Tichys Einblick
Nichts gelernt

Marine-Operation „Sophia“: Heiko Maas riskiert steigende Zuwanderung

Heiko Maas will die gescheiterte EU-Marine-Operation "Sophia" wiederbeleben – die verstärkte die Asyleinwanderung mit vielen Toten im Mittelmeer. Das Argument, ein UN-Waffenembargo für Libyen durchsetzen zu wollen, ist vorgeschoben.

Alex Halada/AFP/Getty Images

Eine Falschnachricht, beziehungsweise ein großes nachrichtentechnisches Missverständnis wird nicht dadurch wahrer, dass es einfach stur weiter behauptet wird. Also vorab zur Klarstellung:

Die „European Union Naval Force – Mediterranean“, kurz auch „Operation Sophia“ genannt, war niemals ein staatliches Seenotrettungsunternehmen. Sie wurde als „multinationale militärische Krisenbewältigungsoperation“ ins Leben gerufen, um Menschenhandel über das Mittelmeer nach Europa zu bekämpfen. Um also im Klartext die illegale Wanderung in die für Afrikaner so verlockenden Sozialsysteme Europas – hier vor allem Deutschlands – zu unterbinden. Eine Erweiterung des Mandates zielte zusätzlich darauf, den Aufbau einer funktionierenden und schlagkräftigen libyschen Küstenwache zu organisieren.

Seenotrettung ist unter Seeleuten übrigens eine bare Selbstverständlichkeit. Diese Rettung ins Mandat für die Bundeswehr einzuschreiben, ist also nur ein Sedativum für aufgeregte Politiker. Die Mission konnte den Vorwurf nie entkräften, dass sie statt Schlepper zu bekämpfen, selbst maßgeblicher Teil der Schlepperroute geworden war, wodurch hoch bezahlte Schlepper mit ihrer menschlichen Fracht in Schlauchbooten eine staatliche Seenotrettung quasi erzwingen konnten. Und die Bundeswehr verbreitet ja dem zum Trotz unverdrossen weiter, dass der Kernauftrag der Operation dort die Unterbindung der Menschenhandelsnetzwerke ist. Interessiert nur keinen.

NATO-Mitglied Türkei
Welches Spiel spielt Erdogan in Libyen und im östlichen Mittelmeer?
Jetzt hatte Berlin zur großen Libyen-Konferenz gerufen, deren Erfolg unterschiedlich bewertet wird. Der Spiegel feiert so etwas wie eine Renaissance der Weltpolitik von deutschem Boden aus, titelt vom „Durchbruch“ und freut sich über all das, was „Angela Merkel und ihr Außenminister Heiko Maas“ geschafft haben. Die Ergebnisse könnten sich sehen lassen, Deutschland hätte sein „diplomatisches Gewicht“ in die Waagschale geworfen „ohne sich selbst in den Vordergrund zu spielen.“ Ja, es grenzt an journalistische Heldenverehrung, wenn auch die Welt vom „Faktor Merkel“ schreibt, so als hätten die Medien schon Sehnsucht nach irgendeiner deutschen Erfolgsgeschichte, die sie sich nicht selbst herbei schreiben müssten in völliger Ignoranz der viel wichtigeren Frage: Was ist mit den deutschen Interessen in der Libyenfrage, wenn Libyen Einfallstor einer afrikanischen Massenzuwanderung ist?

Leider wird im Nachgang dieser Libyen-Konferenz immer deutlicher, dass Deutschland hier alles andere ist als ein neutraler Vermittler lediglich mit „Faktor Merkel“, also mit Merkels sedierender Raute im Auge eines Hurrikans. Nein, Deutschland ist schwer betroffen als Hauptziel einer Asyleinwanderung über Libyen. Aber das genaue Gegenteil geschieht: Die Bundesregierung hat ein elementares Interesse daran, über diese Konferenz auch ihre illegale Asyleinwanderungspolitik rückwirkend nicht nur zu legitimieren, sondern noch fortsetzen zu können, und die Anforderungen der Flucht- und Migrationspakte der Vereinten Nation wirkungsvoll voranzutreiben. Deutschland als Musterantreiber auf dem Rücken der eigenen Bevölkerung – nein, sogar großteils auf den ausdrücklichen Wunsch einer offensichtlich suizidal veranlagten Gemeinschaft, was die eigenen Werte und Lebensart angeht.

Nur so lässt es sich interpretieren, wenn „ ihr Außenminister Heiko Maas“ jetzt zur Durchsetzung eines Waffenembargos einen militärischen Gürtel europäischer Marineeinheiten rund um Libyen wünscht, wenn er die Wiederaufnahme der „European Union Naval Force – Mediterranean“ will, wohl wissend, dass diese Operation den traurigen Rekord an Toten im Mittelmeer überhaupt erst ausgelöst hatte. Und ebenso den größten Zustrom illegaler Migranten, die sich selbst in Seenot gebracht hatten, um auf diesem Wege nach Europa zu gelangen und Asyl beantragen zu können.

Die Argumentation das Außenministers ist an Zynismus kaum zu überbieten, wenn er gegenüber der ARD erklärt, er könne nicht gleichzeitig die Zustände in libyschen „Flüchtlingslagern” für „unmenschlich“ halten und dann „befürworten, wenn Leute dahin zurückgebracht werden.“ Würdeloser Fingerzeig-Nachsatz des Außenministers: „Über Sophia werden wir ja sowieso wieder reden müssen.“

Berliner Flop
Waffenruhe in Libyen? Abwarten ….
Warum das zynisch genannt werden muss? Weil ja erst diese EU-Operation auf dem Mittelmeer die Chancen so drastisch erhöht hatte, überwiegend als Wirtschaftsmigrant nach Europa, nach Deutschland zu gelangen. Was leider immer wieder vergessen wird: Es sind keineswegs libysche Einheimische, die hier die Überfahrt wagen, Libyen selbst ist Drehscheibe geworden für Menschenhändler, für organisierte Wanderungen von Zentralafrika an die nordafrikanische Küste.

Fakt bleibt doch: Mit der Einstellung der „European Union Naval Force – Mediterranean“ und mit stärkeren Sanktionen gegen eine so genannte private Seenotrettung ebenso wie mit der Verlagerung der Seenotleitstelle von Rom nach Libyen ist die Zahl der Toten auf dem Mittelmeer drastisch zurückgegangen. Übrigens ebenso drastisch, wie die Zahl derjenigen, die es nach Europa versucht haben und dort angekommen sind. Der Zusammenhang ist über jeden Zweifel erhaben.

Was also muss in Heiko Maas vorgehen, sich zu wünschen, diese katastrophalen Zustände mögen wiederkommen? Wie ideologisch verdreht oder beseelt muss man schon denken, hier den Wunsch zu äußern, diese völlig gescheiterte, Menschenleben riskierende Mission möge ihre Arbeit wieder aufnehmen?

Alleine die Logik schleift hier Meter unterm Asphalt der Vernunft, wenn eine solche Konferenz, die alle Beteiligten an einen Tisch bringen sollte, die vom Spiegel und anderen Zeitungen als großer Erfolg gefeiert wurde, wenn so ein Konferenz doch nur dann erfolgreich sein kann, wenn im Libyen selbst Veränderungen durchgesetzt, wenn Lager geschlossen werden und wenn sich internationale Organisation (der UNHCR ist längst vor Ort) immer sicherer bewegen, und im Sinne der Ärmsten der Armen agieren können.

Wenn die Türkei, wenn Russland und andere dort am runden Tisch in Berlin saßen, dann ist so eine Konferenz erst ein Erfolg, wenn diese Parteien gemeinsam mit jenen ortansässigen Kriegsparteien auch verbindlich beschließen, beispielsweise solche Lager zu schließen und adäquate Möglichkeiten zu finden, die Wanderungen aus der Tiefe Afrikas Richtung nördlicher Küste schon im Entstehen zu unterbinden.

Das Bild sagt mehr als tausend Worte
Maas und Haftar: Ich schau dir in die Augen ...
Was für ein gefährlicher Heiko-Maas-Unfug ist es hingegen, erneut eine massive Präsenz staatlicher Schiffe zu fordern, um angeblich ein Waffenembargo durchzusetzen, wo diese Schiffe doch vor allem für eines in Haftung genommen werden: Für ihr in Schlepperhilfe umgedeutetes Pflichtverständnis der Seenotrettung, wo echte Seenotrettung allen Schiffen auf allen Weltmeeren selbstverständlich ist.

Es ist doch geradezu sträflich unlogisch, sich zu beschweren, dass die EU zwar die libysche Küstenwache ausbildet, aber keine Schiffe zur Verfügung stellt, Zuwanderer aus dem Mittelmeer aufzunehmen. Aber wozu auch? Denn gerade dazu ist ja – wie der Name schon sagt – diese Küstenwache da, solche Ausflüge in Zukunft zu verhindern. Dabei sind das die geringsten Probleme aus Sicht vieler Beteiligter, wenn es um machtstrategische und religiöse Fragen und nicht zuletzt um die Frage geht, wie es mit dem libyschen Öl weitergehen soll, an dem so viele Parteien gesteigertes Interesse haben.

Maas gibt an, er hätte den offiziell von vielen Staaten als Gesprächspartner anerkannten libyschen Regierungschef Fajis al-Sarradsch aufgefordert, die „Folterlager“ zu schließen. Voraussetzug dafür sei, immerhin das versteht der Außenminister, ein Ende des Bürgerkrieges. Der aber wird weiter von ausländischen Interessen unterstützt, denen vor allem eine Sache herzlich Schnuppe ist: Wie viele Afrikaner noch über das Mittelmeer nach Deutschland gelangen.

Wer also wie die Bundeskanzlerin eine Konferenz organisiert, die Lösungen für ein geschundenes Land, seine Leute und zigtausende Migranten erreichen will, der sollte besser drauf achten, die eigenen Interessen nicht so unfassbar zu missachten. Denn das alleine ist Auftrag der Deutschen an ihre Kanzlerin deren Außenminister, trotz ihrer fortschreitenden Verachtung ureigener deutscher Interessen.

Anzeige