Tichys Einblick
„Nie einen einzigen Rubel angenommen“

Italien: Die mediale Kriegsführung beginnt

Obwohl sich Salvini bereits geäußert hatte zum für ihn unhaltbaren Vorwurf, geben seine Gegner und die gesamte Opposition, allen voran die (S)PD, die italienischen Demokraten des ehemaligen Premiers Matteo Renzi, keine Ruhe.

ANDREAS SOLARO/AFP/Getty Images

Die Linke ist schon ganz erhitzt und keucht – eine Meldung des amerikanischen Online-Nachrichten- und Storyanbieters, BuzzFeed.com, hat im Laufe des Tages dermaßen in Italien ins Kontor geschlagen – aber es scheint, nur bei der Opposition der italienischen Regierung. Buzzfeed hat eine Meldung lanciert, wonach ausgerechnet der sich stets öffentlich bekennende Putin-Freund, Matteo Salvini, als geldgierig und korrupt, dargestellt wird. Angeblich mit Beweisen.

Fast schon zu einfach, um tatsächlich wahr zu sein. Aber, ach, wie schade – kein Video, nur eine angebliche Audio-Message oder Aufnahme. Es wäre doch zu schön, was bei Heinz-Christian Strache funktionierte, müsste doch auch beim italienischen Legachef, Salvini, sowieso unter Dauerbeschuss, auch irgendwie zünden.

Es muss schon eine Weile zurückliegen, denn laut einer Untersuchung der amerikanischen Website BuzzFeed, soll ein ehemaliger Sprecher von Salvini, Giancluca Savoini (zudem Vorsitzender der Lombardisch-Russischen-Vereinigung), anno 2018 mit den Russen über eine Finanzierung der Lega verhandelt haben.

Talkshow „La quarta Repubblica“
Salvini im TV: Schleuser in Libyen telefonieren mit NGO
Abermals verschwendete Salvini keine Zeit mit dieser, in seinen Augen, infamen Attacke, und sagte: „Ich habe bereits in der Vergangenheit gegen unhaltbare Anschuldigungen geklagt, ich werde es heute, morgen und übermorgen immer wieder tun: Nie habe ich auch nur einen Rubel, einen Euro, oder einen Dollar oder auch nur einen Liter finanzierten Wodka aus Russland“, von irgend jemandem angenommen.

Der Vize-Premierminister und Legachef, Salvini, verweist an den Absender, und will gar nicht erst raten müssen, wer hinter diesen Angriffen steht, besonders jetzt, wo der Vize-Premier auf einer Beliebtheitswelle reitet. Was behauptet Buzzfeed, oder, womit will das Medium die Leser diesmal anfüttern? Sensation ist alles, was die Leser gern in Häppchen schlucken.

Während eines Treffens, das sich am 18. Oktober im Metropol Hotel in Moskau zugetragen haben soll, wurde über Politik und das große „Projekt“ gesprochen, wie Salvini auch immer klar benannte, (das politische) Europa zu verändern, indem er eine Achse mit anderen souveränen Kräften aufbauen wolle.

Dem Vorwurf der BuzzFeeds-Machern nach, die sich einst auch auf millionenfach angeklickte Katzenvideos verstanden, war jedoch auch nebenbei die Rede von Geldern, dicken Summen, (65 Millionen Euro), im Hinblick auf den anstehenden Wahlkampf in der EU, durch ein Dreiecksgeschäft mit der Eni, dem italienischen Mineral-Öl-und Energiekonzern, so dass am Ende nach diesem Abkommen für ein großes Ölgeschäft, auch ein paar Millionen für die Lega von Salvini hängen bleiben sollten. Quasi eine unerlaubte Kommission.

Drei Russen und drei Italiener sollen beim Gipfeltreffen dabei gewesen sein, als beschlossen wurde, dass das Öl in Mengen fließen und der Rubel rollen sollte. Aber bitte, fragen sich viele Experten, Beobachter wie Politiker ungläubig, „mit russischem Öl die Lega finanzieren lassen?“, das wäre doch zu verrückt. Eigentlich absurd, aber im Moment ist eben jede Meldung Recht – egal von wem, Hauptsache gegen Salvini.

Obwohl sich Salvini bereits geäußert hatte zum für ihn unhaltbaren Vorwurf, geben seine Gegner und die gesamte Opposition, allen voran die (S)PD, die italienischen Demokraten des ehemaligen Premiers, Matteo Renzi, keine Ruhe.

Salvini muss sich erklären, Salvini muss alles offen legen, schallt es aus allen Ecken – das Italien dieser Tage ist sehr nervös und aufgeregt. Besonders die Opposition, zündende Ideen hat die gesamte Opposition nicht. Da bleibt nur, sich auf die Lega, vor allem auf Salvini, einzuschießen, aber auch die Cinque-Stelle und den Ministerpräsidenten Giuseppe Conte stets mit anzugreifen. Auch, weil es an die Pfründe und Pensionen der Politiker im Parlament allgemein gehen soll.

Matteo Salvini müsse sich so schnell wie möglich erklären, feuert die PD die Debatte an. Die Italiener müssen erfahren dürfen, ob das, was beschrieben wird, wahr sei. Unterstützt wird die Opposition auch von Teilen der Medien, wie dem L‘ Espresso, der schon immer eine linke Agenda fuhr, und behauptet, Salvinis Mann Savoini, habe schon immer geschaut, dass die Lega nicht klamm bleibe, und Kontakte nach Russland befeuern natürlich Spekulationen. La Repubblica hält sich bedeckt, und lässt eher Stimmen der Protagonisten sprechen. Savoini selbst: „Hier handelt es sich um eine Falle, Salvini zu schaden…“, und der ehemalige Premier Renzi meinte, entweder sei es ein Fake oder ein unglaublicher Coup. Natürlich hofft er, letzteres. Nur so hätte seine PD wieder Munition (wobei es Renzi in der Partei selbst schwer hat).

Online drückt Il fatto quotidiano vorerst wieder auf die Bremse, das Russland-Thema wird kleiner gekocht, Salvinis Dementi wird aufgenommen, und außerdem, heißt es, wenn tatsächlich etwas dran gewesen wäre, eher wie eine vereinbarte Kommission auf Öllieferungen – weniger Salvinis Problem als von denen, die es einzufädeln versuchten.

Dementis des Innenministers und des ehemaligen Sprechers reichen wohl nicht, politische Beobachter sehen vielmehr den Versuch darin, Salvinis Erfolg und Vorhaben innerhalb der EU zu torpedieren. Buzzfeed, als amerikanischer Multi-Multiplikator, könne auch versuchen, Präsident Putin zu schaden – seht her, wer wirklichen Einfluss hat.

Währenddessen, geht die italienische Regierung strikt ihren Weg weiter , die illegale Zuwanderung soll eingeschränkt, die Wirtschaft dagegen auf Vordermann gebracht, die Konjunktur angekurbelt werden.

Die Journalisten-Legende, Vittorio Feltri, sagte nicht zum ersten Mal, den Gegnern von Salvini, vor allem der PD, fehlen die Ideen. Sie zerstören sich irgendwie selbst. Fast wie die Schwesterpartei SPD in Deutschland.

Anzeige