Tichys Einblick
An der diplomatischen Front

Wer ist Zivilist, wer Terrorist in Gaza?

Die Hamas kennt keine Zivilisten. Israel behandelt alle in Gaza als Zivilisten, außer diejenigen, die schießen und bomben. Israel wirft Flugblätter ab, warnt die Bevölkerung telefonisch, organisiert Fluchtwege von Nord nach Süd, verteilt Trinkwasser, lässt Lebensmittel-Transporte zu.

IMAGO / APAimages

Es ist keine sechs Monate her und beim Lesen der aktuellen internationalen Nachrichten drängt sich unweigerlich der Eindruck auf: Schuld an der katastrophalen Lage in Gaza trägt niemand anders als Israel. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borell ist bei dieser anti-jüdischen und anti-israelischen Kampagne ganz vorne dabei: „„Es ist kein Erdbeben, es ist keine Flut. Es ist eine Bombardierung.“ Keiner der 27 Staats- und Regierungschefs widerspricht ihm oder korrigiert ihn. UN-Generalsekretär Antonio Guterres legt noch aktuell nach: „nichts rechtfertigt die kollektive Bestrafung des palästinensichen Volkes“.

Zur Erinnerung, denn es ist offenbar in Vergessenheit geraten: Am 7. Oktober sind rund 3000 arabisch-palästinensisch-muslimische Terroristen in den Süden Israels eingefallen und haben kollektiv gemordet, vergewaltigt und verschleppt. Jeden, den sie angetroffen haben, Männer, Frauen, Kinder, Säuglinge, Alte und Kranke. Israeli, Beduinen, Drusen, Filipinos oder Thailänder sind in den Augen der Terroristen israelische Soldaten oder Feinde, die den Todfeind unterstützen. Für die Terroristen gibt es keine Zivilisten. So haben sie es auch in den UNRWA-Schulen eingebläut bekommen, die die EU trotz allem großzügig finanziert.

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Israels Süden und auch der Norden – nach der am 8. Oktober begonnenen Komplizenschaft der Hisbullah-Terror-Organisation im Libanon – sind seither so gut wie unbewohnbar. Israel muss militärisch und diplomatisch das Ziel erreichen: Von beiden Terror-Organisationen darf keine Gefahr mehr ausgehen. Es geht um das Zuhause von 200.000 Bürgern. Beide Regionen sind auch Kornkammern Israels. Alles andere als die Rückführung in lebenswerte Zustände wie vor dem 7. Oktober bedrohen den Judenstaat in seinen Grundfesten. Hamas sagt immer wieder: Der 7. Oktober war nur der Anfang, es wird noch viele 7. Oktober geben.

Trotzdem behandelt Israel alle in Gaza als Zivilisten, außer diejenigen, die schießen und bomben. Israel wirft Flugblätter ab, warnt die Bevölkerung telefonisch. Vor den Bombardements organisiert Israel Fluchtwege von Nord nach Süd, verteilt Trinkwasser, lässt Lebensmittel-Transporte zu. Keine andere Armee der Welt handelt so rücksichtsvoll, schon gar nicht nach einem Massaker wie am 7. Oktober. Alles, was Israel leistet, ist für UN und EU im Guten zu wenig oder im Schlechten zu viel. Im Krieg geschehen Fehler. Die Verantwortung dafür trägt aber der Kreigsauslöser, der den Verteidiger in diese teilweise ausweglose Situation gebracht hat. Der Kriegsverursacher heißt einzig und allein Hamas und ihre Unterstützer. Wer jetzt von einer Zwei-Staaten-Lösung redet, lenkt vom Hauptthema ab: der Auslöschung des Terrors.

Der oft wiederholte Hinweis, dass Israel ein Recht auf Selbstverteidigung hat, ist eine Selbstverständlichkeit. Allein die andauernde Wiederholung dieser banalen Aussage ist der Beginn ihrer inhaltlichen Aufweichung.

Nach internationalen Gepflogenheiten in Kriegsgebieten gilt: Zivilist ist, wer eine weiße Fahne hisst oder sich erkennbar auf der Flucht befindet und keine Kriegshandlungen (mehr) vornimmt. Auf ihn wird nicht mehr geschossen. Den Nachweis, Zivilist zu sein, muss der Kriegstreiber erbringen und nicht der Angegriffene. Schon gar nicht, wenn noch über 130 Geiseln gefangen gehalten werden. Selbst tote Israeli sind Verhandlungsmasse, um verurteilte Attentäter freizupressen. Aus den Verhören der Terroristen, die sich den israelischen Truppen ergeben haben, ist inzwischen bekannt: Die Bevölkerung hilft, Geiseln zu verstecken, quält mit. Es sind keine Einzelfälle.

Israel hält Gaza nicht besetzt, will es auch nicht besetzen. Ägypten hat an Gaza auch kein Interesse, keiner der muslimischen Bruderstaaten will es, warum soll es Israel wollen? Wer handelt sich freiwillig so ein Problem ein? Die Hamas ist im Süden des Gaza-Streifens noch mächtig aktiv, es gibt noch immer Widerstand, auch wenn er zusehends abnimmt. Die Hamas kontrolliert mit Waffengewalt das Tor nach Ägypten und kapert jede Hilfslieferung, die aus dem Süden nach Gaza gelangt, und verkauft die von der westlichen und arabischen Welt gespendeten Lebensmittel zu überhöhten Preisen an die eigenen notleidenden Menschen. Fakten, die an der medial-diplomatischen Kriegsfront nicht oder zu gering durchdringen.

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Mitschuld an den Trugbildern sind Fotos und Videos, die bekanntlich mehr Wirkung zeigen als Tausend Worte und Fakten. Aufnahmen von Toten, Verletzten, hungernden Kindern in Gaza werden von der arabischen Seite instrumentalisiert. Damit wird Stimmung gegen Israel gemacht. Muslimische TV-Sender wie al-Jazeera und al-Manar übernehmen den Job professionell, spülen die Bilder millionenfach in die Wohnzimmer der arabischen Welt, von dort erreichen sie die USA und Europa und werden allzu gerne angenommen.

Im Gegensatz dazu versteckt Israel seine Verletzten und Geschändeten weitestgehend. Die 43-Minuten-Video-Dokumentation, bereits im Oktober zusammengeschnitten aus den Body-Cams der Terroristen und aus öffentlichen Kameras der zerstörten Kibbuzim und Grenzdörfer, kann einer breiten Masse nicht zugemutet werden. Die Brutalität der Täter übertrifft jede menschliche Vorstellungskraft.
Nur Bilder von sympathisch-lächelnden Männern und mutigen Frauen, die im Krieg gefallen sind, erreichen die Öffentlichkeit in den israelischen Abend-Nachrichten. Außerhalb Israels werden die Fotos und Beerdigungen in der Regel fast nicht wahrgenommen. Die israelische Kultur verbietet es, Verletzte und Entstellte zur Schau zu stellen. Israel ist eine fürsorgliche Demokratie und schützt die Privatsphäre. Eine Kultur, die auf der Tora, der jüdischen Bibel und ihren Werten basiert, manifestiert in den Zehn Geboten.

Wer das unsägliche Leid in Israel sehen und erleben will, muss in die Krankenhäuser gehen, wo Hunderte bein- und armamputierte Opfer des Krieges und des Massakers vom 7. Oktober die Zimmer und Korridore füllen. Die Gelähmten durch Misshandlungen und Schussverletzungen bekommt man nicht zu sehen. Alles vorwiegend junge Männer und Frauen in ihren Zwanziger Jahren, die ihr ganzes Leben noch vor sich haben. Angehörige stehen um ihre Liebsten herum und versuchen zu lindern, was nur schwer zu lindern ist. Ein Arzt erzählt von den Mengen an Schwerstverletzten, die am 7. Oktober eingeliefert wurden. Kein Krankenhaus der Welt könne einen derartigen Andrang medizinisch geordnet bewältigen. Viele Opfer hätten Gliedmaßen verloren, weil ärztliche Hilfe zu spät kam. Von Sanitätern abgebundene Beine und Arme mussten wegen zu lange mangelnder Blutzufuhr amputiert werden.

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All das ficht Israels Lebensmut nicht an. So wie es Rabbi Nachman von Brazlaw Ende des 18. Jahrhunderts gelehrt hat, niederschreiben ließ und von Martin Buber im 20. Jahrhundert wieder mit Leben erfüllt wurde. In den Ballungszentren Israels springen am hellichten Tag, mitten im Stoßverkehr Nachman-Jünger mit ihren weißen Zipfelmützen aus klapprigen Mini-Transportern, singen, tanzen zu lauter Musik und fordern dazu auf, es ihnen gleich zu tun. Freude, Tanz und Gesang bringen den Menschen Gott nahe, ist die auf einen Nenner gebrachte Lehre des Rabbi Nachman. Auch im Bösen lebt Gott, hat er verkündet.

Rabbi Nachman ist nur einer von vielen, die Israels unbändigen Lebenswillen symbolisieren. Zu wenig arabisch-muslimische Nachbarn haben begriffen, dass sich Israel, das aus der Asche von Auschwitz auferstanden ist, durch keinen Terror und kein Massaker von seinem Weg abbringen lässt: Die eigene und die ganze Welt zu einem besseren Platz zu machen, so wie eine der wichtigsten Aufforderungen im Judentum, „Tikkun Olam“, vorgibt. Das 75 Jahre junge Israel ist ein überzeugender Beweis.

Der Tikkun-Olam-Weg ist lang und mühsam, fordert viele Opfer. Es sind die Unwahrheiten, die auch von höchsten politischen Stellen und an renommierten Universitäten weltweit verbreitet werden. Sie behindern den Weg, müssen korrigiert und beseitigt werden. So wie jene Lüge, die die Vollversammlung der Vereinten Nationnen 1975 in die Welt gesetzt hat: „Zionismus ist eine Form von Rassismus und rassischer Diskriminierung“. Es dauerte 16 Jahre bis dieser Unfug von einer UN-Mehrheit aufgehoben wurde. Diese Zeit hat Israel und der Nahe Osten jetzt nicht noch einmal.

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