Tichys Einblick
Eine Schande

Sorge vor Covid-19-Pandemie zeigt grausige Zustände auf dänischen Nerzfarmen auf

Die Affäre um die Ausbreitung einer neuen Corona-Virus-Variante in dänischen Nerzfarmen offenbart, was Menschen bereit sind, Tieren anzutun.

imago images / blickwinkel

Wenn es ein Ergebnis der Covid-19-Angst auch in Europa ist, dass wir unser Innerstes nach Außen krempeln müssen, dann mag das ein Gewinn sein. Sicher nicht in dem Maße, wie es Klimaideologen oder linksesoterische Kräfte wünschen, aber mindestens doch wachrüttelnd, wenn die Sorge vor den Folgen der Pandemie solche jahrzehntelangen grausigen Tierquälereien wie jetzt in Dänemark offenbart. Dort sollen alle Nerze in Farmen getötet werden, weil die Gefahr bestände, dass ein mutiertes Corona-Virus bereits auf ein paar Menschen übergesprungen ist, die in solchen Nerzfarmen beschäftigt sind.

Wer die Bilder der leidenden Kreatur gesehen hat, die mitten im Wohlstandseuropa, das doch immer so stolz auf seine Werte sein will, elendig vor sich hin vegetieren, bis sie fett genug sind und dieses Fett ihr Fell gedehnt hat, so weit, das es abgezogen und auf dem Weltmarkt verkauft werden kann, der muss doch tief beschämt sein angesichts des Leidens seiner Mitgeschöpfe.

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Wir wollen gar nicht näher wissen, wie diese Tiere zu Tode kommen, ob sie gemeinschaftlich vergast oder sonstwie getötet werden. Klar ist, dass diese Form der Tierhaltung nicht unmittelbar der Ernährung der Menschen dient wie die umstrittende Massentierhaltung beispielsweise von Huhn oder Schwein. Nein, hier wird das Tier millionenfach nur aufgezogen und gequält für ein Luxusgut, für ein Stück abgezogenen Pelz, für ein Fell von ein paar Quadratzentimetern.

Laut Süddeutscher Zeitung haben dänische Nerzzüchter einen Weltmarktanteil von 70 Prozent. Sie verfügen mit dem „Kopenhagen Fur“ gar über ein eigenes Nerzpelz-Auktionshaus. Insgesamt sind aktuell 6.000 Personen in der dänischen Nerzzucht beschäftigt auf über 1.100 Nerzfarmen, die im Jahr 2013 Nerzfelle im Wert von zwei Milliarden Euro exportiert haben. Die meisten dieser Farmen sollen sich in Nord- und Westjütland befinden.

Elendige Bilder, die übrigens nicht erst seit der Panik vor dem Corona-Virus in der Welt sind – wenn man nur hinschauen wollte. Bisher hat das kaum jemanden interessiert im Zusammenhang mit diesem Milliardengeschäft, was dänische Tierschützer in der Vergangenheit da an Grausamkeiten zusammengetragen haben. Nein, die Liebe zum Mitgeschöpf sollte sich nicht da erschöpfen, wo Vögel an Windkraftanlagen verenden. Tiere werden auch in Europa millionenfach gequält nur des Profits wegen und nicht einmal mehr mit der faulen Ausrede, es ginge hier um die Sicherstellung der Ernährung: Denn ganz klar, immer mehr Europäer kennen den Unterschied zwischen Billigfleisch und solchen Produkten aus einer Tierhaltung, die noch einen Rest an Anstand und Würde vermittelt.

Man kann zu den diversen Tierschutzorganisationen geteilte Aufassungen haben, was die Strukturen und Aktionen angeht, aber was beispielsweise Peta schon 2014 über diese dänischen Nerzfarmen zusammengetragen hat, zeigt ein erbärmliches Bild, dass jeden wütend machen muss: Nerze, lebenslang eingesperrt in winzigen Käfigen – eine Existenz unter unerträglichen Bedingungen. Peta berichtet von sensiblen Tieren, die sich selbst und ihre Artgenossen unter diesen tierquälerischen Bedingungen gegenseitig annagen. Viele Nerze sollen so schwere Verletzungen mit sich herum tragen, bevor sie endgültig vernichtet werden.

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Bis zu vier Jungtiere teilen sich einen schmucklosen Gitterkäfig mit einer Grundfläche von 2550 cm² und 45 cm Höhe. Dabei sind sie eigentlich Einzelgänger. Die Tiere werden dann oft lebenslang gefüttert mit einem Brei aus Fleisch- und Fischabfällen und pflanzlichem Abfall. Dieser Abfallbrei wird oben auf die Käfige geklatscht, der Kot der Tiere fällt unten durch. Ein infernalisch stinkendes Gefängnis für Tiere, die von Natur aus mit einem hochsensiblen Geruchssinn ausgestattet sind. In Freiheit werden diese Tiere bis zu zehn Jahren alt, ihr Dasein in der dänischen Gitterhölle dauert sechs Monate bis zu ihrer Vergasung in Kisten.

Anfang November hat die Regierung nun beschlossen, dieses Elend zu beenden. Aber nicht des Elends wegen. Keineswegs. Die Nerze sollen mit einem Corona-Virus infiziert sein und das Virus soll in den gequälten Nerzen mutiert sein. Die Rede ist vom so genannten Cluster-5-Virus, dass offiziell bereits mehr als ein dutzend Menschen im Umfeld dieser Horrorfarmen befallen haben soll. Jetzt wird diskutiert, etwa 17 Millionen Nerze mit Kohlenmonoxid zu töten und anschließend zu verbrennen.

Als das Corona-Virus bekannt wurde, machten schnelle Gerüchte die Runde, dass dieses Virus auf chinesichen Tiermärkten von Fledermäusen auf den Menschen übergesprungen sei. Im Westen hat man darüber die Nase gerümpft. Doch jetzt befürchten die dänischen Gesundheitsbehörden angesichts der infizierten Nerze insbesondere die Beeinträchtigung der Wirkung zukünftiger Impfstoffe. Die dänische Premierministerin sprach gar von „verheerenden Folgen für die Pandemie weltweit“. Die Direktorin des Statens Serum Institut – Pendant zum deutschen Robert Koch Institut – warnte gar, die Pandemie könne von Dänemark aus von vorne beginnen. Die Rede ist von der Gefahr einer „neuen globalen Katastrophe“. Die Regionen um die Farmen wurden für zunächst vier Wochen von der Umgebung abgeriegelt.

Allerdings haben bereits namenhafte Wissenschaftler beispielsweise von der Universität Basel Skepsis am dänischen Alarmismus angemeldet. Es sei hingegen vorstellbar, dass die Mutation keinerlei Effekt auf den Wirkungsgrad von Impfstoffen gegen Covid-19 hätte. Aber ganz gleich wie sich diese dänische Angelegenheit entwickeln wird. Sie hat das Potenzial, darauf hinzuweisen, was der Mensch bereit ist, für Profit am Tier anzurichten. Der Fingerzeig nach China ist von diesen Quälfarmen aus vollkommen überflüssig. Was müssen das für hartgesottene dänische Veterinäre sein, die sich tagtäglich mit diesen Zustände direkt auseinandersetzen und dabei nicht aufschreien müssen.

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