Tichys Einblick
HINTERGRÜNDE DES PUTSCHES IN BURMA

Burmas neue Machthaber sind auf Chinas Hilfe angewiesen

Die Militär-Putschisten in Myanmar müssen nun mit wirtschaftlichen Sanktionen des Westens rechnen. Ökonomisch konnten die Generäle daher den Putsch nur wagen, wenn sie Rückendeckung aus China haben. Es ist durchaus ein Risiko für die Generäle, «die Lady» Suu Kyi zu verhaften.

in Myanmar Hauptstadt Rangun nach dem Militärputsch

IMAGO / ZUMA Wire

Am frühen Montagmorgen putschten die Generäle gegen die Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Sie wurde samt Regierungsmitgliedern verhaftet. Aung San Suu Kyis langsamer und zäher Kampf für Demokratie dürfte damit zunächst gescheitert sein.

Nach meinen burmesischen Quellen reagiert die Bevölkerung schockiert bis apathisch auf die Verhaftung. Aung San Suu Kyi hat bei den Menschen einen Heiligenstatus. In den meisten Hütten und Häusern hängen im Wohnzimmer Bilder von ihr und ihrem Vater Aung San, einem burmesischen Nationalhelden. Wobei immer zu bedenken ist, dass in Asien die Vorfahren von größter Wichtigkeit sind. In den heutigen Menschen fließt das Blut ihrer Vorfahren, sie stehen auf deren Schultern und sind deshalb von größter Wichtigkeit. Im Gegensatz zum Westen werden die Vorfahren verehrt und es ist undenkbar, sie abzuurteilen. 

Es ist durchaus ein Risiko für die Generäle, «die Lady» Suu Kyi zu verhaften. Als Tochter von Staatsgründer General Aung San gebührt auch ihr große Ehrerbietung. Suu Kyi trug immer das Banner ihres Vaters. Auf diese Weise zwang sie die Generäle zu Kompromissen. Gegen einen so großen Familiennamen vorzugehen, bedeutet in Asien, viel schlechtes Karma auf sich zu laden. 

Der Putsch

Seit einiger Zeit hatte es Gerüchte über einen bevorstehenden Putsch der Generäle gegeben. Zwischen der Regierung Aung San Suu Kyis und der alles kontrollierenden Armee hatte es immer Spannungen gegeben. Wegen Vorwürfen des Wahlbetrugs bei der letzten Parlamentswahl vom November 2020 wurde Aung San Suu Kyi und ihre Regierung nun abgesetzt. Ihre Partei, die NLD hatte die Abstimmung erdrutschartig gewonnen, die Armee weigerte sich jedoch, das Ergebnis anzuerkennen. 

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Die Partei der Armee hatte bei der Wahl nur wenige Sitze erringen können. Der Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing hatte die Stimmung im Lande wohl völlig falsch eingeschätzt und gehofft, dass seine Partei ein Drittel der Sitze bekäme und er Präsident würde. Nun sah er sich wohl immer mehr in der Defensive und beschloss zu putschen. 
Machtfaktor China

Nach dem Umsturz muss die Armee mit wirtschaftlichen Sanktionen des Westens rechnen. Ökonomisch können die Generäle daher den Putsch nur wagen, wenn sie Rückendeckung aus China haben. 

Die „Neue Seidenstraße“ läuft auch durch Burma. China baut auch in Burma Infrastrukturprojekte und schafft damit auch finanzielle Abhängigkeit. Der chinesische Außenminister, der im vergangenen Monat Burma einen Besuch abstattete, versprach dem armen Land Gratis-Impfdosen des chinesischen Covid-19-Impfstoffes.

Die Chinesen sind aber in der Bevölkerung höchst unbeliebt, da sie zusammen mit dem Militär das Land wirtschaftlich kontrollieren. So bleibt das auch für die Armee ein Spiel, das noch lange nicht gewonnen ist.

Die «Lady» und das Militär

Die «Lady», Aung San Suu Kyi, hatte es geschafft, die Macht von Burmas Militärjunta mit gewaltlosem Widerstand (sie verbrachte 15 Jahre im Hausarrest) und mithilfe politischen Drucks des Westens zu beschneiden. 2008 wurden politische Reformen beschlossen. 2015 und im November 2020 gab es freie Wahlen. Ein Viertel der Sitze im Parlament blieb jedoch als Sperrminorität für die Armee reserviert. Suu Kyi gewann jeweils deutlich. Doch auch nach der Wahl blieb Suu Kyi auf die Kooperation mit dem Militär angewiesen.

Nun wurde sie von den Generälen erneut entmachtet und festgesetzt. In einem Brief, der von Suu Kyi unterzeichnet ist, fordert sie die Menschen zum Protest auf. Meinen Quellen zufolge bleibt es aber ruhig. Die Menschen schweigen, doch überall ist Angst und Zorn zu verspüren. Es kommt zu Hamsterkäufen. Corona würde eine gute Begründung für eine Ausgangssperre bilden. Auf den Straßen der größten Städte Yangon und Mandalay patrouillieren Soldaten, Panzer und Militärfahrzeuge fahren durch die Straßen. Teilweise wurde das Internet lahmgelegt.

Meine Reise zur Shan Guerilla

Ich selbst war im Frühjahr 2020 Gast der nördlichen Shan Guerilla Armee und wurde von Freunden zu Bauern geführt, die große Opiumfelder in den Bergen bewirtschaften. Diese bekommen natürlich wenig vom Gewinn. Die Guerilla-Armee macht ihren Reibach.

Ein Guerillakämpfer der Shan-Underground-Armee bringt mich zu seiner Einheit. Stirnband in den Farben der Shan.

Burma ist eines der führenden Länder bei der Produktion von Drogen. Opium und Chrystal Meth, aber auch Heroin und Cannabis werden hergestellt. Burmas Drogen-Labore sind hauptsächlich in abgelegenen nordöstlichen Grenzregionen. Sie werden von den Guerilla-Armeen der Stämme kontrolliert. Diese bekommen ihre Waffen von korrupten Generälen der chinesischen und der thailändischen Armee.

Ein Mohnfeld der Guerilla-Armee, zu dem ich gebracht werde, um mir den Einfluss der Untergrund-Armee zu zeigen. Die Mohnkapseln, zu Opium verarbeitet, verschaffen Macht und Geld.

Nach meinen Informationen rüsten sich die Guerillaarmeen der Stämme zum Kampf. Ob die Shan oder andere Stämme einen Aufstand wagen, kann niemand voraussagen. Das Land ist durch und durch korrupt und viele Häuptlinge kungeln sowohl mit dem Militär als auch mit den einflussreichen Chinesen. 

Die immens wichtige Rolle vieler buddhistischer Klöster ist politisch schwer durchschaubar.

Suu Kyis Partei NLD

Suu Kyis Partei NLD (Nationale Liga für Demokratie) hat zwar bei den Novemberwahlen einen Sieg errungen und Suu Kyi ist ihre Ikone – doch unter ihrer Regierung hat sich für die Burmesen kaum etwas geändert. Die Partei unter Suu Kyi ist zerstritten. Ihr Ruf ist über die Jahre verblasst, obwohl es wirtschaftlich aufwärts ging. Der Reichtum konzentrierte sich allerdings bei den Militärs und den Inlandschinesen, die das Land faktisch beherrschen. 

Multikulti wird als Verrat an den Ahnen empfunden

International ist der Ruf Suu Kyis Rohingya durch die Vertreibung der Rohingyas ramponiert. Im Westen wird nicht begriffen, dass ganz Asien national und völkisch gesinnt ist. Völkische Gesinnung wird dort als ausnehmend positiv angesehen. Dass sich Länder wie Deutschland für Millionen illegaler Einwanderer anderer Kulturen öffnen, stößt dort auf komplettes Unverständnis und auf Ablehnung. Multikulti wird dort als ein Verrat an den Ahnen und an der eigenen Identität betrachtet. Genau deshalb gibt es dort auch keine nennenswerte Einwanderung. Selbst die reichen Länder wie Südkorea und Japan achten darauf, dass sich ihre Bevölkerung nicht vermischt. 

Die asiatische Kultur aus Sicht des Westens

Auch die westliche Vorstellung von Demokratie verfängt bei der Bevölkerung nicht. Was den westlichen Medien als autoritäres Auftreten Suu Kyis in Burma oder Dutertes in den Philippinen vorkommt, stößt bei der Bevölkerung auf breite Zustimmung: Das Volk will einen Staat, der funktioniert und in dem sie für ihre Familien Geld verdienen können. Eine Abrechnung mit den Ahnen, wie sie im Westen Sitte ist, gilt als verabscheuungswürdig, als Akt der Selbstbeschmutzung. 

Mit welchen Mitteln der Staat funktioniert, ist für die Menschen zweitrangig. Dies interessiert nur westliche Haltungs-Medien und einige asiatische Studenten, die in den USA ausgebildet wurden und unter dem Einfluss westlicher NGOs stehen. 

Westliche Kultur aus der Sicht Asiens

Aber nicht nur der Westen zeigt Unverständnis gegenüber asiatischer Kultur. Umgekehrt nehmen auch die Asiaten fassungslos das Corona-Totalversagen der westlichen Demokratien, insbesondere Deutschlands zur Kenntnis. Die zunehmende Geringschätzung der Familie im Westen und die westliche Vorstellung, das Heil liege im Multikulturalismus stößt von Japan bis China auf Unverständnis und Ablehnung.

Noch überwiegt in Asien die Bewunderung für den wirtschaftlichen Erfolg des Westens. Die kulturelle Vorbildfunktion hat sich aber längst nach Südkorea und Japan verschoben. Der Westen hat das nur noch nicht gemerkt.