regierungssitz abwechselten), stand die Massenmigration auf hoher See plötzlich nicht mehr auf der Tagesordnung. Und ich erinnere an dieser Stelle, dass sich kaum noch einer daran erinnern mag im sozialistisch-linken Lager, dass selbst unter Romano Prodi (heute der EU-Verfechter schlechthin und Unterstützer der Sardinen-Bewegung) gegen Ende der 90er Jahre, die italienische Marine in der Adria ankommende Migrantenboote und Dschunken abwehrte und blockierte – dabei kam es gar zu einer Tragödie mit dem albanischen Schiff „Kader I Rades“ – 80 Menschen ertranken, nur wenige wurden gerettet.

Il Giornale: Die Regierung von heute, ohne Wählervotum, diene wohl nur dazu, Giuseppe Conte politisch „am Leben“ zu halten und als Gesinnungsgehilfe für die EU zu fungieren. Außerdem zeige sich in dieser Krise: die italienischen Bürger werden getriezt, die illegalen Zuwanderer verhätschelt. Die NGO-Schiffe sind zurückgekehrt, und die Schiffe der italienischen Küstenwache würden wieder als Taxis für illegale Einwanderer, die sich selbst ins Risiko begeben, eingesetzt.

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Matteo Salvini, der sich von der Regierung, die er einst mit seiner Lega selbst verlassen hatte, sicher verfolgt vorkommen muss, nimmt kein Blatt vor den Mund. Umgeben von Passanten und Sympathisanten, Händeschütteln und Wünschen nach Selfies hier und da, spricht er Klartext in die Mikrophone: „Was soll ich sagen? Es ist eine Regierung entweder der Inkompetenten oder der Komplizen …“, im schlimmsten Fall wohl beides. „Komplizen des illegalen Menschenschmuggels“, setzt Salvini nach, die Regierung würde diesen nicht unterbinden, sondern befördern. Zu seiner Zeit, habe man trotz der geschlossenen Häfen immer die Bedürftigen aufgenommen.

Aber „habt Ihr gesehen, wer die letzten Stunden und Tage in Italien an Land gegangen ist?“, und liefert auch gleich die Antwort: alles junge Männer, einer gar mit einen Pudel an der Leine, top gestylt, Sonnenbrillen, die neuste Mode, jeder mit einem Smartphone und Zigaretten in der Tasche, so der Legachef.

Matteo Salvini greift die Regierung frontal an: „Diese Regierung ist Mittäter der Kriminellen“, weil sie den Menschenschmuggel befördert. Die Sicherheit stehe auf dem Spiel. Es bringe auch nichts, weitere Polizisten, Carabinieri oder die Küstenwache und Marine an die Strände zu schicken. Nein, die Häfen gehören geschlossen, so „wie ich es bewiesen habe … “, sagt Salvini.

Ihm würde man den Prozess machen wollen, statt diejenigen vor Gericht zu bringen, die sich am Menschenschmuggel, der illegalen Migration, sowie am Waffen- und Drogenverkehr beteiligen und die Mafia damit unterstützen.

Es dürfte aber schwer werden, den Bürgern einen Prozess gegen Salvini zu vermitteln, nachdem erst vor kurzem während der Pandemiekrise herauskam, wie sich der Präsident des Juristenverbandes mit Staatsanwälten abgesprochen hatte: Matteo Salvini habe zwar mit seiner Politik Recht, attackieren müsse man ihn aber dennoch.

Vielleicht kommt aber irgendwann auch heraus, wer von ganz Oben tatsächlich die Order ausgegeben hat, Matteo Salvini auf Teufel komm raus zu verhindern. Manchmal trägt ein Dämon auch Robe oder Blazer.