Tichys Einblick
Verstand statt Glaube

Hambacher Forst: Waldflächenbedarf bei Windmühlen 45-fach

Der Hambacher Forst, die Braunkohle und die Windräder – ein Beispiel für das Umweltpharisäertum.

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Die anstehende Rodung eines Waldgebietes im Hambacher Forst treibt zur Zeit viele sogenannte Umweltaktivisten buchstäblich auf die Bäume. Diese setzen sich über geltendes Recht hinweg, indem sie zum einen Gewalt gegen die Polizei ausüben und zum anderen den Eigentümer an der Ausübung seiner rechtmäßig beschlossenen Nutzung des Waldgebietes hindern. Es gibt Proteste wegen des Verlustes des Waldes und wegen der CO2-Emissionen durch die Braunkohleverfeuerung.

Ein nüchterner Blick auf die CO2-Problematik würde die Diskussion versachlichen. Betrachtet man den Anteil den Deutschland an den CO2-Emissionen weltweit hat, sind dieses nur ca. 2%. Davon entfallen ca. 1/3 dieser 2% auf die Stromerzeugung durch Braun- und Steinkohle, d.h. ca. 0,7% der weltweiten CO2 Emissionen sind auf deutsche Stein- und Braunkohlekraftwerke zurückzuführen.

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Die installierte Kraftwerksleistung von Braun- und Steinkohle in Deutschland beträgt ca. 46.000 MW. Davon entfallen auf die Kraftwerke, die aus dem Tagebaugebiet Hambacher Forst beliefert werden, 8.100 MW. Umgerechnet auf die weltweiten CO2-Emissionen sind das dann ca. 0,1% der weltweiten Emissionen. Damit liegen diese in einem Bereich, der weltweit nicht mehr wahrnehmbar ist. Dennoch gibt es Bürger, die glauben, im Hambacher Forst die Welt vor dem CO2 Anstieg retten zu können.

Bei der hitzigen Diskussion um CO2 wird auch folgendes völlig übersehen: Der weltweite Anstieg der CO2-Emissionen entsprach 2017 ungefähr der Menge, die in Deutschland insgesamt emittiert wurde. Damit hat der in Deutschland propagierte Aktionismus zur CO2-Reduzierung weltweit gesehen absolut keine Bedeutung oder Einfluss auf das Gesamtgeschehen. Es wäre hilfreich, wenn sich die politisch Verantwortlichen endlich mal der Verantwortung stellen würden und die oben genannten Zahlen nüchtern betrachten.

Ein Blick auf einen weiteren Grund der Proteste, nämlich der Abholzung des Waldes, sollte ebenfalls von Zahlen begleitet werden. Die oben angesprochenen Braunkohlekraftwerke, die vom Tagebaubetrieb des Hambacher Forsts beliefert werden, haben eine installierte Leistung von 8.100 MW.

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Gehen wir mal von folgendem Szenario aus: Der Tagebau wird eingestellt, die Kraftwerke werden abgeschaltet und durch Windkraftanlagen ersetzt. Dabei habe eine Windkraftanlage eine installierte Leistung von 4 MW bei einer durchschnittlichen Verfügbarkeit von 15% bei Nennleistung. Das Stromspeicherproblem in den Zeiten der Flaute wird nicht berücksichtigt, obwohl es bisher einen Einsatz von Windkraftanlagen als Grundlastkraftwerke verhindert. Es müssten also 8100/(4*0.15)=13500 Windkraftanlagen gebaut werden, um diese Kraftwerke zu ersetzen.

Geht man von einer zu rodenden Waldfläche von einem Hektar für eine Windkraftanlage aus, bedeutet das eine zu rodende Waldfläche von 13.500 ha. Damit wäre im Vergleich zur Waldfläche von 300 ha, die im Hambacher Forst zur Rodung anstehen, das 45-fache der Fläche zu roden.

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Es gibt einen weiteren wesentlichen Unterschied in der Nutzung des Braunkohleabbaugebietes und der Nutzung von Flächen für Windkraftanlagen. Nach dem Abbau der Braunkohle muss das Tagebaugebiet, so wie bereits in der Vergangenheit mit anderen Tagebaugebieten geschehen, renaturiert werden. Anders liegt der Fall bei Windkraftanlagen. Wenn sie nach dem Ende der Betriebszeit zurückgebaut werden müssen, sind enorme Betonmengen der gewaltigen Betonfundamente zu beseitigen. Es gibt Verträge, nach denen von den mächtigen Betonsockeln nur die oberen 70cm abgetragen werden müssen. Der Rest verbleibt im Boden und wird auf Dauer den Waldboden versiegeln.

Es werden also große Waldflächen auf Dauer mit Beton versiegelt, was Umweltschützer eigentlich nicht gut heißen können, wenn sie sich nicht als Umweltpharisäer erweisen wollen. Insofern sollten die selbsternannten Umweltaktivisten, denen es um den Erhalt des Waldes im Hambacher Forst geht, von ihren Bäumen herabsteigen und den Entwicklungsweg, den der homo sapiens bei der Entwicklung der Primaten vollzogen hat,  quasi nachvollziehen.


Prof. Dr.-Ing. Uwe Zimmermann, Maschinenbauingenieur und Politiker (LKR), studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen und am Dartmouth College.