Tichys Einblick

Kanadier wollen Milliardenschatz im Harz heben

Nun sieht es so aus, als hätten die Harzer bald wieder das nötige Kleingeld, die Kugel rollen zu lassen und stolz ihre Bergmannsuniformen aus dem Schrank zu holen für den sonntäglichen Kirchgang.

© Getty Images

Wer dieser Tage im Harz unter Tage geht, der könnte leuchtende Dollarzeichen in den Augen haben. Kanadische Dollar! Jedenfalls sprechen einige Zeitungs- und Fernsehberichte davon, dass Kanadier im Harz nach Erzen suchen wollen. Gigantische zwei Milliarden Euro werden noch unter Tage im Abraum der Bergwerksarbeit der letzten Jahrhunderte vermutet.

Wer auf die Idee kam und wie das alles zusammenhängt, könnte aus einem Roman von Jack London stammen: Ein Harzer Unternehmer aus dem verschlafenen Örtchen Bad Grund ist ebenso involviert, wie Samarium Tennessine Corporation, eine gigantische Investmentgesellschaft mit Sitz in Miami, Singapur und Vancouver. Nach Recherchen im Netz ist der Global Player weltweit mit hunderten von Millionen Dollar aktiv auf der Suche nach Bodenschätzen. In Miami ebenso, wie in Kolumbien. Und jetzt offensichtlich auch im Harz.

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So ganz aus der Luft gegriffen scheint die Sache nicht zu sein, wenn sich sogar der niedersächsische Ministerpräsident auf den Weg nach Bad Grund macht, um Näheres zu erfahren. Denn wenn dort über Jahrzehnte wieder Bergbau betrieben werden soll, könnten hier ebenso hohe Steuereinnahmen wie Arbeitsplätze und eine Reaktivierung der quasi zum Erliegen gekommenen Infrastruktur möglich sein. Irgendwann einmal, in Zukunft. Und an einem Ort, der eine tausendjährige stolze Bergbaugeschichte aufweisen kann; in vielen Gärten stehen noch die Erinnerungsloren der vor einem Vierteljahrhundert endgültig stillgelegten Schächte.

Stillgelegt nicht, weil kein Erz mehr zu fördern gewesen wäre, die Preise stimmten einfach nicht mehr. Die Preussag AG schloss die Grube endgültig 1992. Der weitere Bergbau, so hatte die Preussag entschieden, war wirtschaftlich nicht mehr zu vertreten. Die Kumpel gingen nach Hause. Glück auf.

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Vereinzelt sieht man in den Fenstern der Familien der stolzen Bergleute noch glitzernde Erzklumpen liegen, aus dem Schacht mit hochgeholt und stolz der Familie, den Kindern und auch den Kurgästen hingelegt. Den auch das war hier eine Einnahmequelle, die Leute kamen der guten Harzer Luft wegen, damals ab den 1970er Jahren, als die Krankenkassen noch willig die Kuren bezahlten und die Pensionen und Hotels aus dem Boden schossen, die heute nur noch ein Schatten ihrer selbst sind. Der Ort wirkt an manchen Tagen wie ausgestorben, die Ladenzeilen verwaist, nur der vermooste Minigolfplatz hält sich noch tapfer und wartet weiter vergeblich auf die Besucherscharen der Vergangenheit. Ja, es gibt mittlerweile auch eine „Weltwald“, die geschlossene Grube ist zu besichtigen und eine alte Tropfsteinhöhle wurde mit viel Aufwand modernisiert, aber von einem Aufschwung spricht man hier nur ungern.

Nun sieht es so aus, als hätten die Harzer bald wieder das nötige Kleingeld, die Kugel rollen zu lassen und stolz ihre Bergmannsuniformen aus dem Schrank zu holen für den sonntäglichen Kirchgang. Schon einmal keimte Hoffnung auf, als 2011 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wurde, für ein unterirdisches Pumpwasserspeicherkraftwerk in der Schachtanlage Wiemannsbucht, aber die Nachrichten darüber versandeten.

Nun also der Klondike im Harz? Ein Rausch aus der Tiefe? Schön wäre es ja. Aber das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) legt der Story hier Fesseln an: Noch hätte die Samarium Tennessine Corporation nur eine Erlaubnis zur Aufsuchung von Rohstoffen. „Damit sind noch keine technischen Maßnahmen verbunden. Vor einem eventuellen Eingriff in den Boden oder einer Bohrung muss die Samarium eine gesonderte Genehmigung beantragen.“

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Den Antrag stellt im Auftrag MDT-Montan, ansässig im Harzer Nordhausen. Der Dipl.-Ing. des Unternehmens weiß noch von keinen Folgeaufträgen zu berichten, aber, dass es hier zunächst um die Suche nach den klassischen Erzen geht. Wie schnell man dabei sein wird, sei auch eine Kostenfrage. Schnelligkeit wäre kostenintensiver. Gebunden ist man lediglich an einen Zeitplan, der mit der Erteilung der Antragsgenehmigung einzuhalten sei. Die Felderkundung wurde gestattet. Starten will man mit den Untersuchungen Anfang 2018. Gesucht werden darf bis 2022. Also alles andere als ein wilder Ritt im Goldrausch von Kanada aus in den beschaulichen Harz. 153 Quadratkilometer dürfen von der Samarium Tennessine Corporation in Augenschein genommen werden. Auch das Landesamt bestätigt: „Rohstoffe im Wert von rund 2,3 Milliarden Euro werden in Absitzteichen und nicht ausgebeuteten Erzgängen der Grube vermutet.“

Einen mit echtem Goldgräber-Potenzial gibt es dann aber doch: Der Bad Grundner Initiator, der die Sache maßgeblich ins Rollen gebracht hat, scheint ein echter Tausendsassa zu sein, ein Weiterdenker. Er war es auch, der bereits George Clooney zum Dreh in seine Grube „Hilfe Gottes“ locken konnte, der genau hier wichtige Abschnitte seines Hollywood-Blockbusters „Monuments Men“ gedreht hatte. Der Harzer Unternehmer soll laut Auskunft des Dipl.-Ing. der MDT-Montan auch der Kontaktmann zum Milliardenschweren Unternehmen Samarium Tennessine Corporation sein und er lud auch den Ministerpräsidenten nach Bad Grund ein.

Alles nur eine tolle Geschichte, die geeignet ist die Provinz in helle Aufregung zu versetzen? Wer weiß das schon so genau, der Harz jedenfalls hat nichts mehr zu verlieren. Jede weitere Geschichte ist eine gute Geschichte, weil sie im Gespräch hält und neue Besucher anlockt. Und selbst dann, wenn am Ende nur das perfekte Marketing eines schlauen Unternehmers  bleiben sollte, die Geschichte war es wert, sich einmal im Internet tiefer hineinzugraben hin zu den wenig geklickten örtlichen Berichterstattern, der „Harzinfo“, dem „eselstreiber.de“ und natürlich dem „Harzkurier“. Eine dolle Geschichte.