Tichys Einblick
Fake Nachrichten durch RTL

Frauke Petry: „Manipulationen vernichten die öffentliche Debatte und zerstören den Menschen“

Mit einem Fake-Tweet hat RTL die Ex-Chefin der AfD, Frauke Petry, diskreditiert: Angeblich habe sie sich rassistisch geäußert. Jetzt hat der Sender zwei Unterlassungserklärungen unterschrieben. Gegenüber TE erzählt Petry, wie es dazu kam – und was der Fall für die Medienlandschaft bedeutet.

IMAGO / Robert Michael, Screenprint: Twitter - Collage: TE

RTL hat zwei Unterlassungserklärungen unterschrieben. Der Sender darf nicht mehr wiederholen, dass sich die ehemalige AfD-Vorsitzende Frauke Petry rassistisch über den vietnamesischen Künstler Trong geäußert habe. Zuvor hatte der Sender einen Beitrag des Reporters Maurice Gajda veröffentlicht, der einen entsprechenden Tweet gefakt hat. Im Interview spricht Petry, wie es zu der Unterlassungserklärung kam.

Tichys Einblick: Der RTL-Reporter Maurice Gajda hat einen Tweet von Ihnen gefälscht und in der Sendung „Explosiv Weekend“ gezeigt. Demnach sollen Sie über den vietnamesischen Künstler Trong auf Twitter geschrieben haben. „Kein normaler Deutscher“ wolle einen „rosa gefärbten Asiaten“ sehen. In dem Tweet, auf den sich RTL bezog, war weder von Deutschen noch von Asiaten die Rede. Außerdem ging es nicht um Trong, sondern um die Band Lord of the Lost. Welche von beiden RTL-Fälschungen hat Sie mehr schockiert, Frau Petry?

Frauke Petry: Das habe ich gedanklich gar nicht so sehr auseinander gehalten. Verwundert hat mich die Bereitschaft von RTL, jemandem Worte in den Mund zu legen, die nie gesagt wurden. Nicht nur, dass in meinem Namen ein Tweet konstruiert wurde, den es so nicht gegeben hat. Sie haben auch noch eine Geschichte darum herum erfunden – mit dem Wort „Asiat“ eine Geschichte entwickelt, um mir rassistische Absichten unterzuschieben. Das ist unterirdisch. Tut mir leid. Dafür habe ich kein anderes Wort.

Ihr eigentlicher Tweet über die Band Lord of the Lost lautete: „Kann mir nicht vorstellen, dass normale Bürger von diesen pinken Herren vertreten werden wollen.“ Veröffentlicht haben Sie den anlässlich der Vorentscheidung Anfang März 2023, welcher deutsche Beitrag zum ESC (European Song Contest) fährt. Auf Twitter sind zu solchen Veranstaltungen viele Nutzer unterwegs. Konnten Sie sich da nicht schon vorstellen, dass es zu Emotionen führt, oder fehlte Ihnen dazu die Phantasie?

Da ich mit den pinken Herren die Kostüme der Band meinte, habe ich beim Verfassen meiner Genervtheit über die woke Vermarktung Ausdruck verliehen, unabhängig von möglichen Reaktionen. Ich selbst trauere der Veranstaltung nach, wie sie in meiner Jugend war. Ich erinnere mich an den Grandprix d’Eurovision de la Chanson 1988, als mit Celine Dion eine Künstlerin auftrat, deren politische Meinung ich auch nicht teile. Nur spielt das überhaupt keine Rolle, denn ihre Musik ist bis heute wundervoll und bewegt durch sängerische Qualität.

Da ich selbst seit frühester Kindheit Musik mache, werde ich bei musikalischen Themen auch emotional. Die Band ‚Lord of the lost‘ hat mich hingegen nicht überzeugt. Es hat mich überrascht, wie viele Fans sich für diesen Song eingesetzt haben. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, daher habe ich den Tweet später gelöscht. Es freut mich, wenn Musik in Menschen etwas Positives auslöst, auch, wenn es nicht meine Musik ist. Heute ärgert es mich natürlich, dass ich den Beitrag gelöscht habe. Vielleicht sollte ich ihn zwecks größerer Transparenz wieder einstellen.

Sie haben dann gleich reagiert, haben das Vorgehen Gajdas und von RTL öffentlich gemacht. Der Sender hat sich erst geziert, dann aber den Fehler mit Wenn und Abers eingeräumt, doch den Beitrag aus der Mediathek gelöscht. Verbuchen Sie das als Erfolg?

Ich war von Beginn entschlossen, eine solch dreiste Fälschung nicht hinzunehmen. Das Tempo der Reaktion des Senders ist vor allem auf die veränderte Medienlandschaft zurückzuführen. Es gibt heute eine Gegenöffentlichkeit durch neue Medien, zu denen auch TE gehört, und die durch Twitter angefeuert wird.

Wie funktioniert diese Gegenöffentlichkeit?

Viele Twitter-User merken, dass sie eine Relevanz haben. Sie schreiben RTL direkt an. Oder sie recherchieren hoch professionell wie Argonerd, der dem Skandal zu einer breiten Öffentlichkeit verholfen hat. Öffentlichkeit ist das Einzige, was hilft. Die Bürger haben sehr wohl ein Gespür dafür entwickelt, was sich gehört und was nicht.

Also werden Sie sich weiter wehren?

Ich habe nicht resigniert. Ganz im Gegenteil. Ich sehe mit Optimismus, dass es diese Gegenöffentlichkeit gibt und dass sie wächst, während Medien, die über solche Vorfälle der Manipulation aus politischen Gründen nicht berichten, in den Debatten immer weniger eine Rolle spielen.

RTL hat sich vorläufig von Gajda getrennt. Er habe den Schlussredakteuren keine Chance gegeben zu erkennen, dass der Tweet bearbeitet wurde. Der Sender will den Fall klären, steht also nun vor der Wahl: entweder zugeben, dass die Redaktion von dem Betrug wusste, oder daran festhalten, dass Gajda sie reingelegt hat. Dann können sie ihn nicht weiter beschäftigen. Verschafft Ihnen das Genugtuung?

Danach suche ich nicht, denn der Vorfall ist ja bei weitem kein Einzelfall. Ich erlebe, dass mir bekannte und auch unbekannte Menschen an mich herantreten, weil sie den Schmerz über derartige Manipulationen mitfühlen und sich nach mir erkundigen. Ihre Reaktionen zeigen mir die Tragweite solcher Medienskandale, denen ich seit Jahren versuche, mit Routine zu begegnen.

Wie unterscheiden sich die Fälle voneinander?

Ich kenne die ganze Palette aus verschiedenen Medienkontakten: Verkürzte Zitate, sinnentstellende Überschriften, untergeschobene Vokabeln, um nur einige zu nennen. Die Taktik dahinter – und das ist entscheidend – ist immer dieselbe: Es geht nicht um den Schlagabtausch politischer Positionen, sondern um die Diskreditierung einer Person. Letztlich geht es um die Beschädigung des persönlichen Rufs. Manipulationen vernichten die öffentliche Debatte und zerstören den Menschen.

Sie haben beschrieben, dass Sie bereits ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Journalisten haben Sie mal so lange zu bewaffneten Polizisten an Grenzen befragt, bis sie daraus machen konnten, Sie seien für den Schusswaffengebrauch an der Grenze. War das dreister oder war RTL nun dreister?

Es ist schon ein bisschen dreister, einen Tweet komplett zu täuschen, den es gar nicht gab. Aber Sie haben recht: Ich habe im Lauf der Jahre alles Mögliche erlebt. Aussagen, die mir in den Mund gelegt wurden, die es nicht gab. Der bewaffnete Grenzschutz war das eine. Journalisten der FAS haben 2016 ein Doppelinterview mit Sahra Wagenknecht und mir geführt. Dabei haben Sie mir Worte wie Nationalismus und Nationalsozialismus untergeschoben, die ich in dem Gespräch nicht benutzt habe. Oder Melanie Amann vom Spiegel, die frei erfundene Aussagen über mich verbreitet hat.

Hat es etwas mit der politischen Richtung zu tun, wenn Medien gegen einen manipulieren? Hätten Medien das mit Robert Habeck oder Christian Lindner ähnlich gemacht?

Grundsätzlich kann das wohl jeder öffentlichen Person passieren. Nur gibt es in den Medien ein eklatantes Ungleichgewicht zwischen politisch aktivistischen Redakteuren kollektivistischer Prägung auf der einen Seite und freiheitlichen Medien auf der anderen Seite. Wer grünen totalitären Ideen anhängt, agiert aus moralischer Überheblichkeit und ist an ehrlichem Wettbewerb nicht interessiert. Treffen kann es jeden. Nehmen Sie den Fußballer Joshua Kimmich, als er nicht bereit war, sich impfen zu lassen.

Woran liegt das, dass Kimmich wegen seiner Impfentscheidung derart skandalisiert werden konnte?

Weil das Leben mittlerweile durchgängig politisiert ist. Es ist das, was die Grünen früher gefordert haben: Dass nichts mehr privat und alles politisch ist. Das ist heute grausame Realität.

Wie ist der Stand der juristischen Auseinandersetzung mit RTL und Gajda?

RTL hat bereits zwei Unterlassungserklärungen abgegeben, anders als Herr Gajda. In seinem Fall bereiten wir weitere gerichtliche Schritte vor.

Reicht das?

Nein, wenn man die gesamte mediale Landschaft betrachtet. Wir wollen mehr erreichen, als dass RTL nur erklärt, die eine Manipulation nicht wiederholen zu wollen. Es muss künftig eine juristische Abschreckung geben, für Medienhäuser genauso wie für derartig agierende Journalisten wie Maurice Gajda. In Deutschland hat diese leider keine Tradition, in den angelsächsischen Ländern sehr wohl. Hierzulande werden mediale Manipulationen nach wie vor wie ein Kavaliersdelikt behandelt. Das muss sich ändern.

Haben Sie damit das Zeug, zu einer Art Vorbild zu werden?

Ich möchte dabei helfen, dass Medien in Deutschland wieder die Realität abbilden, anstatt Bürger zu belehren, während sie selbst in vielen Fällen aus Ministerien mitfinanziert werden. Wir brauchen die Wiederherstellung eines medialen Gleichgewichts und Medienhäuser mit Qualitätsanspruch wie TE und andere. Aktuell fühlt es sich noch ein bisschen wie David gegen Goliath an, aber wir wissen wie diese Geschichte ausgeht.

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