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Wiederkehr der Reichsfilmkammer?

Deutsche Filmindustrie: verbindliche Diversity-Checklisten der Filmförderung

Die allgemeine ideologische Zwangsbeglückung hat mittels gezielter Filmförderung den nächsten besonders ideologieanfälligen Bereich in Deutschland erobert.

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Wir dürfen uns gratulieren: Dazu, dass wir uns rückblickend Zeitzeugen einer ideologischen Gleichschaltung nennen dürfen. Einige von uns werden davon früher betroffen sein als andere, jedenfalls, was die im Folgenden erzählte besondere Facette der Gleichschaltung angeht, so sie auf irgendeine Weise Teil der deutschen Filmwirtschaft sind.

Die allgemeine ideologische Zwangsbeglückung hat mittels gezielter Filmförderung den nächsten besonders ideologieanfälligen Bereich in Deutschland erobert. Und wer weiß, wie wichtig diese Filmförderung nicht nur aus finanzieller Sicht, sondern über dass Label „filmgefördert“ als Türöffner hinein ins Öffentlich-rechtliche und hinüber in die Medienaufmerksamkeit ist, der weiß um die Machtstellung der Filmförderung und um das damit verbundene Missbrauchspotenzial.

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Lassen wir die Pornofilmindustrie und ein paar Produktionen von Til Schweiger einmal beiseite, existiert keine nennenswerte von einer staatlichen oder anderen Filmförderung unabhängige Filmwirtschaft. Der Hinweis, man müsse ja keine Filmförderung in Anspruch nehmen, greift hier also nicht. Aber was genau hat diese Förderung nun so kontaminiert, das sie als Teil einer ideologischen Gleichschaltung so eine wichtige Rolle spielen könnten für die Rezeption einer kommenden Generation, wenn es darum geht, zu erzählen, wie alles begann?

Was sich wie eine gut gemachte düstere Satire liest, ist bittere Realität bei der Filmförderung Hamburg-Schleswig-Holstein (FFHSH) geworden: Hier werden diejenigen, die Fördermittel beantragen, jetzt dazu gezwungen, seitenweise verpflichtende Checklisten auszufüllen, die vom Drehbuch bis zur Produktion und hin zur Filmverleihfirma nachweislich eine „vielfältige, multikulturelle Gesellschaft modern und in allen ihren Facetten auf der Leinwand“ abbilden, wie es Helge Albers, Geschäftsführer der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein im Vorspann zum Download der Antragsformulare erzählt.

Zu diesen Formularen gleich im Detail. Vorab ein schneller historischer Abriss, der erzählen kann, dass diese Idee einer ideologischen Filmförderung keineswegs eine Erfindung des 21. Jahrhunderts ist, dass es schon mehrfach in den unrühmlichen Teilen deutscher Geschichte Ideologen gab, welche über einen Angriff auf die Kunstfreiheit die Freiheit selbst und damit die Demokratie auf so gravierende Weise beschädigt haben:

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So ließ es sich schon der Propagandaminister der Nationalsozialisten nicht nehmen, sich selbst zum Schirmherrn des deutschen Films zu machen. Das persönliche Interesse von Joseph Goebbels an Schauspielerinnen war da eine Facette, aber lange nicht die Wesentliche: Wer in der Nazizeit Film machen wollte, der kam an der Abbildung der nationalsozialistischen Ideologie nicht vorbei, wollte er sich nicht in die inhaltlich Belanglosigkeit flüchten. Gleichschaltung, Zensur, Arisierung, Repressionen und die gezielte Förderung politisch opportuner Filmideen und Produkte waren wesentlicher Teil des NS-Propagandaapparates.

Neben der Reichsfilmstelle der NSDAP, einer Art staatlicher Selbstvermarktungsstelle, überwachten die Reichsfilmkammer und Reichskulturkammer die Implantierung der nationalsozialistischen Ideologie im deutschen Film. Politisch linientreue Produktionsgesellschaften leisteten finanzielle Aufbauhilfen für den deutschen Film. Der Reichsfilmdramaturg prüfte und sichtete noch vor Produktionsbeginn sämtliche Drehbücher, Manuskripte und Filmentwürfe. Als weiterführende Maßnahme wurde auch die Filmkritik verboten, die ja noch hätte feststellen können, was für ein ideologisches Machwerk vorliegt.

Von der Ufa zur Defa: Die DDR-Führung übernahm das Modell dankbar, der Machtapparat kontrollierte über die Hauptverwaltung Film die Umsetzung einer einheitlichen SED-Kulturpolitik im Filmbereich.

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Die Rezeption dieser vielfältigen Unterdrückung der Kunst in zwei deutschen Diktaturen steht natürlich hinter ihren Gräueltaten zurück, aber die Künstler, die Opfer, die Verzweifelten, die Weggesperrten, die Arbeitslosen, die Mundtotgemachten waren in beiden deutschen Diktaturen Legion. Der Künstler funktionierte im Sinne der Ideologien oder er schwieg für immer oder emigrierte.

Aber zurück zu den jetzt verbindlichen Checklisten besagter Filmförderung. Diese „Diversity Checklist“ genannten schwarzen Listen folgen übrigens bereits bestehenden Listen in einem „Grünen Filmpass“, der die Förderung davon abhängig macht, ob die zu fördernde Filmproduktion auch in allen Produktionsabläufen ökologisch gestaltet ist und „den Co2-Abdruck“ gewillt ist zu verringern. Ab April gelten nun zusätzlich die Diversity Checklists als Antragsvoraussetzung.

Und das alles ist tatsächlich keine Satire:

Abgefragt wird in drei Listen (Development, Produktion, Verleih) beispielsweise, wie viele Frauen „eine leitende Funktion innerhalb der Filmproduktion“ haben und ob „im geplanten Projekt People of Colour“ staatfinden. Die Filmförderung will wissen: „Muss das Liebespaar immer Mann und Frau sein?“, „Sind Menschen mit Behinderung am Dreh beteiligt?“

Lesen Sie bitte und staunen Sie über die O-Ton-Kommentierung der Filmförderinstitution der beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein zu seinen Listen:

„Unterschiedliche Vorbedingungen in Bezug auf Alter, körperliche Voraussetzungen, Hautfarbe und Aussehen, Herkunft, Religion oder Weltanschauung, sexuelle Identität oder sozioökonomischen Status begegnen uns stets im Alltag. Die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein setzt sich dafür ein, dass diese Welt so auch im Film zu sehen ist. (…) Sie zielt dabei auf die verschiedenen Phasen der Filmherstellung ab, von der Entwicklung über die Produktion bis zur Auswertung.“

Laut einleitendem Erklärtext hin zu diesen ideologisch so kontaminierten Fragebögen hätte die Filmbranche „die Verantwortung und auch die Chance, diese diverse Gesellschaft, die unserer Alltagsumgebung gegenwärtig ist, auch im Film zu repräsentieren.“

Die Filmförderung möchte diese Listen als Anregung verstehen, aber ihr verpflichtender Charakter ist alles andere als das: Er ist Auswahlkriterium bzw. Ausschlusskriterium:

Von der Ufa zur Defa zur FFHSH.

  • „Greift die Geschichte eins oder mehrere der nachfolgend genannten Themen direkt auf?
  • Alltag in der dritten Lebensphase, Geschlechterrollen, Hautfarbe bzw. People of Color, Leben mit Behinderung, Mehrgeneratives Zusammenleben, Migration und Vertreibung, religiöse oder weltanschauliche Fragen, sexuelle Identitäten, sozioökonomischer Status.
  • Wird die Handlung maßgeblich von einem oder mehreren der genannten Themen beeinflusst?
  • Sind eine oder mehrere Hauptfiguren direkt in genannte Themen involviert?
  • Sind die Geschlechter in der Geschichte ausgeglichen repräsentiert bzw. dargestellt?
  • Kommen bei den Figuren People of Color vor?
  • Tauchen Figuren mit anderer als heterosexueller Orientierung auf?
  • Werden Figuren mit einem unterprivilegierten sozioökonomischen Hintergrund dargestellt?
  • Werden Figuren erzählt, die Menschen mit Behinderung darstellen?
  • Durch welche Ansätze in der Figurenentwicklung werden klischeehafte Rollenbilder vermieden? (bitte beschreiben)“

Zur besseren Orientierung des quantitativen Einsatzes von Minderheiten geben die Filmförderer den Antragstellern entsprechende Anhaltspunkte:

  • „Der Begriff People of Color wird hier übergreifend für Menschen verwendet, die sich als nicht-weiß verstehen, unabhängig von ihrer Herkunft.
  • Laut Statistischem Bundesamt beträgt der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund an der in Deutschland lebenden Bevölkerung 25%. (…) Nach einer europaweiten Online-Umfrage von Dalia Research/Berlin identifizierte sich 2016 rd. 7,4% der Bevölkerung in Deutschland als LGBTQ+. In Deutschland waren 2018 lt. Statistischem Bundesamt 18,7% der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. (…)
  • Nach Statistischem Bundesamt waren 2017 9,4% der Menschen in Deutschland schwerbehindert.“

Zuwanderer, Migrationshintergrund usw. müssen natürlich ebenso entsprechend abgebildet werden. Hier entsteht für die Zukunft ein ganz neues Berufsbild, denn einer muss ja auf diese ganzen Vorgaben achten, damit man am Ende nicht trotz erfolgreicher Förderung keine Zugang in die Kinos oder noch wichtiger: ins öffentlich-rechtliche Fernsehen bekommt.

In den Listen wird ebenfalls abgefragt, welchem Geschlecht die Produzent*in, Regisseur*in und Drehbuchautor*in zuzuordnen ist: weiblich, männlich, divers, noch nicht besetzt, keine Angaben. Die Antragsteller wissen hier selbstredend sofort, was von ihren staatlichen Förderern verlangt wird.

  • „Wie viele Teammitglieder beschäftigen Sie während der Drehzeit circa?
  • Sind die Geschlechter im gesamten Team ausgeglichen repräsentiert?
  • Gehören Ihrem Team Menschen aus Bevölkerungsgruppen an, die in Deutschland relativ unterrepräsentiert sind (z.B., People of Color, durch Behinderung, mit Migrationserfahrung?)
  • Machen Sie spezielle Angebote, um Mitarbeiter*innen aus Bevölkerungsgruppen für Ihr Team zu gewinnen, die in Deutschland relativ unterrepräsentiert sind? (bitte beschreiben)“
  • Wird für die Auswertung eine barrierefrei zugängliche Fassung erstellt, wenn sie nicht bereits vorliegt? (Audiodeskription und untertitelte Fassung für Hörgeschädigte)
  • Ergreifen Sie Marketing-Maßnahmen, die eine vielfältige, multikulturelle und inklusive Gesellschaft anspricht und z.B. eine unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppe gezielt adressiert? (bitte beschreiben)
  • Wieviel Prozent der Startkopien werden im ländlichen Raum zugänglich gemacht?
  • Zusammensetzung des Verleihteams
  • Sind die Geschlechter im gesamten Team ausgeglichen repräsentiert?
  • Gehören Ihrem Team Menschen aus Bevölkerungsgruppen an, die in Deutschland relativ unterrepräsentiert sind (z.B., People of Color, durch Behinderung, mit Migrationserfahrung?)“

Nein, dieser ideologische Wahnsinn ist keine beklemmende Satire, sondern Realität geworden. Und er nimmt, auch wenn es nicht beabsichtigt ist, dennoch Anleihen aus den düsteren Jahren der deutschen Geschichte.

Es sei doch nur die Filmförderung Hamburg-Schleswig-Holstein? Wer würde ernsthaft annehmen, dass es die Ideologen in Politik, Medien und vielen weiteren Lebensbereichen dabei belassen würden? Natürlich soll dieser aus dem Innenleben von Diktaturen kolportierte Irrsinn bundesweit Schule machen. Ein Projekt der ideologischen Gleichschaltung neben vielen weiteren.

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Und so, wie neuerdings der Journalismus seine neutrale Ecke verlassen soll und Haltung zeigen, soll die Haltung eines Filmemachers zwar weiter in seinen Filmen erkennbar sein, aber es werden eben nur noch solche Filme gefördert, deren Haltung denen der politischen Ideologie entspricht. Einzig die Frage bleibt noch bestehen, ob es denn überhaupt noch Filmemacher in Deutschland gibt, die hier eine abweichende Haltung haben oder je gehabt hätten.

Die Befürchtung besteht, dass diese Bewegung nicht nur 12 oder 40 Jahre hält, sondern womöglich das Leben vieler Generationen nachhaltig vergiften wird. Warum? Weil einige unserer Zeitgenossen es so wollen. Deutsche, für die man sich a) schämen muss, von denen man sich b) angewidert wegdrehen möchte c) denen man explizit die Meinung sagen möchte d) deren Listen zu Symbolen einer Zeitenwende geworden sind.

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