Tichys Einblick
Es ist nie genug

EU-Spitze will 66 Milliarden Euro mehr – doch der Widerstand wächst

Brüssel möchte mehr Geld, die EU-Kommission gab deutlich zu viel aus. Nun kommt sie mit dem bisherigen EU-Budget auch nicht aus. Doch zu ihrer Frustration könnte aus den Plänen nach mehr Geld nichts werden. Die Staatschefs werden sich nämlich nicht einig, wie die vielen Gelder ausgegeben werden sollen.

IMAGO

Ursprünglich waren für das EU-Budget bis 2027 „nur“ 1,2 Billionen Euro vorgesehen. Doch dann begab sich EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn in diesem Jahr auf Betteltour. Einen EU-Staatchef nach dem anderen suchte er auf, um ihn für mehr Geld zu erwärmen. Das benötigte nämlich die EU-Kommission dringend. Ihre fehlende Budget-Disziplin und der teure Ukraine-Krieg rächten sich, vor allem in Zeiten höherer Zinsen.

Nun könnte das Vorhaben aber scheitern. Zwischen den Regierungen tobt ein heftiger Streit über die Verwendung der Gelder. Die Vorstellungen gehen weit auseinander, wie sich beim jüngsten Gipfel in Brüssel zeigte, oder – wie es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) formulierte: Die Positionen sind „nicht alle deckungsgleich“, was ein ziemliches Understatement gewesen sein dürfte.

Österreich und vier weitere Länder lehnen zusätzliche Gelder für Brüssel ab

Die EU-Kommission fordert aufgrund identifizierter Löcher im EU-Haushalt eine Erhöhung um 66 Milliarden Euro. Die Fronten zwischen den europäischen Staats- und Regierungschefs sind verhärtet. Deutschland – und mit ihm die „Sparsamen Vier“ Dänemark, Schweden, die Niederlande und Österreich – möchte kein zusätzliches Geld ausgeben. Diese fünf Staaten wollen von zusätzlichen Ausgaben nichts wissen, was wiederum der Kommission nicht gefällt. Sie müssten dann woanders sparen, etwa bei Forschung, Gesundheit oder Erasmus.

Viktor Orban lehnt zusätzliche Gelder für die Ukraine ab

Doch das ist nicht der einzige Streitpunkt. Ungarn und Frankreich sind wiederum mit der Verwendung der Gelder nicht einverstanden, allerdings aus komplett unterschiedlichen Gründen. Während die anderen Staaten grundsätzlich mit zusätzlichen Hilfe für die Ukraine einverstanden sind, lehnt genau das Viktor Orban ab. Der Grund: Die EU hat 22 Milliarden Euro des Kohäsionsfonds für Ungarn eingefroren, weil das Land angeblich gegen rechtsstaatliche Standards verstoße. Der ungarische Ministerpräsident hat nun klar gemacht: Erst wenn die EU die Fördermittel freigibt, will er zusätzlichen Hilfen für Kiew zustimmen.

Frankreich will EU-Gelder nur für europäische (bzw. französische) Waffenhersteller

Frankreich wiederum möchte mehr Geld für seine eigene Industrie. Deshalb hat es spezifische Anforderungen an die Europäische Friedensfazilität gestellt. Dieser Fonds soll die Länder für Waffen-Lieferungen an die Ukraine entschädigen. Paris will, dass die Mittel ausschließlich für Geschäfte mit europäischen Waffenherstellern verwendet werden. Andere Staaten möchten hingegen auch Waffen von nicht-europäischen Unternehmen, etwa in den USA, kaufen.

Fazit: Es bleibt ungewiss, ob bis Jahresende eine Einigung erzielt wird.

In Summe setzen sich die 66 Milliarden Euro aus 19 Milliarden Euro für gestiegene Zinsen, 14 Milliarden Euro für die Asylpolitik, zehn Milliarden Euro für bestehende Töpfe wie die Unterstützung von Forschung, drei Milliarden für einen Fonds für unvorhersehbare Ereignisse, und knapp zwei Milliarden für Verwaltung in Brüssel zusammen. Überdies möchte die EU der Ukraine 17 Milliarden Euro an Zuschüssen gewähren. Zusätzlich sind 33 Milliarden an Krediten für die Ukraine vorgesehen – wobei diese Summe nicht in den 66 Milliarden Euro enthalten ist…


Dieser Beitrag ist zuerst bei exxpress.at erschienen.

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