Tichys Einblick
Ein Abgesang

Grüne DNA der Bundesrepublik

Die Katrin Göring-Eckardts dieser verlorenen gegangenen Sponti-Partei haben sich eine starre grüne Religion gebastelt mit nur einem Ziel: Machterhalt und der unbedingte Wille zur Meinungshoheit. Mit ihnen schwindet der letzte Funken grüner Authentizität.

© Adam Berry/Getty Images

Was spielt man als Requiem für die Grünen? So etwas vielleicht – oder gleich ganz schweigen. Kein großes Trara mehr. Und einfach hinterher schauen, wenn das letzte Palästinensertuch den Bundestag verlässt, der letzte Kaktus vom Tisch genommen und dieses Rotationsprinzip noch einmal alles Gewesene in den Schatten stellt: Die Grünen tauschen ihre Plätze spiegelverkehrt gegen die AfD. Mehr gelebte Demokratie geht ja nicht. Aber vorher spricht der letzte verbliebene RAF-Anwalt der Grünen noch ein paar mahnende Worte ins Halbrund. Ein Klagelied voller Wehmut gesungen mit einem Lächeln aus schiefem Mund: „Ach, schön war’s doch.“

Kann man das, darf man das, in Zeiten, die eine scharfe Gegnerschaft verlangen, mal herausstellen, mal erinnern, was wir den grünen Kräften der Republik zu verdanken haben? Was von diesen einst spleenigen Ideen umgesetzt wurde und was sinnvoll gewesen wäre, aber nie wirklich eine Chance bekam, gesamtgesellschaftlich relevant zu werden? Ja, man darf, man sollte manchen Visionen auch nachtrauern. Es war schon einmal besser.

Das beginnt doch schon beim Gang in den Supermarkt: Heute quillt uns dort eine Verpackungsmülllawine entgegen, wie wir sie in den letzten Jahrzehnten nicht für möglich gehalten hätten. Selbst immer mehr Obst und Gemüse liegt eingeschweißt auf Plastikschälchen und wiederum in durchsichtigen Umverpackungen.

Neues Umfragetief
Jetzt nur noch 7 Prozent: grüner wird’s nicht
Wer einmal den Wochenmüll einer vierköpfigen Familie auf einem Haufen sieht, will es kaum glauben. Im Supermarkt im Kaffeeregal eine Flut von Kaffeepads und in allen leuchtenden Farben diese Aluhütchen-George-Clooney-Einweg-Kapseln. Wie kann das sein? Wozu dieses Trittin-Dosenpfand hinten in der Ecke vom Penny, wenn wir es auf der anderen Seite wieder um ein Vielfaches reinfahren, als gäbe es kein Morgen? Ja, es klingt nervig nach Teestube und Räucherstäbchen, aber es ist deswegen nicht weniger wahr: Wir haben diese Welt nur von unseren Kindern geborgt und wenn der letzte Baum … wir kennen das ja alles.

Weiter im Supermarkt zu den Reinigungsmitteln. Zu diesen lila und rosa Giftschleudern, die man nur über irgendwas eingebrannt Fettiges hauchen muss, um den glänzenden Pfannenboden mit der nächsten Wäsche – ab in den Gulli mit der Giftmischung – wieder zum Vorschein zu bringen wie frisch gekauft aus dem Pfannenregal. Allergien, Parkinson, Nervenerkrankungen – die Verdachtsmomente sind doch nicht aus der Welt. Das sind auch keine Fakenews, nur weil sich beim Waldsterben mal ein Depp in der Kommastelle vertan hatte. Im Gegenteil. Und wo die Lobbys sitzen … sicher nicht ausschließlich auf der Seite der Umweltschützer. Fakenewsproduzenten von beiden Seiten geben sich die Klinke in die Hand.

Der oft gescholtene gesunde Menschenverstand würde sich für den guten alten Froschreiniger entscheiden oder wie dieses ungefährliche Zeugs in den hellgrünen Flaschen hieß. Die gibt es sogar mal zum Wiederbefüllen, damit noch weniger Plastikmüll entsteht, der mittlerweile eigene schwimmende Müll-Kontinente auf den Weltmeeren bildet. Und ja, es taugte weniger gut, als eine dieser modernen mittelmäßigen Giftmischungen in Popverpackung. Aber es gab ein gutes Gefühl inklusive.

TE berichtet regelmäßig über diese Ausläufer des Wahnsinns der grünen Umweltschutzbewegung zu Lasten des Bürgers. Über Eingriffe in die individuelle Selbstbestimmung sowieso. Aber wie sieht es beispielsweise mit der viel belächelten Mülltrennung aus? Da wird ein System verunglimpft, nur weil die Kette nicht funktioniert, weil am Ende niemand zuständig ist, die gewonnen Rohstoffe wirklich wieder in den Kreislauf zurückzuführen. Aber ist deshalb das System falsch? Natürlich nicht. Hier ist kein Platz für irgendeine Retourkutsche auf Kosten der Umwelt. Und es gibt sie doch noch, diese eine Umwelt.

Hier oder dort soll ein neuer Windpark entstehen. Ja, es nervt. So nahe am Wald, im Wald oder nahe dem Wohngebiet. Aber wünschen die Bürger lieber ein Atomkraftwerk oder eine Kohlekraftwerk in der Nachbarschaft? Oder kommt der Strom immer noch aus der Steckdose?

Anrainer schimpfen regelmäßig über diese moderne Windmühlen, die Geräusche machen, auch mal einem feschen Greif den Garaus und das Landschaftsbild verschandeln. Sicher sieht das nicht schön aus. Aber wer nach Tschernobyl und Fukushima usw. noch nicht um die Risiken der Atomkraftwerke selbst und der Entsorgung des anfallenden Atommülls weiß, der befeuert auch weiter Kohlekraftwerke, als gäbe es nicht längst Endlichkeitsstudien und Umweltbelastungsnachweise alarmierenden Ausmaßes. Selbst wenn nur die Hälfte stimmen würde und der Rest dazugedichtet wäre, Grund genug!

Das Auge genießt, wenn das Grüne sprießt
Der Osterschinken kommt aus dem 3-D-Drucker
Stichwort Neokapitalismus und Massenproduktion. Wo Lebensmittel großer Anbieterketten früher noch in wenigen Tonnen produziert wurden, sind es jetzt Megatonnen. Und mit diesen Margen steigt das Risiko der Zugabe minderer oder zweifelhafter Qualitäten. Zu lasten der Verbraucher, von den Anbau- und Tierhaltungsverhältnissen ganz zu schweigen. Aber wer hat heute noch den Mut, sich über Massentierhaltung aufzuregen? Natürlich kann man über Spleens von ein paar Veganern die Nase rümpfen. Aber das heißt doch nicht, dass biologisch oder sonst wie sorgfältig und verantwortlich produzierte Lebensmittel oller Hippiekram sind. Das wir heute naturnahe Kost wählen und diverse Öko- und Bio-Siegel haben, verdanken wir der Ausdauer und Penetranz einer grünen Bewegung. Klar, auch hier schwarze Schafe, Label, die nichts taugen, esoterischer Blödsinn, den niemand mehr hören mag und kann. Aber das Prinzip ist deshalb nicht falsch.

Noch ein Verdienst? Erinnern wir uns an die Gründungsgeschichte der Grünen, an die Aufbruchsstimmung, an diese Vielzahl von Bürgerbewegungen. Nein, nicht alle Bürger, aber ganz, ganz viele. Viel mehr, als zuvor. Engagierte Menschen, die sich in einer Art und Weise zur Wehr setzten gegen staatliche und unternehmerische Willkür, die heute schon wieder Vorbild ist selbst noch für diese „identitäre“ Bewegung. Emanzipation nicht nur zwischen Frau und Mann, sondern von unten nach oben. Aus der Zivilgesellschaft.

Wir leben heute damit. Und wir schätzen vieles, obwohl es dicht unter der Haut ein grünes Label trägt. Möglicherweise auch deshalb, weil wir den Konstrukteur nicht mehr erahnen. Schlimm? Nein, denn die Grünen von damals sind nicht die Grünen von heute. Sie sind nicht einmal mehr Abziehbilder. Sie sind als Zehrbilder auch deshalb so besonders unglaubwürdig, weil sie ihre eigenen Ideale verraten haben.

Die Uhr läuft
Political Correctness: auslaufendes Modell
Ideale, die man nicht teilen muss, die sich aber als solche einmal parteiübergreifend ein stückweit Respekt und Anerkennung verdient hatten. Thematisch, aber auch in ihrem grundsätzlichen Misstrauen und Protest gegen den Staatsapparat selbst. Heute bleiben sie im staatstragenden Gestus verhaftet, selbst noch ohne Partizipation an der Macht. Also in doppelter Veruntreuung ihrer Ideale. So räumt man das Feld und macht die „Rechten“ zu den wahren Staatskritikern. Die Ideale leben weiter, aber das politische Lager hat sich ans andere Ufer bewegt. Ins Trockene hinübergerettet. Hinüber in dieses einzeln verpackte grelle Raffaello-Land aus der spießbürgerlichen Ferrero-Werbung.

Ein Beispiel noch zum Schluss: Wie war das denn mit der Kindererziehung? Die Grünen, die Partei der Kinderläden, wo Kinder eben nicht nach den Idealen der Erwachsenen erzogen werden sollten, wo sie frei spielen sollten, wo es um Himmelswillen keine Regeln geben sollte – ausgerechnet die Grünen wollen nun Kinder in Krippen schicken, um sie nach staatlich verordneten DIN-Normen großzuziehen. Das widerspricht allem, wofür die Grünen früher auch gesellschaftspolitisch gestanden haben: das Freie, dieses Auflehnen, das nicht in Strukturen denken. Heute sollen selbst Kleinstkinder komplett durchstrukturiert werden. Ein Verrat also auch am schwächsten Glied, an einer gesamten Kindergeneration.

Die Katrin Göring-Eckardts dieser verlorenen gegangenen Sponti-Partei haben sich eine starre grüne Religion gebastelt mit nur einem Ziel: Machterhalt und der unbedingte Wille zur Meinungshoheit. Leider nur werden die Gläubigen immer weniger. Und mit ihnen verschwindet der letzte Funken grüner Authentizität. Aber dann ist es auch nicht mehr schade drum.