Tichys Einblick
Betonpoller auf dem Weihnachtsmarkt

Wann zieht die deutsche Strickliesel in den Antiterrorkrieg?

Ob für die Wehrmacht an der Ostfront oder für den "Merkelpoller": Wenn die deutsche Frau strickt, sind Krieg und Terror nicht weit.

Nur die über neunzigjährige Tante erinnert sich noch aus eigenem Erleben an das Wollsockenstricken für die frierenden Wehrmachtssoldaten an der Ostfront. Verschickt schon mit im Oktober aufgegebenen Weihnachtspaketen, erreichten sie aber vielfach ihre Adressanten gar nicht mehr. Werden heute eigentlich in den deutschen Familien noch Socken gestrickt, wo die industriell gefertigten im Zehnerpack und quasi als Wegwerfartikel im Discounter angeboten werden? Wahrscheinlich kaum.

In deutschen Städten fiel in den letzten Jahren allerdings etwas Ungewöhnliches auf, das im engeren Sinne etwas mit dieser vergangenen Strickkunst zu tun haben könnte: Schlauchartig umhäkelte (Oder umstrickte?) Poller, also diese senkrechten im Boden befestigten Pfähle, die Autos an der Weiterfahrt hindern sollen. Aber warum werden solche abweisenden Objekte jetzt bunt umhäkelt?

Ein unfassbarer Skandal
9. November in Deutschland – Juden werden aufgefordert, wieder Opfer zu sein
Poller spielen historisch eigentlich eine einladende Rolle. Mit ihnen wurden an den Kaimauern der Häfen Schiffe vertäut. Im Deutschland von 2019 wurden Poller allerdings zu sichtbaren Zeichen einer ernsten Bedrohungslage durch vornehmlich islamistische Attentäter. So werden die beliebten deutschen Weihnachtsmärkte geschützt wie mittelalterliche Burgen, nur, dass der Schutzwall aus teils übermannsgroßen Beton-Gussteilen besteht, die dicht an dicht aufgestellt verhindern sollen, dass Autos oder Lastkraftwagen, von maximalem Vernichtungswillen ihrer Terrorfahrer gesteuert, in die Menschenmassen der Marktbesucher fahren.

Die Stadt Ulm verteidigt ihren Weihnachtsmarkt mit Spatzen gegen Terroranschläge. Es ist so bizarr, wie es klingt, wenn bis zu zwei Tonnen schwere Spatzenmodelle von Islamisten gesteuerte LKWs davon abhalten sollen, Massenmorde zu begehen. Die Berliner Zeitung findet, das sei „eine sehr elegante Lösung“. Wenn das Wahrzeichen der Stadt in tonnenschwerem Beton vor Terror schützen soll? Die massiven Betonvögel messen von Schnabel bis Schwanzspitze knapp zwei Meter. Und was für eine Kategorie ist das eigentlich, in welcher die Begriffe „Eleganz“ und „Terror“ gleichermaßen Platz finden?

Der Berliner Breitscheidplatz wurde zur Festung ausgebaut, nachdem dort elf Bürger von einem islamistischen Terroristen mit einem in den Weihnachtsmarkt hinein gesteuerten Sattelschleppers ermordet wurden, ebenso wie zuvor schon der Fahrer des LKW. Mit Sand gefüllte Bigbags in Gitterboxen, Betonwände und mobile Schwerlast-Metallpoller sichern hier die Zuckerwatte, den Bratwurststand, das Karussell und die Glühweinbuden. Kostenpunkt schon 2018: 2,5 Millionen Euro.

Der Volksmund – jedenfalls eines bestimmten Teils der Bevölkerung – nennt diese Betonbarrieren heute sarkastisch und zynisch „Merkelpoller“, weil man die Zuwanderungspolitik der Kanzlerin für solche Terroranschläge wie am Breitscheidplatz für verantwortlich hält.

Die industrielle deutsche Sicherheitstechnik hat schnell reagiert und ihre Produktpalette den neuen Erfordernissen angepasst. Bei den entsprechenden Anbietern klingt das dann so: „Je nach Standfestigkeit gibt es security Zertifizierungen zur Steuerung vom Verkehr im privaten und öffentlichen Bereich, als auch besonders standfeste „Terror-Zertifizierungen“ für Hochsicherheitsbereiche.“ Ein weiteres Unternehmen wirbt mit „Dekorative Beton Poller“, die dazu gehörige Fotografie der aufgereihten Betonprodukte erinnert an eine Abstraktion von Xians Terrakotta-Armee. Heute müsste man wohl von einer Terrorkotta-Armee sprechen.

Aber zurück zum Anfang und zu den umhäkelten Pollern im Stadtgebiet mit dem anhängenden Etikett #haekelpoller. Handwerklich ist das ja eine Patchworkhäkeldecke (nur in 3D)  wie man sie aus den 1970er Jahren kannte, damals, als auch die Makramee-Blumenampel im Trend lag.

Eine Art wollener Kondom von Hand gemacht, technisch nah dran an der Fertigung dieser wunderbar wärmenden Wintersocken – eine aussterbende Frauenarbeit, die man in richtig großer Angebotsbreite nur noch in den Hauptstädten des Baltikums findet, wenn dort alte russische Mütterchen beispielsweise in der so prachtvoll renovierten Altstadt Rigas den vorbeischlendernden Touristen für unter zehn Euro so ein paar Selbstgestrickte anbieten.

Eine Technik, die heute mutmaßlich von jüngeren Frauen in Deutschland genutzt wird, um vermeintlich das Stadtbild zu verschönern, der Beton- und Stahlanmutung der Stadtmöbel eine kunsthandwerkliche Note zu geben, Hingucker zu schaffen.

Sicher haben die fleißigen Strickerinnen (oder doch Häklerinnen? Ganz egal) auch nichts gegen ein schelmisches Grinsen einzuwenden. Diese Strickerei hat – wer hätte es in Zweifel ziehen wollen? – auch eine politische Variante, wenn in diesem Zusammenhang von „Urban Knittering“ oder „Guerilla Knitterung“ die Rede ist, also von einem kleinen Krieg des Strickens.

Und wenn hier beispielsweise vor dem Dresdner Militärmuseum ein Panzer eingestrickt wurde, quasi als Weiterführung der Rose im Gewehrlauf des Wachsoldaten dort eingeführt in den 1960er Jahren von einem Blumenmädchen in Hotpans und Fransenlederjacke. Dieses Bestricken von grauen Laternen und Pollern ist demnach eine feminine Art des Sprayens (Graffiti), welches ja traditionell immer noch vorwiegend von maskierten Jungs und jungen Männern betrieben wird.

Geschichtsklitterung durch Merkel
Dem Morgenrot entgegen, ihr Kampfgenossen all?
Es ist jetzt also nur eine Frage der Zeit, wann die erste Stadtverwaltung auf die glorreiche Idee kommt, hier die Betonfront gegen den islamistischen Terror mit den jungen Strickerinnen zusammenzubringen und also statt Spatzen gießen zu lassen wie in Ulm, diese weihnachtsmärktlichen Merkelpoller unter die Strick- oder Häckelnadeln junger Mädchen zu bringen, die diese Mahnmale des Terrors dann im besagten Falle noch staatlich subventioniert einmal komplett umhäkeln oder umstricken wie 2013 besagten Kampfpanzer Typ Leopard 1 in Dresden, der eine Kuscheldecke bekam.

Warum? Laut Bekunden der Handwerkerinnen als Gegengewicht zu den „Neonazi-Aufmärsche(n) und Gegendemonstrationen“ am Jahrestag der Zerstörung Dresdens durch alliierte Bomberverbände. Um Himmelswillen.

Merke also: Wenn die deutsche Frau strickt, sind Krieg und Terror nicht weit. Von der Winterhilfe für den Landser im Feld hin zum verstrickten Panzer gegen Nazis und vielleicht demnächst auch Stricken gegen den Terror, wenn die erste Stadtverwaltung, statt teure Betonspatzen zu gießen, auf die viel preiswertere Frauenhandarbeit zurückgreift und damit dann auch noch was für das Image tun kann.

Schade, wenn noch mehr Zeit wäre, dann hätte Braunschweig auch die gesamte Volkswagenhalle einmal umstricken lassen können, da findet nämlich am 30. November der Bundesparteitag der AfD statt. Da hätte man dann ein paar Millionen Nadelstiche setzen und alles unter einem kunterbunt-vielfältigen Wollkunstwerk verschwinden lassen können. Also die alternative Version dessen, was der Aktionskünstler Christo mit dem Reichstag gemacht hatte, nur eben viel alternativer, viel mehr Kampf gegen Brokdorf, viel mehr Freie Republik Wendland, viel mehr Kommune.  Na ja, vielleicht dann beim nächsten Mal.

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