Tichys Einblick
TE-Interview mit Albert Weiler

Werteunion bereit, mit der AfD zu reden

Eine Spaltung sieht Albert Weiler nicht auf die Werteunion zukommen. In Thüringen hofft der Spitzenkandidat der Partei auf einen Ministerpräsidenten Hans-Georg Maaßen. Trotz schlechter Umfragen. Helfen könnte dabei die AfD.


picture alliance/dpa | Michael Reichel

Albert Weiler (59) saß für die CDU im Bundestag. Nun ist er Landesvorsitzender und Spitzenkandidat der Werteunion in Thüringen. Obwohl seine neue Partei derzeit in den Umfragen bei einem Prozentpunkt steht, macht sich Weiler im TE-Gespräch Hoffnungen darauf, in Thüringen sogar den Ministerpräsidenten stellen zu können. Das wäre dann aber jemand anderes als Weiler.

Mario Thurnes: Die Werteunion geht mit „Bürger in Thüringen“ zusammen. Wie kam es dazu, Herr Weiler?

Albert Weier: Gespräche gab es schon vor geraumer Zeit. Ute Bergner und ich kennen uns. Sie war seinerzeit eine meiner Unterstützerinnen im Wahlkampf für den Bundestag. Wir haben uns immer wieder ausgetauscht und festgestellt, dass es große Überschneidungen zwischen uns gibt. Deswegen gab es früh die Frage, ob ich bei den Bürgern für Thüringen mitmachen will. Aber ich war noch nicht so weit.

Wieso nicht?

Damals hatte ich noch gehofft, die CDU würde den Bogen machen und ihren Linkskurs revidieren. Heute glaube ich nicht mehr, dass das noch möglich ist. Deswegen bin ich aus der CDU ausgetreten und in die Werteunion eingetreten. Danach gab es weitere Gespräche und die Frage stand im Raum: Was machen wir jetzt? Stellen wir zur Wahl eine Gruppe auf, die sich danach wieder zersplittert
oder gibt es eine Aktion mit der Werteunion – und wer möchte, kann gerne mitmachen. Die Bürger in Thüringen konnten sich damit anfreunden und es ist ja auch sinnvoll. Es macht keinen Sinn, mit zwei Parteien anzutreten, von denen dann jeder nur drei oder vier Prozent erreicht, aber nicht in den Landtag einzieht.

Schaffen Sie die nötigen fünf Prozent zusammen?

Es gab eine Analyse, nach der waren uns fünf Prozent sicher und 15 Prozent möglich. Nach dieser Prognose haben wir erst sondiert, uns auf die Gründung der Landesverbände konzentriert und wenig Werbung gemacht. Doch obwohl wir uns auf Organisatorisches konzentriert und auf Werbung verzichtet haben, stehen wir in den Umfragen noch bei einem Prozent. Ich sehe das als Bestätigung.
Jetzt fangen wir mit dem Wahlkampf erst an. Ich gehe davon aus, dass wir auf jeden Fall in den Landtag einziehen. Ich selbst gehe sogar davon aus, dass wir sogar ein zweistelliges Ergebnis erreichen. Dafür müssen wir zwar noch einiges tun – aber das ist mein Ziel.

Welche Rolle spielt in Thüringen der Bundesvorsitzende der Werteunion, Hans-Georg Maaßen?

Wir teilen uns die Arbeit. Der Parteitag hat mich zum Spitzenkandidaten gewählt und Maaßen als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten aufgestellt. Sollte es zu Koalitionsgesprächen kommen, werde ich eine wichtige Rolle spielen. Weil ich es kann. Für die CDU habe ich es bereits auf Bundesebene getan.

Und Maaßen?

Er wäre ein guter Ministerpräsident. Vor allem ein gerechter. Horst Seehofer wollte ihn nicht ohne Grund als Staatssekretär haben. Er sagt, er wolle das einbringen, was er habe, und Ministerpräsident sein, wenn die Menschen das wollten.

Stehen Sie sich mit dieser Doppelspitze nicht gegenseitig im Weg?

Hans-Georg Maaßen hat mich gebeten, die Spitzenkandidatur zu übernehmen. Weil ich seit 20 Jahren als Bürgermeister ehrenamtlich aktiv bin. Weil ich seit fast zehn Jahren Leiter einer Verwaltung von zurzeit mehr als 20 Gemeinden bin. Weil ich als Elektriker und Lok-Führer eine Bodenständigkeit habe. Weil ich mit drei abgeschlossenen Studiengängen qualifiziert bin. Und weil ich eine Nähe zu den Menschen an der Basis lebe. Das waren wichtige Punkte für ihn, warum ich die Spitzenkandidatur übernehmen soll.

Wenn Sie den Ministerpräsidenten stellen wollen, brauchen Sie einen Koalitionspartner. Sehen Sie – wie auch Maaßen – in der CDU den Premiumpartner?

Unsere Richtung ist die: Wir sprechen mit jedem, der unsere Werte vertritt – und der mit uns reden will. Die CDU hat dies bereits abgelehnt. Oder vielmehr: Ihre Führung hat das abgelehnt. Aber mal sehen, welche Rolle Mario Voigt nach der Wahl noch spielt? Es kann sein, dass dann seine Partei sagt, du beugst dich, sprichst mit der Werteunion oder du bist nicht mehr unser Vertreter in den Gesprächen. Die FDP hat zwar auch gesagt, zumindest habe ich das so aus der Presse entnommen, dass sie nicht mit uns reden will. Sie wollen nur mit CDU, SPD und Grünen sprechen. Aber ich glaube, dass das ohnehin keine Rolle spielen wird, weil die FDP kaum in den Landtag einziehen wird. Aber ich finde es befremdlich, dass Thomas Kemmerich Gespräche mit uns ablehnt, obwohl ich immer ein gutes Verhältnis zu ihm hatte. CDU, FDP; BSW, LINKE, GRÜNE, alle haben Brandmauern. In der ehemaligen DDR nannte man dies “Nationale Front’’. Das gibt ein Bild ab, dass Deutschland brennt und sie sich hinter ihren Mauern verstecken wollen. Ein IRRSINN aus meiner Sicht. Es kommt mir vor, als ob die Werteunion die einzige demokratische Kraft ist, die Deutschland ohne Brand und Brandmauern haben will.

CDU und FDP wollen nicht mit Ihnen reden. Bliebe die AfD. Wie halten Sie es mit der AfD?

Wenn die AfD mit der Werteunion reden will, werden wir auf jeden Fall Gespräche führen. Sollten die Übereinstimmungen so sein, dass sich die AfD mit den Werten der Werteunion identifizieren kann, dann werden die Gespräche intensiver sein. Was wir aber nicht sein wollen und nicht werden, das ist der Steigbügelhalter für einen Partner, der meint, er könne uns als Partner verheizen, um an die Macht zu kommen.

Sie sind eine noch junge Partei, die entsprechend an Mitgliedern gewinnt. Besonders jetzt durch die Fusion mit den „Bürgern in Thüringen“. Wie verändert sich dadurch die Arbeit in der Partei?

Die „Bürger in Thüringen“ profitieren von der Zusammenarbeit mit uns. Drei ihrer Vertreter haben aussichtsreiche Listenplätze erhalten. Das motiviert. Wir wachsen derzeit in der Tat. Derzeit haben wir in Thüringen rund 50 Mitglieder, aber 200 Anträge in der Pipeline. Täglich werden es mehr. Die wollen wir aber erst prüfen, da sind wir kleinkariert. Wir wollen weder linksradikale noch rechtsradikale Strömungen in die Partei bekommen. Ob wir das schaffen, weiß ich nicht, aber wir arbeiten daran. Neue Mitglieder bedeuten dann, dass man sie einbinden möchte. Wir werden noch Kreisverbände gründen, damit jeder heimatnah sich in seinen politischen Strukturen wiederfindet. Diese Strukturen schaffen wir neben der Öffentlichkeitsarbeit.

Hört sich nach viel Arbeit an?

Mein Freizeitwert geht Stand jetzt Richtung null.

Nun gibt es Berichte über eine drohende Spaltung. Der gewählte Sprecher der Partei, Martin Lohmann, hat nach nur wenigen Wochen die Brocken hingeworfen. Andere Mitglieder kritisieren Maaßen für sein Bekenntnis zur CDU als Premiumpartner. Droht der noch jungen Partei eine Spaltung?

Die Kritiker, von denen Sie sprechen, sind keine Mitglieder der Partei. Also kann auch keine Spaltung drohen. Diese Kritiker waren Mitglieder des Vereins Werteunion. Stimmen wie ihre sind der Grund, warum wir eine 15-monatige Frist haben, um Mitgliedschaften wieder zu kündigen. Einzelne Kritiker wollen, dass wir uns schon jetzt zur AfD als Partner bekennen. Aber, ob die AfD ein Partner sein kann, können wir gar nicht bewerten, bevor wir mit den Leuten geredet haben. Wenn das dann trotzdem einer von uns fordert, ist er zum jetzigen Zeitpunkt in der Partei fehl am Platz.

Was werden die wichtigsten Themen im Wahlkampf sein?

Das werden Wirtschaft, Bildung und Migration sein. Dann kommt gerade für Thüringen noch das Thema Landwirtschaft hinzu. Wir sind ein stark land- und forstwirtschaftlich geprägtes Land. Gegen das, was zum Beispiel gerade im Bereich Energie verzapft wird, muss man gegensteuern.

Zum Beispiel?

Nehmen Sie die Erhöhung der CO2-Steuer. Die hat den Effekt, dass Firmen in Nachbarländer abziehen und dort viel mehr CO2 produzieren als bei uns. Da muss man mit Maß und Mitte rangehen. Es soll großflächig Wald für Windräder abgeholzt werden und das im grünen Herzen Deutschlands, in Thüringen. Denen ist absolut gar nichts heilig. Profit und Lobbyismus lebe hoch. Die eigene
Tasche soll stets gut gefüllt sein. Das ist aus meiner Sicht krank und zutiefst undemokratisch.

Mit Maaßen und Mitte?

Oder so.

Ihre Themenauswahl hört sich so an, als ob Sie sich gegen die Grünen positionieren. Ihre Mitbewerberin Sahra Wagenknecht hat diese als die derzeit gefährlichste Partei bezeichnet. Sehen Sie das auch so?

In Ansätzen schon. Die Grünen haben ein großes Gefahrenpotenzial, weil sie ideologisch sind und sich auch nicht belehren lassen. Sie wollen ihre Meinung mit allen Mitteln, die sie kriegen können, durchsetzen. Es wird bei ihnen auch nicht auf Qualität und Können geschaut.

Wieso?

Frau Lang hat nach meinem Wissen keinen Abschluss. Frau Göring-Eckardt hat wohl auch keinen Abschluss. So geht das durch die Bank. Dann gibt es noch den Märchenbuch-Schreiber Habeck, der sagt, es gäbe keine Insolvenzen, und es geht eine Firma nach der anderen platt. Trampolinspringerin Baerbock erklärt Russland den Krieg, indem sie öffentlich sagt, dass wir uns im Krieg mit Russland befinden. Ein einziges Narrenschiff. Das Schlimme ist, dass gerade CDU und SPD, aber auch Linke und FDP um grüne Regierungsbeteiligung buhlen. So wurden sie zu einer Partei, die sich in einzelnen Bundesländern so viel Macht verschafft hat, dass sie selbst das Kiffergesetz im Bundesrat durchsetzen konnten. Bodo Ramelow hat groß getönt, wie schlimm er dieses Gesetz findet und dass er es gerne verhindern würde, hat dann aber wegen des Koalitionsfriedens doch mitgestimmt. Da entscheidet eine Fünf-Prozent-Partei, was in Thüringen passiert. Das gleiche Szenario in Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg. Die CDU schimpft über das Kiffergesetz, enthält sich aber, um weiter von dem leckeren Regierungsbuffet genährt zu werden. Was für eine verlogene Welt.

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