Tichys Einblick
„La Merkel“ wälzt alles auf die EU ab

In Italien wächst der Unmut über Angela Merkel

Die Bundesrepublik mit Kanzlerin Merkel selbst kümmert sich nicht darum. Merkel ist wahrlich abgetaucht und Wirtschaftsminister Peter Altmaier sowie Finanzminister Olaf Scholz werden als Leichtmatrosen wahrgenommen.

JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images

Mario Draghi wurde jüngst verabschiedet, mit großem festlichen Tamtam, aber es gibt nicht wenige, die meinen, der ehemalige italienische Zentralbankchef und Präsident hätte immense Baustellen hinterlassen, die Kaufkraft der Bürger europaweit aber auch speziell in Deutschland geschwächt. Der Ökonom, der nun sogar ins Gespräch gebracht wird, irgendwann als italienischer Staatspräsident zu kandidieren, soll auch mit seiner Bankenpolitik dafür gesorgt haben, dass die Deutsche Bank nicht mehr allein auf die Beine kam.

So kommt es, dass Draghi weder in Deutschland noch in Italien viele Freunde und Befürworter hat. Wie wir alle wissen, schnappt die Deutsche Bank nach Luft, weil sie nicht ertrinken und sich irgendwie über Wasser halten möchte.

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Die Bundesrepublik mit Kanzlerin Merkel selbst kümmert sich nicht darum (Merkel ist wahrlich abgetaucht und Wirtschaftsminister Peter Altmaier sowie Finanzminister Olaf Scholz werden als Leichtmatrosen wahrgenommen), will sich nicht die Hände schmutzig machen und hofft, dass es ein anderer Akteur „auf europäischer Ebene“ ist, der die Rettungsboote zur Deutschen Bank hinausschickt und ihr die grellen Schwimmwesten reicht. Der italienische Wirtschaftsredakteur Federico Giuliani beschreibt es in seinem jüngsten Artikel, es solle sich gefälligst jemand anderes (aus deutscher Sicht) die Hände schmutzig machen.

Für die Deutsche Bank, das habe sich auch europaweit herumgesprochen, sähe es zappenduster aus. Und auch in Italien beobachtet man das Geschehen ganz genau. Der deutsche Bankenriese stecke in (s)einer dunklen Krise und befinde sich nur noch wenige Meter vor dem Abgrund – der absolute Tiefpunkt einer Bank, in der nur noch der Name deutsch zu sein scheint.

Allein in der Zeit vom vergangenen Juli bis September verlor die deutsche Großbank 942 Millionen Euro, verglichen mit einem Jahresüberschuss von lediglich 130 Millionen im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres. Im dritten Quartal gingen die Umsatzerlöse um 15% auf rund 5,3 Mrd. Euro zurück und zeitgleich schmierten auch die Renten um 13% ab. Die Ursachen dafür, sind sich der Autor im Il Giornale sowie viele andere Experten einig, die die Deutsche Bank in die Knie gezwungen haben, seien vielfältig: Seit mindestens drei Jahren erwirtschaftet das Finanzinstitut kein Einkommen mehr, kann den Zusammenbruch der Kapitalisierung nicht mehr bremsen und weiß nicht, wie es mit den zahlreichen „toxischen Derivaten“ umgehen soll. Es untergräbt die eigene und einstige Zuverlässigkeit. Dann auch noch das absolute i-Tüpfelchen, als die Fusion mit der Commerzbank verhindert wurde.

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Es wäre gut, wenn die Manager und Ökonomen der Deutschen Bank irgendwelche Strategien vorweisen könnten. Der Schaden ist bisher enorm und die „Aura der Solidität“, die das Kreditinstitut jahrelang umgab – aber auch Deutschlands Stärke und Zuverlässigkeit – sind zerbrochen. Jetzt ist der Schaden fast irreparabel da, einem Scherbenhaufen gleich, aber das Zusammensetzen der Teile ist viel komplizierter als erwartet. Denn zu allem Überfluss herrsche auch noch eine interne Fehde zwischen den Aktionären derselben Bank und dem Präsidenten. Der stellvertretende Geschäftsführer der Deutschen Bank Karl von Rohr meinte auf einer Konferenz in Frankfurt: „Für uns wird die Konsolidierung mehr auf europäischer Ebene sein“. Das wiederum schreckte die Minister und Ökonomen anderer Nationen auf, denn die Paraphrase lautet, dass der angeschlagene Riese lieber Teil eines Prozesses der Bankenkonsolidierung auf europäischer Ebene sein wolle, als eine Hilfe und Stütze aus Deutschland selbst zu beziehen oder mit dieser zu rechnen. Das Top-Management der Bank weiß nämlich ganz genau: Der einzige und letzte Rettungsring, an dem man sich mit aller Kraft festhalten könne, wäre der Versuch, sich mit einer anderen europäischen Institution zusammenzuschließen.

Überall stehen eigentlich nur Hindernisse im Weg für eine Fusion auf europäischer Ebene. Da wäre erstens der Wert, die Notierung der Deutschen Bank als Unternehmen, da ihr Börsen-Marktwert in Frankfurt bei „nur“ rund 13,6 Milliarden Euro beziehungsweise bei der Hälfte der Kapitalisierung von Unicredit (28 Milliarden Euro) liege sowie bei einem Drittel des Instituts von Intesa Sanpaolo (40,9 Milliarden). Darüber hinaus und zweitens sind auch noch die 43 Billionen Derivate zu berücksichtigen, mit denen das Institut rechnen muss, die sich eben nicht schnell unter den Teppich verstecken (besser, kehren) lassen.

Der dritte zu berücksichtigende Punkt, der die deutsche Bank auf der Suche nach Partnern nicht unbedingt attraktiver erscheinen lässt, ist der absolute Vertrauensverlust, an dem Paul Achleitner beteiligt ist. Seit dem Jahr 2012 hat die Deutsche Bank Verluste in Höhe von mehr als 10 Milliarden(!) Euro angehäuft, während die Aktie von 36 auf nur noch 6 Euro gesunken ist. Fast schon Ramschware. Zahlreiche Aktionäre, darunter viele prominente Namen, wie zum Beispiel einige Mitglieder der königlichen Familie in Katar, verloren nicht nur Unsummen an Geld, sondern auch ihre Geduld. Einerseits drängen US-Aktionäre auf die Ablösung von Achleitner, andererseits argumentieren sie, dass eine Veränderung während des Rennens die Krise noch weiter zuspitzen könnte. Jedenfalls wird man im südeuropäischen Raum nicht einsehen, warum das deutsche Finanzunternehmen gegebenenfalls mit den Steuergeldern der eigenen Bürger auf einen undurchsichtigen Kurs gebracht werden sollte. Es scheint fast so, als habe auch die deutsche Regierung keinen Plan mit ihrer einstigen Vorzeigebank.

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